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PERSONALDIAGNOSTIK
„Gib dem Affen Zucker“
FEATURE. Immer mehr Unternehmen setzen auf das Reiss-Profil in der Personal-
diagnostik. Ein Selbstversuch brachte unserer Autorin erstaunliche Erkenntnisse.
Bärbel Schwertfeger zweifelt am Testergebnis.
nien zu tun.“ Nachvollziehbar finde ich
das nicht. Denn hätte ich die Auswer-
tung vorher genau durchgelesen, hätte
ich auch gezielter nachfragen können.
Aber vielleicht ist das ja gerade nicht ge-
wünscht. So kann man zumindest den
Überraschungseffekt besser nutzen.
„Wichtig ist: Das sind keine Aussagen
über Ihre Fähigkeiten“, erklärt der Di-
plom-Mathematiker. „Was ermittelt wur-
de, ist IhreWertewelt.“DerUS-Psychologe
Steven Reiss habe herausgefunden, was
den Menschen kulturübergreifend wich-
tig ist, und diese Motive seien weitest-
gehend unveränderliche Wesenszüge.
Was nun? Motive, Werte oder vielleicht
doch eher Interessen? Nacheinander geht
Staller jedes der 16 Motive mit mir durch,
beginnend mit den am stärksten ausge-
prägten Motiven – hier werden sie nicht
komplett und in einer anderen Reihenfol-
ge dargestellt.
Was wird geprüft:
Motivation oder Werte?
Beim Motiv „Anerkennung“ gehe es
darum, wie ein Mensch sein positives
Selbstbild aufbaut, erklärt Staller, zu-
dem Inhaber der Kirschstall Führungs-
und Kommunikationsberatung in Berlin.
Je niedriger das Motiv ausgeprägt sei,
desto weniger sei er abhängig vom Lob
anderer. Ich brauche angeblich kein Lob,
weil ich „nicht meine Persönlichkeit in-
frage stelle, wenn es ausbleibt“. Aber für
Führungskräfte kann das schlecht sein.
Ihnen gehe dann vielleicht die Emotion
ab, wie sich ein ehrliches Lob „in Bezug
zum Aufbau des Selbstbilds“ anfühlt, so
Staller. Das könne für andere sehr demo-
tivierend sein. Gerade für Führungskräf-
te sei es wichtig, ihre eigene Wertewelt
zu erkennen. Denn schließlich gehe je-
der immer zu sehr von sich selbst aus
und das komme beim anderen nicht
immer gut an. Wenn man dagegen auch
die Wertewelt des anderen kenne, könne
man passgenaue Kommunikations- und
Handlungsweisen einsetzen. Das sei der
große Vorteil des Reiss-Profils. Nur wa-
rum heißt das Motivationsprofil, wenn
es um Werte geht?
Beim Motiv „Status“ wird gemessen,
wie wichtig die soziale Stellung für einen
Menschen ist. „Status heißt, elitär sein“,
Von
Bärbel Schwertfeger
D
ie Fragen nerven. „Ich habe
immer großen Appetit“, „Essen
ist eine meiner täglichen Lieb-
lingsbeschäftigungen“ oder
„Ich liebe Desserts und Nachspeisen“.
Was hat das alles bitte mit dem Beruf zu
tun? Wer die 128 Fragen der Business-
Version des Reiss-Profils ausfüllt, reibt
sich verwundert die Augen. Viele Fragen
haben – zumindest auf den ersten Blick
– aber auch gar nichts mit dem Berufs-
leben zu tun, sondern betreffen höchst
private Aspekte. Zudem zielen manche
Fragen stark auf soziale Normen. Wer
stimmt schon der Frage „Wenn ich wü-
tend werde, dann schlage ich zurück“ voll
zu, wenn er sich für einen Job bewirbt?
Auswertung: Schnell und überraschend
16 Motive soll der Test messen, darun-
ter Neugier, Anerkennung, Idealismus,
Rache und Kampf sowie Schönheit und
Essen. Nachdem der Onlinefragebogen
beantwortet wurde, erfolgt das Auswer-
tungsgespräch mit Thomas Staller, aus-
nahmsweise telefonisch. Meist wird es
persönlich durchgeführt. 13 Minuten
vor dem Gesprächstermin schickt mir
der geschäftsführende Gesellschafter
der Reiss Profile Germany GmbH mein
Profil per E-Mail inklusive einer 44-sei-
tigen persönlichen Auswertung. Warum
habe ich das nicht früher bekommen?
„Wir wollen nicht, dass sich der Klient
vor dem Gespräch zu stark mit den Un-
terlagen beschäftigt“, erklärt Staller,
selbst zertifizierter Reiss-Profile-Master.
„Das hat mit unseren Qualitätsrichtli-
© HELGA KAINDL