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Recht
_Urteilsdienst
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Arbeitgeber darf mit dem Handy Beweisfoto schießen
Wer andere ohne deren Einwilligung
fotografiert, begeht im Allgemeinen
eine Persönlichkeitsverletzung und ist
verpflichtet, die Fotos herauszugeben.
Dass dieser Grundsatz Ausnahmen er-
mit Autowaschen beschäftigt war. Der
Arbeitgeber wollte mit dem Foto seinen
begründeten Verdacht belegen, dass der
Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit
nur vorgetäuscht hatte.
fahren kann, zeigt ein Urteil des Landes-
arbeitsgerichts Rheinland-Pfalz. Dies
hat einem Arbeitgeber zugestanden, die
Herausgabe von Fotos zu verweigern,
auf denen einer seiner Arbeitnehmer
Urteil des monats
Das Urteil beschäftigt sich mit dem grundgesetzlich gewährleisteten
„Recht am eigenen Bild“. Dies ist nach der Rechtsprechung des BAG
mit den Interessen des Arbeitgebers mittels einer Güterabwägung
abzugleichen. Danach ist zu ermitteln, ob das Interesse ausnahms-
weise den Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht genießt.
Der Fall hatte sich wie folgt abgespielt: Ein als Produktionshelfer
tätiger Arbeitnehmer war arbeitsunfähig krankgeschrieben und von
seinem Vorgesetzten zufällig beim Reinigen eines Autos an einer
Autowaschanlage angetroffen worden. Dieser war laut Urteil „über
die körperliche Verfassung seines Mitarbeiters erstaunt“, reagierte
aber schnell und fertigte mit seiner Handy-Kamera Fotos an, um
seine Beobachtung zu dokumentieren. Postwendend verlangte der
Arbeitnehmer im Wege einer einstweiligen Verfügung die Heraus-
gabe der seiner Meinung nach unberechtigten Fotoaufnahmen. Zu
Unrecht, wie dem fotografierenden Vorgesetzten vom LAG bestätigt
wurde. Es führte dazu aus: „Das auch im Arbeitsverhältnis zu beacht-
ende allgemeine Persönlichkeitsrecht ist – auch in seiner Ausprä-
gung als Recht am eigenen Bild – nicht schrankenlos gewährleistet.
Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger
Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Die Speicherung der
Fotos über seine punktuelle persönliche Beobachtung stellt unter
Betriebsbedingte Kündigung
Zusammenfassung
Bei betriebsbedingten Kündigungen ist der
Arbeitgeber zwar verpflichtet, dem Arbeitnehmer zur Vermei-
dung einer Beendigungskündigung eine Weiterbeschäftigung zu
geänderten Arbeitsbedingungen anzubieten. Dies bezieht sich aber
grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gele-
genen Betrieb des Arbeitgebers.
relevanz
Das Bundesarbeitsgericht begründet die Ablehnung der
Klage mit folgendem gesetzessystematischen Hinweis: „Der erste
Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist gemäß § 23 Abs. 1
KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik
Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff
in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden.“
Diskriminierungsklage
Zusammenfassung
Die mit Zustimmung des Integrationsamts
ausgesprochene ordentliche krankheitsbedingte Kündigung eines
Schwerbehinderten wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit stellt
für sich genommen kein Indiz für eine unmittelbare oder mittelbare
Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.
Relevanz
Das Urteil ist ein weiterer Baustein für die höchstrichter-
liche Klärung der Frage, wann von einem Indiz für eine schadenser-
satzauslösende Diskriminierung im Sinne des § 22 AGG auszugehen
ist. Die Tatsache, dass einem Arbeitnehmer krankheitsbedingt
gekündigt wurde, reicht dafür allein nicht aus. Notwendig wäre hier
gewesen, detaillierte Indizien, die sich aus der Kündigungsbegrün-
dung oder aus anderen äußeren Umständen ergeben, vorzutragen.
den gegebenen Umständen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in
das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Es bestand aus
Sicht des Vorgesetzten der konkrete Verdacht, dass der Kläger seine
Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und damit einen Entgeltfortzah-
lungsbetrug begangen haben könnte.“
Quelle
LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 11.7.2013, 10 SaGa 3/13
Quelle
LAG Köln, Urteil vom 4.7.2013, 13 Sa 1198/12
Quelle
BAG, Urteil vom 29.8.2013, 2 AZR 809/13
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