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Recht
_Teilzeit
Von
Martin Römermann
Urlaub bei Wechsel in Teilzeit
auslegung.
Wechseln Mitarbeiter im laufenden Jahr in Teilzeit, kann dies zu skur-
rilen Ergebnissen und langen Urlauben führen. Es gibt jedoch Gestaltungsspielraum.
V
erringert ein Arbeitnehmer
seine Wochenarbeitstage, so
treten bei der Frage, wie viel
Urlaub ab dem Zeitpunkt der
Arbeitszeitverringerung zu gewähren
ist, dann keine Probleme auf, wenn die-
ser Wechsel zum Jahresanfang vollzogen
wird. Der neu erworbene Urlaub wird
dann problemlos auf der Basis der ver-
ringerten Arbeitstage anteilig gewährt.
Problemfall: Unterjähriger Wechsel
Da nach dem Teilzeit- und Befristungs-
gesetz der Anspruch auf Teilzeitarbeit
aber auch unterjährig geltend gemacht
werden kann, stellt sich die Frage, wie
in diesen Wechselfällen der Urlaub zu
berechnen ist. Ist aufgrund des Wech-
sels der gesamte Urlaubsanspruch für
das Kalenderjahr entsprechend der
Teilzeit zu kürzen oder ist der bereits
für Zeiten der Vollzeitbeschäftigung er-
worbene anteilige Urlaubsanspruch der
Höhe nach unverändert erhalten geblie-
ben? Letzteres kann zu skurrilen Ergeb-
nissen führen, wenn während der Teil-
zeittätigkeit nur noch an sehr wenigen
Tagen gearbeitet werden soll und eine
große Menge Resturlaub besteht. Fak-
tisch könnte dann der Arbeitnehmer,
der von fünf Tagen pro Woche auf zwei
Tage pro Woche wechselt, gleich mehre-
re Wochen zu Hause bleiben.
Das Grundsatzurteil des BAG
Das BAG hat zu dieser Problematik die
Auffassung vertreten, dass der einem
Arbeitnehmer zustehende Urlaubsan-
spruch bei einem unterjährigen Wech-
sel von Voll- in Teilzeit und Verteilung
der Arbeitszeit auf weniger Arbeits-
tage unter Berücksichtigung der nun-
mehr für den Arbeitnehmer maßgebli-
chen Verteilung neu zu berechnen sei
(BAG, Urteil vom 28.4.1998, Az. 9 AZR
314/97). Wechselte ein Arbeitnehmer
beispielsweise zum 1. Juli eines Jahres
von Voll- in Teilzeit, hätte er in dem ers-
ten halben Jahr eigentlich schon den vol-
len Urlaubsanspruch über 20 Arbeitsta-
ge erworben. Nun hat er in Teilzeit und
Drei-Tage-Woche nur noch Anspruch
auf zwölf Arbeitstage Urlaub. Da er den
Urlaub bereits in der ersten Jahreshälfte
theoretisch hätte nehmen und komplett
abbauen können, erschien diese Recht-
sprechung zweifelhaft.
Anpassung an die EuGH-Auslegung
Seit dieser „Teilzeitentscheidung“ hatte
der EuGH das Urlaubsrecht aber mas-
siv durcheinandergewirbelt, was zu
wesentlichen Änderungen in der BAG-
Rechtsprechung geführt hat.
So hat das Bundesarbeitsgericht mit
Urteil vom 19. Juni 2012 (Az. 9 AZR
652/10) die sogenannte Surrogations-
theorie aufgegeben. Der Urlaubsab­
geltungsan­spruch nach Beendigung
eines Arbeitsverhältnisses fällt als rei-
ner Geldanspruch nicht mehr unter das
Fristenregime des Bundesurlaubsge-
setzes. Des Weiteren wird seit der Ent-
scheidung des BAG vom 7. August 2012
(Az. 9 AZR 353/10) § 7 Abs. 4 BUrlG
europarechtskonform ausgelegt. Der
gesetzliche Mindesturlaub verfällt dem-
nach bei durchgehender Arbeitsunfähig-
keit nach einem Übertragungszeitraum
von 15 (statt drei) Monaten nach Ablauf
eines Kalenderjahres.
Die Tirol-Entscheidung des EuGH
Bereits in 2010 deutete der EuGH in
der sogenannten Tirol-Entscheidung
an, dass er eine Reduzierung eines vor-
Urlaubsplanung: Aufgepasst, wenn
Mitarbeiter im laufenden Jahr in
Teilzeit wechseln.
personalmagazin 10 / 13