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Management
_Ausbildung
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
die anderen Azubis, aber ich muss die
gleiche Menge an Stoff schaffen wie sie.
Bisher hat das immer gut geklappt, da
ich mich gut konzentrieren kann und
sofort nachfrage, wenn ich etwas nicht
verstanden habe.“
Höherer Aufwand für HR lohnt sich
„Teilzeitauszubildende sind für uns Per-
sonaler schon etwas pflegeintensiver als
die regulären Auszubildenden. Da soll-
te man sich nichts vormachen“, erzählt
FFG-Personalleiter Michael Jahn, der
seit drei Jahren mit dieser Ausbildungs-
form Erfahrungen sammelt. „Sie benöti-
gen mehr Zuspruch und Unterstützung,
zum Beispiel bei der Beantragung von
Zuschüssen, um ihren Lebensunterhalt
zu decken. Auch bei uns gab es gerade
im gewerblichen Bereich Vorbehalte,
ob sie sich in den Ausbildungsalltag
inte­grieren lassen, und ich musste viel
Überzeugungsarbeit leisten. Aber es hat
sich gelohnt, denn diese Frauen bringen
sich sehr stark für das Unternehmen
ein. Ich werde auch weiterhin junge
Mütter und gern auch Väter einstellen.“
Eine dieser Auszubildenden ist Caro-
lin Gayer (27), Mutter eines fünfjährigen
Sohnes, die bei der FFG in Teilzeit zur
Kfz-Mechatronikerin ausgebildet wird.
Ihr Ausbildungsleiter Knuth Behrens
war zunächst skeptisch, „aber es klappt
überraschend gut. Ich nehme mir mehr
Zeit für sie, weil sie morgens nicht da
ist, wenn ich der Gruppe etwas erkläre.
Diese Auszubildende ist sehr tough und
es lohnt sich, sie zu unterstützen.“ Auch
musste der Ausbildungslehrplan für die
Teilzeitauszubildende leicht umgestaltet
werden. „Während andere drei Monate
bei uns in der Lehrwerkstatt verblei-
ben, sollte unsere Teilzeitausbildende
hier vier Monate üben. Wir haben mit
ihr abgesprochen, dass wir am Schluss
der Ausbildung schauen müssen, ob ihr
noch Kenntnisse und Fertigkeiten feh-
len, und dann bei Bedarf die Ausbildung
noch um einige Monate verlängern“, sagt
Behrens. „Aber bisher läuft es sehr gut.“
Unbürokratische Lösungen nötig
Bei Teilzeitausbildungen sei es wichtig,
unbürokratisch individuelle Lösungen
zu finden, sagt Annette Land, die bei
„Jobstarter“ selbst Erfahrungen mit einer
Teilzeitauszubildenden gesammelt hat.
Im Gespräch ließen sich Schwierigkeiten
am besten erkennen und viele Probleme
lösen, ist auch FFG-Personalleiter Jahn
überzeugt. Es sei besonders wichtig, ih-
nen regelmäßig Rückmeldung zu ihren
Leistungen zu geben und sie zu fragen,
wo sie sich Hilfe wünschen. So könne der
Arbeitgeber mit der Berufsschule darü-
ber verhandeln, inwieweit sich die Unter-
richtszeiten mit dem Betreuungsangebot
für das Kind vereinbaren lassen. Mögli-
cherweise könnten die Auszubildenden
auch einige Aufgaben bei Krankheit des
Kindes in Heimarbeit erledigen.
Checkliste
Quelle: Staregio-Projekt der IHK und Handwerkskammer Lübeck („Ausbildung in Teilzeit für Betriebe,
die junge Mütter und Väter sowie in Pflege eingebundene junge Menschen ausbilden“)
Unternehmen, die Auszubildende in Teilzeit einstellen wollen, sollten einige administra-
tive Voraussetzungen beachten – unsere Checkliste zeigt die wichtigsten auf.
Melden Sie Ihren Teilzeitausbildungsplatz der IHK oder Handwerkskammer und der Arbeits-
agentur.
Sprechen Sie die Arbeitszeiten mit den Auszubildenden im Hinblick auf die Kinderbetreu-
ungszeiten ab.
Wählen Sie den passenden Teilzeitvertragszusatz aus (Variante 1 ohne Verlängerung der
Ausbildungsdauer oder Variante 2 mit Verlängerung der Ausbildung).
Füllen Sie den Berufsausbildungsvertrag aus.
Tragen Sie einen Hinweis auf Teilzeitausbildung ein: im IHK-Vertrag unter Punkt H und im
Handwerkskammer-Vertrag unter § 11.
Berechnen Sie die Ausbildungsvergütung prozentual zur Wochenarbeitszeit: Bei Reduzie-
rung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit kann die Vergütung zeitanteilig ge-
kürzt werden. Es kann aber auch eine ungekürzte Ausbildungsvergütung vereinbart werden.
Ermitteln Sie bei Bedarf den abweichenden Urlaubsanspruch: Arbeiten die Teilzeitauszubil-
denden an genauso vielen Arbeitstagen wie die Vollzeitauszubildenden, dann umfasst der
Urlaub gleich viele Tage. Arbeiten die Teilzeitauszubildenden weniger Tage, wird der Urlaub
anteilig berechnet.
Füllen Sie die sachlich-zeitliche Gliederung der Berufsausbildung aus und passen Sie sie
gegebenenfalls an.
Klären Sie vor Ausbildungsbeginn, ob Ihr Unternehmen als Ausbildungsbetrieb Anspruch auf
Fördermittel hat. Im Einzelfall ist es möglich, dass Betriebe und der Auszubildende zur Ziel-
gruppe spezieller Landesprogramme zählen (zum Beispiel: „Arbeit für Schleswig-Holstein“).
Melden Sie die Teilzeitauszubildenden bei der Berufsschule an und weisen Sie auf die
Teilzeitausbildung hin.
Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über die Teilzeitausbildung.
Irene Winter
arbeitet als freie Jour-
nalistin in Berlin.
„Ich komme später
zur Arbeit und
gehe früher als die
anderen Azubis,
aber muss die gleiche Menge
an Stoff schaffen wie sie.“
Betty Holloman, Auszubildende in Teilzeit bei der
Flensburger Fahrzeugbau-Gesellschaft (FFG)