Seite 24 - personalmagazin_2013_06

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personalmagazin 06 / 13
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Titel
_HR aus Vorstandssicht
Einsicht, Protest, Rechtfertigung
meinung.
Die Unternehmenschefs sehen einige Defizite auf HR-Seite. Ob die Kritik
gerechtfertigt ist, beurteilen vier ranghohe Personaler aus Praxis und HR-Verbänden.
Z
u reaktiv, zu passiv, zu wenig
gestalterisch: Die Geschäftsfüh-
rer äußern Kritik an ihren Per-
sonalern in der Studie „HR aus
Sicht der Unternehmensführung“. Kön-
nen die Personaler diese Kritik nachvoll-
ziehen oder fühlen sie sich unterschätzt?
In welchen Punkten stimmen sie mit den
Firmenchefs überein und versuchen, die
genannten Defizite auszugleichen? Die
Meinungen gehen in einigen Punkten
auseinander, zeigt die Nachfrage bei vier
Personalern und Verbandsvertretern.
Themen stimmen nur teils überein
Ein Hauptergebnis der Studie ist, dass
HR die Erwartungen in administrativen
Prozessen weitgehend erfüllen kann.
Doch in strategischen Themen erwartet
die Unternehmensführung mehr von
den Personalern. Das kann Katharina
Heuer, Vorsitzende der Geschäftsfüh-
Von
Kristina Enderle da Silva
(Red.)
rung der Deutschen Gesellschaft für
Personalführung (DGFP), nachvoll-
ziehen: „Die DGFP-Professionalisie-
rungsstudien zeigen seit Jahren, dass
HR die operativen Prozesse der Perso-
nalbetreuung gut im Griff hat. Bei der
Umsetzung der strategischen Themen
aber besteht tatsächlich immer wieder
Optimierungsbedarf: einerseits bei der
Einbindung von HR in die strategische
Unternehmensentwicklung und ande-
rerseits beim Nachweis des Wertbei-
trags der Personalarbeit. Gerade bei der
KPI-orientierten Personalarbeit können
sich viele Unternehmen noch weiterent-
wickeln.“
Auch Dr. Michael Prochaska, Perso-
nalvorstand der Stihl AG, bestätigt, dass
„administrative HR-Prozesse längst au-
tomatisch und fehlerfrei ablaufen. Zu-
sätzlich punkten können Personaler am
ehesten noch dann, wenn sie ihren Kun-
den weitere Services anbieten, wie zum
Beispiel beim Talentmanagement“. Wa-
rum Personaler bei strategischen Aufga-
benstellungen oft schlecht abschneiden,
begründet Prochaska damit, dass „ers-
tens die Personaler häufig nicht am
Tisch sitzen und zweitens strategische
Entscheidungen oft Investitionen, neue
Produkte oder Markteintritte beinhalten.
Personalthemen spielen dabei zunächst
eine nachgeordnete Rolle – folglich kom-
men die Personaler meist erst ins Spiel,
wenn die Strategien umzusetzen sind“.
Jedoch sollte die Notwendigkeit einer
funktionierenden Administration auch
nicht unterschätzt werden, mahnt Joa-
chim Sauer, Präsident des Bundesver-
bands der Personalmanager (BPM) an.
„Zu gering abgeführte Sozialversiche-
rungsbeiträge und nicht auffindbare
Personalakten erfreuen schließlich nie-
manden.“ Er sieht das Top-Management
in der Pflicht, seine Führungsaufgabe
wahrzunehmen und „HR gestalten und
agieren zu lassen statt – wie es leider
oft vorkommt – HR lediglich als Voll-
zugsorgan zu betrachten“. Zudem solle
der Vorstand die genauen Erwartungen
in jedem Unternehmen konkretisieren.
„Dann zeigt sich, was genau erwartet
wird, oder ob es sich hierbei eher um
eine nur abstrakte Schelte handelt.“
Allerdings würden sich Persona-
ler generell mit einer solchen Schelte
schwertun, fügt Thomas Sattelberger,
ehemaliger Personalvorstand der Deut-
schen Telekom AG, an: „Personaler sind
keine guten Feedback-Nehmer. Die Kri-
tik, dass sie keine strategischen Themen
treiben, trifft aber mehr denn je zu. Es
ist ein Kerndilemma von HR, das schon
lange besteht.“
„Die Diskus-
sion um das
HR-Budget
ödet mich
an. Dass es nicht ausrei-
chend ist, ist eine reine
Schutzbehauptung.“
Thomas Sattelberger, ehemaliger Personal-
vorstand der Deutschen Telekom AG
„Das Top-
Management
muss HR
auch gestal-
ten und agieren lassen
statt HR nur als Voll-
zugsorgan anzusehen.“
Joachim Sauer, Präsident des Bundesver-
bands der Personalmanager (BPM)