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PERSÖNLICH
personalmagazin 03 / 12
90
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KOLUMNE
Warum wir lieber
rechnen als handeln
TIPP. Frauen an die Macht! Jetzt soll‘s der „Dynamic
Gender Index“ richten. Doch leider gilt: Auch eine
Formel lehrt uns nicht, Frauen zu fördern.
Die Thematik ist ungefähr so alt wie die
Menschheit.
Immer wenn sich ein Problemfeld
auftut, das nicht so einfach zu durchdringen ist,
erschallt der Ruf nach simplen Formeln. Einfach
anordnen oder einfordern – und dann messen.
Beim Messen soll ein passender Index helfen.
Damit lässt sich in verblüffend einfacher Form
feststellen, ob man beim jeweiligen Thema
auf der Höhe der Zeit ist oder nicht. Das Ganze
erfährt dann fast unmerklich eine typische
Wendung. Die Auseinandersetzung um den Index
verselbstständigt sich und wird wichtiger als die
ihn auslösende Fragestellung selbst.
Wie das funktioniert, konnten wir schön beo-
bachten beim Thema „Human Capital Index“.
Der hat sogar die Wissenschaft in regelrechte
Lager gespalten. Doch man reibt sich die Augen.
Warum regt die Fachwelt die Schlüssigkeit
bestimmter Formelkonstruktionen mehr auf als
die Frage, wie wir der „Ressource“ Mensch in
der praktizierten Unternehmensführung mehr
Geltung verschaffen?
Dabei gelänge es nur durch Beantwortung
dieser Frage, der Arbeit ein wenig mehr Lebens-
qualität zu verleihen.
Stattdessen beschäftigt
sich die Szene fast lustvoll mit fragwürdigen
Indexkonstrukten.
In diesen Tagen wird uns nun eine neue Kreati-
on zugemutet.
Nachdem die Diskussion um die
Frauenquoten in Deutschlands Führungsetagen
schon eine ganze Weile wütet, wird es auch
dabei höchste Zeit für den erlösenden Index.
„Dynamic Gender Index“ wurde das Kind
getauft.
Man legt es uns in die HR-Krippe, um
jetzt den entscheidenden simplen Schritt bei
der Bewältigung eines komplexen Problems
vollziehen zu können.
Endlich können wir handeln: Index ermitteln,
und los geht’s!
Spielt es bei dieser Regulierungs-
wut eigentlich noch irgendeine Rolle, was wir
den Frauen damit zumuten? Von der Quotenfrau
zur Indexlady – ist das die Lösung?
Warum machen wir uns nicht lieber ernst-
hafte Gedanken zu dem immer noch schiefen
Frauenbild in einer Männerwelt?
Wer oder was
hindert uns eigentlich daran, all jene wertvollen
Potenziale zu entdecken und schätzen zu lernen,
die letztlich nur Frauen in die Welt der Unterneh-
mensführung einzubringen vermögen? Fragen
über Fragen.
Übrigens: Um eine Frauenquote ausrechnen zu
können, genügen eigentlich schon mäßige ma-
thematische Grundkenntnisse.
Die wesentlichen
Parameter dabei zu berücksichtigen, ist kein
Hexenwerk. Dann muss man nur noch erreichen,
dass am Ende nicht mehr Frauen gehen als
kommen. Sonst hält das alles nicht!
Kollegentipp
Wer sich, seine Abteilung und seine
Arbeit voranbringen will, muss
Wirkung entfalten. Gute Ideen und
Ansätze, wie das gelingt, präsentieren
Ihnen hier Mitglieder der Personaler-
initiative „Wege zur Selbst-GmbH“.
Von Kollegen für Kollegen.
© A1PIX/NTH
Personalleiter bei
Voss Automotive
Siegfried Baumeister