Seite 20 - personalmagazin_2013_06

Basic HTML-Version

20
Titel
_HR aus Vorstandssicht
personalmagazin 06 / 13
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
ziele, Top-Leister auf Schlüsselpositi-
onen zu bringen und qualifizierte, kom-
petente Führungskräfte aufzutreiben.
Gerade für diese beiden Schlüsselziele
sowie bei dem Ziel „Engagierte und leis-
tungsbereite Mitarbeiter“ wünschen
sich mehr als die Hälfte der Befragten
insgesamt einen größeren Beitrag sei-
tens HR. Mindestens sollte dieser auf
demselben Niveau bleiben. Dass HR sich
künftig mehr zurückhält, wünscht sich
fast keiner der Befragten. Dies gilt in et-
was geringerer Ausprägung auch für die
anderen Schlüsselziele.
Hier wird ein Widerspruch offen-
sichtlich: Die Unternehmensführung
wünscht sich HR in der Treiberrolle. Sie
erlebt HR stattdessen aber eher als reak-
tiv und selten als strategischen Impuls-
geber, Gestalter oder Herausforderer.
Der Anspruch der Unternehmensfüh-
rung ist, dass HR nicht nur Vorschläge
macht, sondern diese auch umsetzt.
HR-Strategie in jedem Fall von Vorteil
In jedem Fall ist es eindeutig von Vor-
teil, wenn Unternehmen über eine HR-
Strategie verfügen. Dies ist immerhin
bei gut zwei Dritteln (67,1 Prozent) der
vertretenen Unternehmen der Fall. Wo
HR auf Geschäftsleitungsebene angesie-
delt ist, sind es sogar knapp 75 Prozent.
Anders ausgedrückt bedeutet dies aber
auch, dass ein knappes Drittel (32,9 Pro-
zent) der Unternehmen über keine HR-
Strategie verfügt. Hier besteht Nachhol-
bedarf. Die gute Nachricht lautet: Wenn
Unternehmen eine HR-Strategie haben,
dann ist diese größtenteils bekannt
(86,6 Prozent) und in den allermeisten
Fällen (94,3 Prozent) auch auf die Unter-
nehmensstrategie ausgerichtet.
Das Vorhandensein einer HR-Strate-
gie wirkt sich unmittelbar positiv auf
die Zufriedenheit mit HR aus. Wenn in
einem Unternehmen eine HR-Strategie
vorhanden und zudem konsequent auf
die Unternehmensstrategie ausgerichtet
ist, dann sind die befragten Top-Manager
in immerhin 22 Prozent der Fälle sehr
zufrieden mit HR. Dagegen sind nur vier
Prozent sehr zufrieden, wenn keine auf
die Unternehmensstrategie ausgerichte-
te HR-Strategie vorhanden ist.
Auch in Bezug auf die sieben Schlüs-
selziele macht es einen Unterschied, ob
das Unternehmen über eine HR-Strategie
verfügt oder nicht. So schätzen Unter-
nehmenslenker die Ziele signifikant als
wichtiger ein und die Zufriedenheit mit
dem entsprechenden Beitrag von HR ist
höher – sowohl aktuell als auch mit Blick
auf die Zukunft –, wenn das Unterneh-
men über eine HR-Strategie verfügt.
Der Beitrag von HR bei der Konzeption
und bei der Umsetzung wird bei Vorlie-
gen einer HR-Strategie ebenfalls höher
bewertet. Weiter schätzen Unternehmen
mit HR-Strategie die Kompetenz von HR
signifikant höher ein, wenn es um wett-
bewerbsfähige Vergütungsstrukturen
und umsetzbare Strategien für das Jahr
2015 geht.
HR-Budget gilt als ausreichend
Ein viel gehörtes Argument seitens der
Personaler ist, dass das HR-Budget nicht
ausreicht, um die vielfältigen Anforde-
rungen zu erfüllen. Das sehen die Un-
ternehmenslenker nicht so: 60 Prozent
der Befragten geben an, dass das Budget
von HR angemessen ist. Knapp 70 Pro-
zent der Befragten planen daher auch
in Zukunft mit demselben Budget. Nur
etwa jeder vierte Befragte (27,2 Prozent)
sagt, dass das HR-Budget größer sein
müsste – und nur jeder zehnte (9,5 Pro-
zent) plant für die Zukunft eine tatsäch-
liche Erhöhung.
Das HR-Budget scheint aus Sicht des
Top-Managements somit nicht der ent-
scheidende Stellhebel zu sein, um die
Personalarbeit zu verbessern. Hier ist al-
so HR am Zug und muss gute Argumente
liefern, wenn es die Geschäftsführung
davon überzeugen will, dass sowohl
Wachstum als auch Talente nicht zum
Nulltarif zu haben sind.
Fehlt es am Willen oder am Können?
Letztlich bleibt die Frage offen, ob HR
nicht mehr strategische Verantwortung
übernehmen will oder kann. Mangelt
es an Kompetenz, um einen größeren
Wertbeitrag für das Unternehmen zu
leisten, fehlt es also etwa an betriebs-
wirtschaftlichem Know-how oder am
Verständnis für unternehmerische He-
rausforderungen? Fehlen Ressourcen,
ist also etwa die Anzahl der Mitarbeiter
im HR-Bereich zu gering, das HR-Budget
zu klein oder schlichtweg die Zeit zu
knapp? Mangelt es am Willen oder am
Vermögen, die Rolle des strategischen
Partners überhaupt anzunehmen? Oder
liegt die Ursache gar tiefer, in einer
nicht mehr zeitgemäßen Ausbildung der
HR-Verantwortlichen?
Die Einschätzung aus den Validie-
rungsinterviews, die im Anschluss an
die Telefonbefragung stattgefunden
haben, hierzu lautet: Es ist ein Zusam-
menspiel verschiedener Faktoren. Die
dabei befragten Vorstands- und Ge-
schäftsleitungsmitglieder bestätigen bis
auf wenige Ausnahmen die Ergebnisse
der Studie. Sie sehen HR zwar als wich-
tigen Partner, dessen Bedeutung weiter
zunehmen wird, sind jedoch mit der Un-
terstützung insbesondere hinsichtlich
der zentralen unternehmerischen Hand-
lungsfelder noch nicht in hohem Maße
zufrieden.
Caroline Blatz
ist Ma-
naging Consultant bei der
Promerit AG.
Prof. Dr. Christoph
Müller
ist Akademischer Lei-
ter der HBM Unternehmerschu-
le der Universität St. Gallen.
Die Kompetenz der
Personalabteilung wird
bei den wertschöpfen-
den Zielen tendenziell
geringer eingeschätzt
als bei den eher operati-
ven Zielen.