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Tabelle
Voraussetzungen von Elternzeit und
Elterngeld im Überblick (HI1813159).
Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe
Personal Office (HPO). Internetzugriff:
ARBEITSHILFE
HPO
Elternzeit bestandene Teilzeittätigkeit
fortgesetzt, erhält die Arbeitnehmerin
den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
(nur) auf der Grundlage der Teilzeitver-
gütung.
Viertens: Arbeitet die Arbeitnehmerin
während der Elternzeit mit Zustimmung
ihres bisherigen Arbeitgebers bei einem
anderen Arbeitgeber in Teilzeit (§ 15
Absatz 4 Satz 3 BEEG), endet dieses
Arbeitsverhältnis mit der vorzeitigen
Beendigung der Elternzeit. Sie erhält
den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld
von ihrem „alten“ Arbeitgeber auf der
Grundlage des früheren Vollzeitentgelts
zuzüglich zwischenzeitlicher Erhö-
hungen.
Achtung: Umlageerstattung
Der vom Arbeitgeber gezahlte Zuschuss
wird ihm in vollem Umfang im U2-
Verfahren von der gesetzlichen Kran-
kenkasse erstattet, bei der die Arbeit-
nehmerin versichert ist (§ 1 Absatz 2
Aufwendungsausgleichsgesetz, AAG),
bei privat krankenversicherten Schwan-
geren von der Krankenkasse, die für die
Arbeitnehmerin auch die Umlagebeiträ-
ge einzieht.
Urlaubsanspruch und Sonderzahlungen
Die vorzeitige Beendigung der Elternzeit
führt zumWiederaufleben des ruhenden
Arbeitsverhältnisses. Damit kann der
Schwangeren für die Zeiten der Schutz-
fristen auch der Urlaub nicht gekürzt
werden; die Kürzungsbefugnis gilt nur
für volle Kalendermonate, in denen El-
ternzeit in Anspruch genommen wird.
Beispiel: Bei einem voraussichtlichen
Geburtstermin am 7. August dauern die
Schutzfristen vom25. Juni bis 2. Oktober.
Für die fünf Monate von Juni bis Oktober
darf der Urlaub nicht gekürzt werden.
Bei einem Jahresurlaub von 30 Tagen
hat die Schwangere durch die vorzeitige
Beendigung der Elternzeit damit einen
Urlaubsanspruch von 13 Tagen; diesen
Urlaub nimmt sie in die Zeit nach end-
gültiger Beendigung der Elternzeit mit.
Je nach den Umständen des Einzel-
falls hat die Schwangere als Folge der
vorzeitigen Beendigung der Elternzeit
Anspruch auf eine anteilige Jahres­
sonderzahlung; zum Beispiel wenn für
das Arbeitsverhältnis der TVöD oder
TV-L in Betracht kommt. Je nach den
arbeitsvertraglichen Vereinbarungen
besteht auch ein Anspruch auf anteilige
Bonus- oder Prämienzahlungen.
Übertragungsrecht ist großzügig,
Mitteilungspflicht ist formlos
Den durch die vorzeitige Beendigung
verbleibenden Restzeitraum der ersten
Elternzeit kann die Arbeitnehmerin auf
die Zeit bis zur Vollendung des achten
Lebensjahres des ersten Kindes über-
tragen. Dazu ist zwar die Zustimmung
des Arbeitgebers erforderlich, Zustim-
mungsverweigerungsgründe gibt es je-
doch praktisch nicht.
Die Arbeitnehmerin „soll dem Arbeit-
geber die vorzeitige Beendigung der
Elternzeit rechtzeitig mitteilen“. Wann
eine Mitteilung „rechtzeitig“ ist, regelt
das Gesetz nicht. Erfolgt die Mitteilung
später als sechs Wochen vor dem Ge-
burtstermin, kann sie allerdings den
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erst ab
dem Tag beanspruchen, an dem die Mit-
teilung dem Arbeitgeber zugegangen ist.
Eine Rückwirkung der Erklärung ist aus-
geschlossen. An eine bestimmte Form
ist die Mitteilung nicht gebunden, das
heißt, sie kann auch telefonisch, münd-
lich, per Mail oder SMS erfolgen.
Folgen für die betriebliche Praxis
Die Neuregelung wird dazu führen, dass
es künftig praktisch keine Arbeitneh-
merin mehr geben wird, die im Falle
einer erneuten Schwangerschaft inner-
halb der Elternzeit diese nicht vorzei-
tig beendet. Ansonsten würde sie auf
erhebliche wirtschaftliche Vorteile ver-
zichten. Für die Arbeitgeber bedeutet
die Neuregelung trotz der Erstattung
des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld
über das U2-Verfahren jedenfalls wegen
des zusätzlichen Urlaubs und eventu-
eller sonstiger Zahlungsansprüche der
Arbeitnehmerin einen höheren finanzi-
ellen Aufwand.
Petra Straub
ist Fachan-
wältin für Arbeitsrecht bei
der Kanzlei Fettweis und
Sozien, Freiburg.
Dr. Peter H.M. Rambach
ist Fachanwalt für Arbeits-
recht bei der Kanzlei Fettweis
und Sozien, Freiburg.
Die neue Möglichkeit der Elternzeitgestaltung war aufgrund eines Urteils des
europäischen Gerichtshofs notwendig.
Bis zum 17. September 2012 konnte eine Arbeitnehmerin bei einer während einer
Elternzeit eingetretenen weiteren Schwangerschaft die Elternzeit „nicht wegen der
Mutterschutzfristen“ des Mutterschutzgesetzes vorzeitig beenden. Dem stand § 16
Absatz 3 Satz 3 BEEG entgegen. Seit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Vereinfachung des
Elterngeldvollzugs“ am 18. September 2013 ist dies jetzt ausdrücklich möglich, und
zwar ohne Zustimmung des Arbeitgebers. Die Regelung des § 16 Absatz 3 Satz 3 BEEG
wurde in ihr Gegenteil verkehrt. Der Gesetzgeber zog damit die Konsequenz aus zwei
schon rund zehn und fünf Jahre zurückliegenden Entscheidungen des EuGH (Urteile vom
27.2.2003, C 320/01 [Busch], und vom 20.9.2007, C-116/06 [Kiiski], nach denen erheb-
liche Zweifel an der Vereinbarkeit des Ausschlusses mit dem Europarecht bestanden.
Der EuGH zeigt sich kinderfreundlich
Praxisbeispiel
Hintergrund