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personalmagazin 09 / 12
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Recht
_Urteilsdienst
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Befristungsrecht: Die magische 13 ist nur ein Indiz
Kettenbefristungen sind nicht generell
unwirksam. Sie können jedoch ab einer
bestimmten Häufung und Gesamtdauer
einer Missbrauchskontrolle zum Opfer
fallen. Diese sieht das Bundesarbeitsge-
abschließt. Das gelte auch dann, wenn
diese jeweils für sich genommen ei-
nen gesetzlich anerkannten sachlichen
Grund im Sinne des § 14 Abs 1 Nr. 3
TzBfG darstellen.
richt als Aufgabe der Tatsachengerichte
an, der spätestens dann zwingend nach-
zugehen ist, wenn ein Arbeitgeber 13
unmittelbar hintereinander geschaltete
Arbeitsverträge über elf Jahre hinweg
Urteil des monats
Der Entscheidung liegt ein langjähriger Rechtsstreit zugrunde, den
eine Schreibangestellte des Amtsgerichts Köln führte. Sie war elf
Jahre aufgrund von 13 befristeten Arbeitsverträgen als Vertretungs-
kraft tätig gewesen. Aus Sicht des Arbeitgebers eine klare Sache, da
das Gesetz ja ausdrücklich die Vertretungsbefristung als Sachgrund
für einen befristeten Arbeitsvertrag beschreibt. Das wurde auch in
Teil eins der Entscheidung vom BAG, das sich zuvor durch eine An-
frage beim EuGH abgesichert hatte, bestätigt. In Teil zwei des Urteils
geben die Bundesrichter dem geneigten Leser jedoch eine neue
„Denksportaufgabe“ mit auf den Weg. Stets sei zu prüfen, ob „Zahl“
und „Dauer“ hintereinandergeschalteter Verträge nicht doch zu viel
des Guten sind und zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag führen.
Das Problem für die Praxis ist, dass sich aus dem Urteil allenfalls
ablesen lässt, dass eine Gesamtdauer von mehr als elf Jahren bei 13
Befristungen ein erhebliches Indiz für die Unzuläsigkeit einer Befri-
stungskette ist. Alles weitere, so dachte wohl das BAG, müsse sich
vor dem Tatsachengericht, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen
wurde, klären. Bevor dies aber in eine erneute und damit sechste
Runde (!) gehen musste, hatten sich die Parteien außergerichtlich
geeinigt. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass wieder einmal ein neuer
AGG-Fristen
Zusammenfassung
Will ein Bewerber geltend machen, er sei
wegen eines durch AGG verbotenen Merkmals nachteilig behan-
delt worden, so muss er für alle Ansprüche auf Schadensersatz die
Zweimonatsfrist des §15 Abs. 4 AGG beachten. Die Frist beginnt in
dem Moment, indem der Bewerber das Ablehnungschreiben erhält.
relevanz
Der Großteil an AGG-Klagen wird nicht aus einem be-
stehenden Arbeitsverhältnis, sondern von abgelehnten Bewerbern
angestrengt. Im Urteil wird klargestellt, dass die einzuhaltende
gesetzliche Ausschlussfrist mit Kenntnis der Stellenabsage zu laufen
beginnt. Auf Dokumentation und Beweisbarkeit des Zugangs der
Absageschreiben sollte daher geachtet werden.
tariflicher Vorvertrag
Zusammenfassung
Sieht eine Tarifnorm unter bestimmten Bedin-
gungen eine zukünftige Verpflichtung zur Änderung von Tarifnormen
vor, so ist dies als Vorvertrag auszulegen. Dieser ist für eine Klage
als „Hauptvereinbarung“ nur geeignet, wenn er hinreichend klar
bestimmt ist.
relevanz
Das Urteil ist für zahlreiche Tarifabschlüsse und Streitig-
keiten durchaus von Bedeutung, denn häufig werden in Tarifver-
einbarungen für die Zukunft Absichtserklärungen abgegeben, die
im Streitfall allenfalls zur Neuaufnahme von Tarifverhandlungen
verpflichten, keinesfalls zu einer direkten Umsetzung im Klagewege
geeignet sind.
arbeitsrechtlicher Risikofaktor aufgetaucht ist und die Beantwortung
der Frage, ab welcher Schwelle sich dieser sich denn tatsächlich
realisiert, wie immer lautet: Es kommt darauf an.
Durch vier Instanzen klagte eine Schreibkraft auf Entfristung.
Quelle
BAG, Urteil vom 18.7.2012, 7 AZR 443/09
Zum Thema ...
Personalmagazin 4/2012, Seite 76
Quelle
LAG Köln, Urteil vom 6.1.2012,4 SA 776/11
Zum Thema ...
Personalmagazin11/2009, Seite 72
Quelle
BAG, Urteil vom 21.6.2012, 8 AZR 188/11
Zum Thema ...
Personalmagazin 2/2012, Seite 64