Seite 20 - personalmagazin_2013_04

Basic HTML-Version

20
personalmagazin 04 / 13
Titel
_Frauenförderung
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
D
ie Statistiken zur Beteiligung
von Frauen an der Führung in
Firmen sind unterschiedlich op-
timistisch – je nach zeitlichen
und geografischen Räumen sowie der De-
finition der untersuchten Gruppe scheint
die Zahl rasant zu steigen oder die Wer-
te bleiben nahe an der Stagnation. Mitte
Januar hat das DIW Berlin eine positive
Entwicklung auf unteren und mittleren
Ebenen konstatiert. Gezählt wurden An-
gestellte in der Privatwirtschaft mit Füh-
rungsaufgaben und hoch qualifizierten
Tätigkeiten. So kommt die Untersuchung,
in die Studienleiterin Elke Holst neben
dem sozio-ökonomischen Panel Befra-
gungen einarbeitete, für 2010 auf 30
Prozent Frauen in Führungspositionen.
Allerdings bleiben Spitzenmanagerinnen
mit drei Prozent in den Vorständen der
200 größten Unternehmen Ende 2011 arg
in der Minderheit. Und die Verdienstlücke
wird, bereinigt von Verzerrungen, mit 27
Prozent angegeben.
BMBF-Projekt „Mixed Leadership“
Nun können Unternehmen, die ihren
Frauenanteil unter den Führungskräf-
ten erhöhen möchten, weil sie den sich
ankündigenden Fachkräftemangel nicht
allein mit der Anwerbung ausländischer
Mitarbeiter bewältigen, mit diesen allge-
meinen Werten allein wenig anfangen.
Sie müssen detailliert Daten erfassen,
um zu erkunden, wo sie stehen und wo
sich Ansätze zur Veränderung finden
lassen. Genau diese nutzenstiftenden
Kennzahlen und faktenreichen Beschrei-
Von
Ruth Lemmer
bungen will das Projekt „Mixed Leader-
ship“ sammeln. Gefördert vom Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung
(BMBF), untersucht ein Forscherteam
rund um Astrid Szebel-Habig, BWL-Pro-
fessorin und Frauenbeauftragte an der
Hochschule Aschaffenburg, den Anteil
weiblicher Führungskräfte in den obe-
ren Etagen der Top-500-Unternehmen.
Im Zentrum stehen weniger die reinen
Quoten in den Führungsetagen als viel-
mehr die eingesetzten Instrumente und
ihre Wirkung zur Förderung der Karrie-
ren von Frauen.
Die Voruntersuchungen und Ge-
spräche mit Firmen laufen seit Oktober
2011. Der Fragebogen ist in der Über-
arbeitung. Wie der Name „Mixed Lea-
dership“ bereits sagt, geht das Projekt
davon aus, dass die Arbeit von Männern
und Frauen mit ihren komplementären
Eigenschaften und Verhaltensweisen
sich gewinnbringend für ein Unterneh-
men optimieren lässt. Anders als zu-
nächst geplant, wird es kein Ranking
geben. Die Anonymität der Unterneh-
men bleibt gewahrt. Schlüsse können
teilnehmende Firmen dennoch aus den
Ergebnissen ziehen, denn sie sehen an
den Statistiken, wo sie selbst stehen –
und das ohne öffentlichen Rechtferti-
gungszwang.
Auf Unternehmensangaben basier-
ende Rankings sind keine Forschung
Die Anonymisierung gehört zu den
Grundprinzipien des berufsethischen
Verhaltens in der Markt-, Meinungs- und
Sozialforschung. Für Erich Wiegand,
Geschäftsführer des ADM (Arbeitskreis
Deutscher Markt- und Sozialforschungs-
institute in Frankfurt),„ist eine Datener-
hebung keine Forschung, wenn sie nicht
anonym ist“. Der Rat der Deutschen
Markt- und Sozialforschung überprüft
als verbandsübergreifende Beschwerde-
stelle die Einhaltung des berufsständi-
schen Verhaltenskodexes – und spricht
eine öffentliche Rüge aus, wenn die
Verhaltensregeln verletzt werden. Auf
den jeweiligen Unternehmensangaben
basierende Rankings von Firmen, un-
ter welchem Aspekt und von wem auch
immer erfasst, sind für Wiegand keine
Forschung, auch dann nicht, wenn Uni-
versitätsprofessoren die Untersuchung
leiten oder in einem Beirat begleiten:
„Ob eine Tätigkeit Forschung und seri-
ös ist, hängt nicht von der Funktion des
Machers ab, sondern von der Erfüllung
der berufsethischen und forschungsme-
thodischen Standards.“
Das BMBF fördert weitere – eben-
falls auf Anonymität basierende – For-
schungsprojekte, die handhabbare
Kulturveränderungen anstoßen
Instrumente.
Eine Analyse, wo die eigene Firma beim Thema „Gender“ steht, kann
für einen Veränderungsprozess sinnvoll sein. Aber nicht alle Instrumente eignen sich.
„Wir kritisie-
ren nicht das
Ansinnen des
Ministeriums,
mehr Transparenz zu
schaffen, sondern sehen
Konstruktionsfehler.“
Dr. Sascha Armutat, Leiter Forschung und
Themen, DGFP