Seite 16 - personalmagazin_2013_04

Basic HTML-Version

16
Titel
_frauenförderung
personalmagazin 04 / 13
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Projekt mangels Unterstützung durch die
FDP für gescheitert. Dann wollte sie es
bis nach der Bundestagswahl aufschie-
ben. Im Spätsommer letzten Jahres hol-
te sie es plötzlich doch wieder auf ihre
Agenda. Sie ließ eigens für die Flexi-Quo-
te eine Website schalten und rührte mit
dem Ranking „Frauen-Karriere-Index“
die Werbetrommel. Der Projektstart ver-
lief allerdings wenig erfolgreich (siehe
Seite 20 ff.). Eine von Schröder und ih-
rer Kollegin von der Leyen angestrebte
Änderung im Teilzeit- und Befristungs-
gesetz (TzBfG), die Müttern den Umstieg
von Teilzeit zurück auf Vollzeit erleich-
tern soll (siehe Seite 18), ist nicht vor der
nächsten Legislaturperiode zu erwarten.
Debatten helfen nicht weiter
An alldem wird deutlich: Die öffentli-
che Quotendebatte war wichtig, sie hat
die Aufmerksamkeit auch in den Unter-
nehmen auf das Thema Frauenförde-
rung gelenkt und einiges angeschoben.
Aber nun ist die Luft raus. Auf der De-
battenebene geht es nicht weiter. Wenn
wieder Bewegung in das Thema Frau-
enförderung kommen soll, müssen die
Unternehmen – und dort allen voran die
HR-Abteilungen – selbst aktiv werden.
Noch nicht alle Unternehmen haben
das erkannt. Während immerhin die
Hälfte der Großunternehmen der Frau-
enförderung eine große bis sehr große
Bedeutung beimisst, tun dies nur knapp
ein Drittel der Mittelständler, so der HR-
Report 2012/2013 der Personalberatung
Hays. Und das, obwohl die Frauener-
werbsquote laut aktuellen Zahlen des
Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW)
in Deutschland stärker ansteigt als im
EU-Durchschnitt. Bereits jetzt sind drei
Viertel aller Frauen zwischen 15 und
64 Jahren berufstätig. Und der Fach-
kräftemangel zwingt die Unternehmen,
noch stärker um Frauen zu werben. HR-
Abteilungen kommen also gar nicht um-
hin, sich der „Frauenfrage“ zu stellen. Es
müssen Konzepte her, wie das Potenzial
gut ausgebildeter weiblicher Talente bes-
ser genutzt werden kann. Dafür reicht
es aber nicht, einfach Frauen nach oben
zu befördern, um Quoten zu erfüllen.
„Mixed Leadership“ – kein Selbstläufer
Unternehmen mit mehr Frauen in den
Führungsetagen sind nicht automatisch
erfolgreicher, auch wenn zahlreiche
Studien einen solchen Zusammenhang
erkannt haben wollen. Wirklich nachge-
wiesen wurde eine Kausalität zwischen
„Mixed Leadership“ und wirtschaftli-
chem Erfolg jedoch bislang nicht (siehe
Seite 24 ff.). Worauf neuere Untersu-
chungen allerdings hinweisen ist, dass
die Rahmenbedingungen eine wichtige
Rolle dabei spielen, ob gemischte Füh-
rungsteams ihre viel beschworenen
positiven Potenziale entfalten können.
Unternehmen tun also gut daran, ihre
Unternehmenskultur hinsichtlich ihrer
Diversity-Orientierung auf den Prüf-
stand zu stellen. Verschiedene Ansätze
für eine solche Analyse wurden bereits
entwickelt. Wofür sich die jeweiligen Ins-
trumente eignen und wo sie eventuell
noch Schwächen haben, zeigen wir ab
Seite 20. In jedem Fall ist eine solche
Kulturveränderung hin zu mehr Frau-
enfreundlichkeit ein komplexes Unter-
fangen. Die Unternehmensbeispiele ab
Seite 28 zeigen, welche Instrumente und
Maßnahmen zur Frauenförderung in der
Praxis wirklich erfolgreich sind.
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Fa-
milie und Beruf gehören natürlich auch
dazu. Aber zum einen ist der Spielraum
der Personalarbeit auf diesemGebiet be-
grenzt, zum anderen bieten die meisten
Betriebe hier schon ziemlich viel. Das
Wohlfühlthema familienfreundliche Per-
sonalarbeit zu forcieren, ist aber längst
nicht mehr ausreichend, um für Frauen
ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.
Weg vom reinen Wohlfühlprogramm
Jetzt geht es darum, gezielt Führungskar-
rieren zu fördern und dafür ein entspre-
chendes Instrumentarium zu etablieren.
Es gilt, schon lange vor der ersten Bewer-
bung weiblichen Nachwuchs für sich zu
begeistern, Auswahlroutinen bei der Stel-
lenbesetzung zu überprüfen, Karrierelauf-
bahnen individuell zu planen und durch
Entwicklungsmaßnahmen, Mentoring-
Programme und Networking-Angebote zu
fördern – sowie nicht zuletzt auch Gehalts-
strukturen imUnternehmen zu ändern. Es
ist alarmierend, dass der „Gender Pay Gap“
seit Jahren nahezu unverändert ist. Laut
der aktuellen Verdienststrukturerhebung
des Statistischen Bundesamts verdienen
Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger als
Männer. Dieser Wert hat sich seit 1995
nicht wesentlich verändert und liegt deut-
lich über dem EU-Durchschnitt von 16,2
Prozent. Die SPD-Fraktion möchte die Ent-
geltgleichheit am liebsten gesetzlich fest-
schreiben (siehe Seite 18). Ob sie mit ihrer
Initiative Erfolg haben wird, ist ungewiss.
Sicher ist aber: Auch hier sollten Sie nicht
darauf warten, bis die Politik Ihnen von
außen Regulierungen aufzwingt und Ihnen
damit ein ureigenstes Instrument der Per-
sonalarbeit – nämlich die Vergütungsge-
staltung – aus der Hand nimmt. Bewegen
Sie lieber selbst etwas!
Aktuell formieren sich auf der Ebene von Berufsgruppen mehrere Initiativen, die
öffentlich eine Frauenquote für Führungspositionen fordern.
Im Juni 2012 gründeten 350 Journalistinnen den Verein „Pro Quote Medien“. Ihre Forde-
rung: eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent auf allen Führungsebenen bis 2017
in allen Print- und Onlinemedien, TV und Radio. Anfang März 2013 ging „Pro Quote Me-
dizin“ mit rund 130 Unterstützerinnen in die Öffentlichkeit. Sie fordern, dass Führungs-
positionen aller Hierarchiestufen in Kliniken und Krankenhäusern in den nächsten fünf
Jahren zu 40 Prozent und bis 2023 zu 50 Prozent mit Frauen besetzt werden. Ob noch
weitere Initiativen folgen und ob sie etwas bewegen können, bleibt abzuwarten.
(mer)
Pro Quote
Praxisbeispiel
Initiativ n aus der Praxis