Seite 12 - personalmagazin_2012_06

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„Dawundere ichmichübermich“
INTERVIEW. Thomas Sattelberger räumt seinen Posten als Personalvorstand der
Telekom. Nun zieht er eine persönliche Bilanz und offenbart späte Einsichten.
personalmagazin:
Sie waren fünf Jahre
Personalvorstand der Deutschen Tele-
kom. Der Aktienkurs ist in Ihrer Vor-
standszeit von 13 auf unter neun Euro
gesackt. Warum ist es nicht gelungen,
den Unternehmenswert zu steigern?
Thomas Sattelberger:
Bei allen Telekommu-
nikationsunternehmen sind in dieser
Zeit die Kurse gefallen. Als Deutsche
Telekom haben wir große historische
Bürden und konnten beziehungswei-
se wollten nicht den Weg gehen, alle
Serviceeinheiten outzusourcen, wie das
beispielsweise die spanische Telefonica
gemacht hat. Das hätte die Sozialpart-
nerschaft gesprengt. Gleichzeitig waren
und sind wir der Überzeugung, dass
wir über die Qualität unserer eigenen
Services langfristig Kundenbeziehung
als strategischen Erfolgsfaktor ausge-
stalten können.
personalmagazin:
Der Verweis auf histo-
rische Lasten ist für den Aktionär keine
befriedigende Antwort.
Sattelberger:
Auch der Aktionär muss
sich dieser Realität stellen. Wir
tragen noch heute jährlich eine halbe
Milliarde Zusatzlasten für Beamten-
pensionen. Nicht, dass Sie mich falsch
verstehen: Nicht die Beamten, sondern
die Altersversorgungsstrukturen sind
die gravierende finanzielle Last. Wir
haben zudem unsere Vermittlungsfir-
ma Vivento aufgestellt, die sozusagen
auf Deckungsbeitragsbasis Beamte
in den öffentlichen Dienst vermittelt.
Wenn Sie alles an historischen Lasten
addieren, kommen Sie auf 1,1 Milliar-
den Euro Kosten pro Jahr.
personalmagazin:
Als Personalvorstand
wollten Sie wettbewerbsfähige Beleg-
schaften schaffen. Fakt ist: Der Umsatz
pro Mitarbeiter ist in den letzten drei
Jahren zurückgegangen.
Sattelberger:
Der Personalvorstand ist
zuerst Unternehmer, dann Arbeitskos-
tenmanager. Diese Kennzahl drückt
zunächst einmal aus, wie schnell
wir schrumpfen und wie schnell wir
wachsen. Wenn Sie das so betrachten,
lautet die Frage, wie Sie eine Orga-
nisation schaffen, in der Wachstum
schneller stattfindet und die Kosten
mit den Umsätzen passabel atmen
können. Sonst werden Sie schnell zum
Büttel des Finanzbereichs oder ver-
folgen eine Politik „shrink to glory“.
personalmagazin:
Also spiegelt die Zahl
Umsatz pro Mitarbeiter keinen Misser-
folg des Personalvorstands wider?
Sattelberger:
Nein. Da muss ich mü-
de lächeln. Wir haben es seit 2008
geschafft, den Personalaufwand von
damals fünf Milliarden bei T-Deutsch-
land um deutlich mehr als eine halbe
Milliarde Euro zu senken. Gleichzei-
tig ist der Umsatz um 2,5 Milliarden
zurückgegangen. Hätten wir den
Personalaufwand um 2,5 Milliarden
senken können? So etwas geht selbst
in tiefen Krisen kaum. Aber in der
Tat: Diese Diskussion musste ich mit
meinem Finanzkollegen führen.
personalmagazin:
Wo sehen Sie Erfolge als
Personalvorstand der Telekom?
Sattelberger:
Erstens: Wir hatten in den
Jahren 2007 und 2008 sehr schwie-
rige Arbeitskonflikte in den Servicebe-
reichen und Callcentern, bei denen es
nicht nur gelungen ist, die Arbeitskos-
ten zu senken, sondern auch Struk-
turen zu dezentralisieren und die
Kundenorientierung zu verbessern.
Damit haben wir dem Unternehmen
die Atmungsfähigkeit zurückgegeben,
die Grundlage für die Verteidigung
des Kerngeschäfts und den Aufbau
des Neugeschäfts war und ist.
personalmagazin:
Gibt es weitere Punkte?
Sattelberger:
Zweitens haben wir die
qualitative Personalplanung als neuen
HR-Kernprozess eingeführt. Sie er-
laubt uns eine Mittelfristbetrachtung
zu vier Parametern: Welche Kom-
petenzen brauchen wir, in welcher
Menge, in welcher Altersstruktur und
zu welchen Preisen? Die klassische
Personalplanung sieht ja nur Men-
ge und Preis. Dazu gehört übrigens
auch Gesundheitskompetenz, da uns
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PORTRÄT
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personalmagazin 06 / 12
„Als Charismatiker kannst du eine Frauenquote
verkünden. Aber das hilft ja nichts, wenn es keine
HR-Funktion gibt, die das versteht und umsetzt.“