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titel
_projektmanagement
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
nis vorhersagt und hinterher prüft, ob es
eingetreten ist oder nicht.
personalmagazin:
Unternehmen nutzen oft
die Ampelfarben als Ausdruck für ein
bestimmtes Risikolevel. Ist das überhaupt
eine nüztliche Methode?
Evans:
Die Farbe Orange als Ausdruck
des Risikolevels bedeutet für jeden et­
was anderes. Damit sind die Aussagen
zu ungenau. Dasselbe gilt für viele an­
dere verbreitete Methoden im Risikoma­
nagement, die auch nicht geeignet sind.
personalmagazin:
Siemessen denRisikointel­
ligenz-Quotienten. Wie sieht der Test aus?
Evans:
Er besteht aus 50 Aussagen, die
teils wahr, teils falsch sind, zum Bei­
spiel: „Der letzte Inkaherrscher war
Montezuma.“ Die Testteilnehmer müs­
sen in Prozentzahlen angeben, für wie
wahrscheinlich sie die Aussage halten.
Wer absolut sicher ist, dass die Aussage
stimmt, gibt 100 Prozent an. Je unwahr­
scheinlicher eine Aussage erscheint, des­
to niedrigere Prozentwerte gibt man an.
personalmagazin:
Würden Sie den Test als
Einstellungsvoraussetzung für Projektlei­
ter empfehlen?
Evans:
Auf jeden Fall. Viele Unternehmen
messen ja auch den allgemeinen Intelli­
genzquotienten (IQ) im Recruiting-Pro­
zess. Genauso könnte man für Stellen
im Projektmanagement den Risikointel­
ligenzquotienten messen – der übrigens
nicht mit dem IQ zusammenhängt, wie
unsere Forschung ergeben hat.
„Risikointelligenz ist essenziell“
INTERVIEW.
Um Risiken im Projekt realistisch einzuschätzen, brauchen Mitarbeiter eine
hohe Risikointelligenz. Psychologe Dylan Evans weiß, wie man sie misst und trainiert.
personalmagazin:
Sie forschen im jungen
Themengebiet der Risikointelligenz. Wie
definieren Sie diese Form von Intelligenz?
Dylan Evans:
Risikointelligenz ist die ko­
gnitive Fähigkeit, Wahrscheinlichkeiten
korrekt vorherzusagen. Menschen, die
eine hohe Risikointelligenz haben, kön­
nen in Prozentwerten ausdrücken, mit
welcher Wahrscheinlichkeit ein be­
stimmtes Ereignis eintreten wird. Das ist
eine sehr häufig gefragte Fähigkeit – ein
klassisches Beispiel: Meteorologen ge­
ben an, mit wie viel Prozent Wahrschein­
lichkeit es am nächsten Tag regnen wird.
personalmagazin:
Wie wichtig ist diese
Fähigkeit für das Projektmanagement?
Evans:
Sie ist essenziell. Schließlich müs­
sen Projektleiter einschätzen, ob Mehr­
kosten entstehen oder Gefahren wie
Marktveränderungen eintreten können.
personalmagazin:
Sehr häufig werden aber
Kosten und Zeitaufwand zu optimistisch
eingeschätzt. Warum ist das so?
Evans:
Einerseits kann ich nach meinen
bisherigen Tests sagen, dass die meisten
Menschen wenig Risikointelligenz be­
sitzen. Andererseits ist das Zeitproblem
ein klassischer Fall sogenannter Pla­
nungsverzerrung. Wir neigen dazu, die
Zeit, die wir für eine Aufgabe benötigen,
zu unterschätzen. Wir beziehen unsere
bisherigen Erfahrungen mit dem Zeit­
aufwand nicht in die Planung ein.
personalmagazin:
Wie lässt sich das in
Projekten verhindern?
Evans:
Um risikointelligent zu entschei­
den, sind drei Dinge zu beachten: Erstens
muss man Risiken in Prozentwerten an­
geben – statt Formulierungen zu verwen­
den wie „Das ist eher unwahrscheinlich“.
Denn diese vagen Angaben definieren die
Menschen unterschiedlich. Mit Prozent­
angaben werden die Aussagen explizit.
Zweitens ist es wichtig, Erfahrungen mit
Wahrscheinlichkeitsaussagen zu sam­
meln. Drittens sollte man die Prognosen
immer wieder mit der eintretenden Wirk­
lichkeit abgleichen. Dieses Feedback ist
wichtig, um die Risikointelligenz zu üben.
personalmagazin:
Man kann sie also
trainieren?
Evans:
Ja, indem man in allen möglichen
Situationen immer wieder für sich selbst
die Wahrscheinlichkeiten für ein Ereig­
Dylan Evans
ist derzeit Programmleiter
am UnCollege in San Francisco. Sein Test ist
unter
rfügbar.
Das Interview führte
Kristina Enderle da Silva.
© Sean O’dwyer