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Szene
_Lobbying
personalmagazin 10 / 13
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
mit Personalspezialisten aus Unter-
nehmen gefragt, liest sich die offizielle
Antwort aus dem Bundesarbeitsminis-
terium (BMAS) eher weich: „Das BMAS
pflegt einen regelmäßigen, nicht aber
fest ins­titutionalisierten Austausch mit
den Interessen- und Berufsverbänden
von Personalverantwortlichen. Dieser
Austausch lässt sich aber nicht nach
einzelnen Verbänden quantifizieren.“
Inoffiziell allerdings hört sich die ge-
pflegte Verbandsvielfalt in einer an sich
kleinen Berufsgruppe an, als sei sie ein
Hemmschuh fürs Lobbying: Nur Persön-
lichkeiten, deren Namen dem Staats-
sekretär einfielen, könnten erfolgreich
ihre Ideen zur Personalwirtschaft ins
Ministerium tragen, sagt ein Insider. Ge-
hör fänden klare Forderungen, pointiert
vorgetragen und vor allem mit einem
inhaltlichen Mehrwert im Vergleich
zu dem, was ohnehin schon diskutiert
wird. Doch genau solche Impulse zu ge-
ben wird für die Verbände zum Problem,
weil sie auf ihre Mitglieder Rücksicht
nehmen müssen, die in verschiedenen
Branchen und Unternehmensgrößen ak-
tiv sind. Die Politprofis der BDA können
ein Lied von den Eiertänzen um die kla-
re Linie in den eigenen Reihen singen.
Gemeinsam sind die Verbände stärker
Thomas Sattelberger macht da wenig
Umschweife. „Viel Kraft – außer in
Worten – haben BPM, DGFP und HR
Alliance bisher nicht entfaltet“, sagt er
selbstkritisch. Der Netzwerker, der es
als Telekom-Personaler mit der 30-Pro-
zent-Frauenquote immerhin zu einem
Auftritt in den TV-Abendnachrichten
brachte, würde am liebsten gemein-
sam mit den Konkurrenten antreten.
Denn der Vollblutpersonaler weiß, dass
Staatssekretäre wenig Neigung haben,
sich mit drei oder mehr Verbänden und
ihren Argumentationsvarianten zum
Beispiel über den Fachkräftemangel
auseinanderzusetzen.
Hauptakteure sind schon verbandelt
Ob die berufsbiografischen Berüh-
rungspunkte der Hauptakteure in
BPM, DGFP und HR Alliance künftige
Kooperationen befördern, werden die
nächsten Monate zeigen: Katharina
Heuer arbeitete vor über 20 Jahren im
Dasa-Personalmarketing für Thomas
Sattelberger, der wiederum Aufsichts-
ratsvorsitzender des französischen Au-
tomobilzulieferers Faurecia ist und als
solcher Joachim Sauer im Sommer zum
Personalgeschäftsführer bestellte. Die
beiden Männer sind ausgeprägte, nicht
gerade uneitle Alphatiere. Ob Katharina
Heuer da die ausgleichende Dritte ma-
chen möchte, dazu äußert sie sich nicht.
Themen für eine Zusammenarbeit der
Verbände gibt es genug: Jugendliche
ohne Ausbildung, betriebliche Alters-
versorgung, unregelmäßig Beschäftigte,
demografischer Wandel. Hinzu kommen
die Felder, in denen Firmen wie bei der
Kinderbetreuung und der Qualifizierung
von Jugendlichen Aufgaben überneh-
men, die bisher der Staat erledigte. Und
umgekehrt taucht der Staat in Unterneh-
mensgefilden auf, etwa beim Mindest-
lohn oder bei Managergehältern. Doch
Durchsetzungskraft hat nur, wer mit
einer Stimme redet – am besten wäre
ein „Anchorman“ oder eine „Anchorwo-
man“. „Lobbyismus ist Politikberatung,
da muss einer sich im Politikgeschäft
auskennen, Netzwerke haben, wissen,
wie Entscheidungen laufen und wie die
Presse funktioniert“, meint dazu ein
alter Hase der sozialpolitischen Arbeit.
Einen Draht zu den ersten Ebenen der
Ministerien müsse man sich erarbeiten.
Und das brauche einen langen Atem.
Gehör erhält, wer Kontakte pflegt
„Wir brauchen einen Verband, nicht
drei“, fordert Gunther Olesch, der als
Geschäftsführer des Blomberger Elektro-
technikunternehmens Phoenix Contact
seit Jahren als Redner eine Lanze für
innovative Personalarbeit bricht. „Wenn
wir Fraktionen bilden, haben wir nicht
genügend Schlagkraft.“ Politische Bot-
schaften will der Praktiker auch über die
BDA und den Bundesverband der Deut-
schen Industrie (BDI) voranbringen, weil
eine allzu große Spezialisierung inner-
halb einer Berufsgruppe von HR-frem-
den Akteuren nicht verstanden werde.
Annäherungen gibt es. HRAlliance und
DGFP haben immerhin schon gemeinsam
ein Forschungsprojekt imMittelstand ge-
startet. Und dass Katharina Heuer den
BPM-Kongress in Berlin besuchte, wurde
auch als Mauerfall begriffen. Mit Inqa ha-
ben Politiker und Personaler, öffentliche
und private Institutionen momentan
die breiteste Plattform. Doch gleichzei-
tig setzten HR-Schaffende im April er-
neut auf den feinen Unterschied. Rund
30 Juristen haben den Bundesverband
für Arbeitsrechtler in Unternehmen
(BVAU) gegründet. Einen Antrittsbesuch
im Bundesarbeitsministerium gab es
schon. Auf der Mitgliederversammlung
samt Fachkongress im November sollen
die Positionen für die avisierte Arbeits-
rechtspraxis festgeklopft werden. Aber
auch dieser Expertenverband wird Koo-
perationspartner suchen müssen, wenn
er seinen Interessen in Berlin Gehör ver-
schaffen will.
Ruth Lemmer
ist freie Journalistin und
Fachautorin in Düsseldorf.
„Viel Kraft – außer in Worten – haben
BPM, DGFP und HR Alliance bisher
nicht entfaltet.“
Thomas Sattelberger, Themenbotschafter der Inqa