Seite 20 - personalmagazin_2013_05

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personalmagazin 05 / 13
titel
_Berufsgenossenschaften
A
us dem Unfall Ihres Mitarbei-
ters sind uns Aufwendungen
in Höhe von 434.992,93 Euro
entstanden. Diesen Betrag for-
dern wir hiermit im Wege des Regresses
nach § 110 SGB VII bei Ihnen ein.“ So
oder ähnlich könnte das Schreiben ge-
lautet haben, das dem Inhaber einer Pa-
pierfabrik zugestellt wurde und danach
Gegenstand einer Klage vor dem Ober-
landesgericht Düsseldorf geworden war.
Die geltend gemachten Aufwendungen
resultierten aus einem Arbeitsunfall, bei
dem ein Maschinenarbeiter schwerste
Verletzungen erlitten hatte und seitdem
erwerbsunfähig war.
Haftungsfreistellung bleibt –
Aufwendungsersatz kommt
Eine Haftung des Arbeitgebers für die
Folgen eines Arbeitsunfalls? Dagegen
wird man zunächst einwenden, dass im
Recht der gesetzlichen Unfallversiche-
rung das sogenannte „Enthaftungspri-
vileg“ gilt. Bei Arbeitsunfällen bleiben
danach die normalen zivilrechtlichen
Haftungsmaßstäbe außen vor oder le-
ben nur bei einer vorsätzlichen Verur-
sachung auf.
Was aber berechtigt die Berufsgenos-
senschaften, trotz dieses Haftungspri-
vilegs den Unternehmer für die finan-
ziellen Folgen eines Arbeitsunfalls ver-
antwortlich zu machen? Es ist die in der
Praxis oft nicht bekannte Regressmög-
lichkeit nach § 110 SGB VII (vergleiche
Kasten auf der nächsten Seite). Danach
besteht bei grober Fahrlässigkeit das
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
Recht der Berufsgenossenschaften, die
„Aufwendungen“ für einen Arbeitsun-
fall vom Unternehmer zurückzufordern.
Eine, salopp gesprochen, hinterlistige
Vorschrift. Denn die Haftungsfreistel-
lung nach § 104 SGB VII, die keinen Ver-
weis auf den Regressparagrafen enthält,
nimmt ausdrücklich nur das vorsätzliche
Verhalten eines Unternehmers als Zah-
lungsgrund für die Folgen eines Arbeits-
unfalls an. Anders als der § 110 SGB VII,
der jetzt plötzlich grobe Fahrlässigkeit
als vorwerfbares Kriterium für einen
„Aufwendungsersatz“ definiert. Mit an-
derenWorten: Bei grober Fahrlässsigkeit
haftet der Unternehmer nicht, wird aber
über den Aufwendungsersatz im Ergeb-
nis genauso gestellt, als wenn er haften
würde. Einzige Einschränkung dabei ist,
dass der Aufwendungsersatz auf den Be-
Das unterschätzte Regressrisiko
Tipp.
Weil Arbeitsunfälle versichert sind, sind Arbeitgeber von einer Haftung befreit.
Doch auch sie müssen zahlen, wenn die Berufsgenossenschaft Ersatzansprüche stellt.
Die ungenügende Baustellenabsicherung kann schnell zum Regress durch die BG führen.