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Recht
_Kündigung
personalmagazin 10 / 13
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Eine Zurückweisung ist schließlich
ausgeschlossen, wenn sie treuwidrig
ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall,
wenn der Mitarbeiter, der die Kündi-
gung ausspricht, schon vor Ausspruch
der Kündigung als Vertreter seines
Unternehmens aufgetreten ist. Hat der
Kündigungsempfänger dies in der Ver-
gangenheit nicht beanstandet, musste
für diesen daher klar sein, dass der
Mitarbeiter zur Kündigung des Vertrags
berechtigt ist. Der Empfänger kann also
die Kündigung nicht zurückweisen.
weiteren Prokuristen oder aber von ihm
mit der Bezeichnung „Personalleiter“
(alleine) unterzeichnet werden müssen.
Die weitere Unterzeichnung des Kündi-
gungsschreibens mit dem Zusatz „i. V.“
half nicht, da ein Vollmachtsnachweis
dem Kündigungsschreiben nicht beige-
fügt war.
Das Handelsregister hilft
Die Zurückweisung ist ausgeschlossen,
wenn der Arbeitgeber den Arbeitneh-
mer von der Bevollmächtigung in Kennt-
nis gesetzt hatte. In diesen Fällen ist da-
her die Vorlage einer Original-Vollmacht
nicht erforderlich.
Die erforderliche Kenntnis des Kündi-
gungsempfängers von der Bevollmäch-
tigung eines Prokuristen wird schon
durch die Eintragung der Prokura in das
Handelsregister fingiert. Kündigt daher
ein Prokurist, ist das Zurückweisen
der Kündigung ausgeschlossen, auch
wenn der Erklärungsempfänger keine
Kenntnis von der Prokuristenstellung
hat und der Vertreter ohne Hinweis auf
seine Prokura handelte. Der Mitarbeiter
muss sich so behandeln lassen, als ob
er die (länger als 15 Tage eingetragene)
Tatsache kennt. Eine direkte Kundgabe
der Bevollmächtigung ist wegen der so-
genannten Publizitätswirkung des Han-
delsregisters entbehrlich (BAG, Urteil
vom 14.4.2011, Az. 6 AZR 727/09).
Personalleiter ja, Filialleiter nein
Die Original-Vollmacht muss nicht vor-
gelegt werden, wenn der Leiter der
Personalabteilung kündigt, denn die-
ser bekleidet eine Stellung, mit der das
Kündigungsrecht üblicherweise ver-
bunden ist, was für Personalsachbear-
beiter, Filial- oder Niederlassungsleiter
nicht gilt. Bei diesen Personengruppen
muss ein In-Kenntnis-Setzen erfolgen,
zum Beispiel über einen Aushang der
Information am „Schwarzen Brett“ oder
im Intranet mit gesondertem Hinweis
gegenüber dem Erklärungsempfänger.
Die Mitteilung einer generellen Kün-
digungsberechtigung kann auch vom
Arbeitgeber zum Beispiel anlässlich
der Amtseinführung eines Angestell-
ten erfolgen. Dies gilt selbst gegenüber
solchen Arbeitnehmern, die bei der
Amtseinführung nicht anwesend waren
(LAG Köln, Urteil vom 7.7.1993, Az. 2 Sa
280/93).
Nennung schon im Arbeitsvertrag
Die Mitteilung der Bevollmächtigung
kann auch im Arbeitsvertrag enthalten
sein. Laut BAG reicht es jedoch nicht
aus, wenn lediglich folgende Regelung
enthalten ist: „Eine Kündigung des Ar-
beitsverhältnisses kann auch durch den
Objektleiter oder Niederlassungsleiter
ausgesprochen werden.“ Vielmehr muss
zusätzlich die Person, welche diese Po-
sition bekleidet, namentlich benannt
werden. Oder es muss ein Weg aufge-
zeigt werden, wie der Arbeitnehmer
den Namen der Person erfahren kann
(BAG, Urteil vom 14.4.2011, Az. 6 AZR
727/09).
Formelle Fehler bei der Kündigungsbevollmächtigung sind ärgerlich. Sie sind aber
vermeidbar, wenn folgender Check eingehalten wird.
1. Vor Ausspruch der Kündigung ist (gegebenenfalls unter Beachtung interner „Signing
Rules“) zu prüfen, wer in welcher Konstellation kündigungsberechtigt ist.
2. Wenn das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz „i. V.“ unterzeichnet wird, ist dem
Kündigungsschreiben eine Original-Vollmacht als Nachweis beizufügen. Jedenfalls ist
sicherzustellen, dass dem zu kündigenden Mitarbeiter die Kündigungsberechtigung
bekannt gemacht wurde. Hierauf ist insbesondere bei Mitarbeiterwechsel im Kreis
der Kündigungsberechtigten zu achten.
3. Niemals eine Kündigung mit dem Zusatz „i. A.“ unterzeichnen! Reaktion im Falle der
Zurückweisung: Erfolgte sie unverzüglich?
4. Im Falle der vollmachtlosen Zurückweisung durch einen Vertreter: Prüfung, ob die
Zurückweisung der Zurückweisung zu erfolgen hat oder ob eine andere Reaktion
geboten ist (zum Beispiel Genehmigung oder Ausspruch einer weiteren Kündigung).
Der Vier-Punkte-Check
Praxisbeispiel
Tipp
Dr. Ralf Kittelberger
ist Fachanwalt für Arbeits-
recht bei der SLP Anwalts-
kanzlei in Reutlingen.
Dr. Oliver Hahn
ist
Fachanwalt für Arbeitsrecht
bei der SLP Anwaltskanzlei in
Reutlingen.
§ 174 BGB – Einseitiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber
vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vor-
legt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der
Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
Praxisbeispiel
Rechtsgrundlage