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personalmagazin 09 / 12
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Organisation
_Pensionspläne
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
berücksichtigen und die strategische Un­
ternehmens- und Personalplanung der
nächsten Jahre einzubeziehen.
Im Einzelnen umfasst ein Stresstest
drei Schritte. Im ersten Schritt werden
zunächst, abhängig vom Versorgungs­
werk und den relevanten Einflussgrö­
ßen, konkrete Szenarien festgelegt.
Gegenstand sind hierbei zum Beispiel
Annahmen über rechtliche Verände­
rungen sowie Rechnungszins, Annah­
men zu Inflation, Gehaltsdynamik oder
Biometrie, abhängig von den jeweils für
das Unternehmen maßgeblichen Gege­
benheiten. Diese Prämissen werden im
Rahmen des Stresstests um extreme,
aber in sich plausible Veränderungen in
der Zukunft variiert und in unterschied­
lichen Kombinationen (Szenarien) abge­
bildet.
Im zweiten Schritt werden die recht­
lichen und betriebswirtschaftlichen Fol­
gen dieser Szenarien dargestellt und
die folgenden Auswirkungen der geän­
derten Prämissen errechnet:
• Veränderungen auf Passiv- und Aktiv­
seite der Bilanz
• Veränderung des Finanzierungsgrads
• Veränderung des Cashflows.
Auf Basis dieser Ergebnisse werden
als dritter und letzter Schritt geeignete
Maßnahmen zur Risikominimierung
(wie beispielsweise Leistungsplanände­
rungen, Änderung der Kapitalanlage­
struktur) definiert.
Rechenbeispiel zum
veränderten ­Rechnungszins
Am Beispiel eines Unternehmens mit
1.000 Mitarbeitern soll verdeutlicht wer­
den, zu welchen Aussagen ein Stresstest
kommen kann: Das Unternehmen hat
zwei Versorgungswerke, die lebensläng­
liche Rentenzahlungen vorsehen. Das
ältere Versorgungswerk ist endgehalts­
abhängig, das neue, das für Dienstein­
tritte ab dem 1. Januar 2008 gilt, ist eine
beitragsorientierte Leistungszusage.
Beide Versorgungswerke im Beispiels­
fall weisen einen gemischten Bestand
auf, bestehend aus aktiven und mit
unverfallbaren Anwartschaften ausge­
schiedenen Mitarbeitern.
Ausgangslage
Bislang ging das Unternehmen bei sei­
nen Bewertungen von folgenden Para­
metern aus:
• Rechnungszins von fünf Prozent
•Rentenanpassung beziehungsweise In-
flation von 1,5 Prozent
• Bezügedynamik von 2,5 Prozent
• Fluktuation fünf Prozent
• Sterblichkeit nach Heubeck 2005 G
Veränderung durch Stresstest
Im Rahmen des Stresstests werden nun
diese Parameter zugrunde gelegt:
• Rechnungszins von vier Prozent
•Rentenanpassung beziehungsweise In-
flation von 2,5 Prozent
• Bezügedynamik von 3,5 Prozent
• Fluktuation fünf Prozent
• Sterblichkeit nach Heubeck minus
zehn Prozent (also zehn Prozent längere
Lebenserwartung).
Ergebnis
Als Ergebnis zeigt sich, dass die Pen­
sionsrückstellungen unterschiedlich
ansteigen: Durch die längere Lebens­
erwartung um zwei Prozent, durch die
erhöhte Rentenanpassung um zwölf Pro­
zent, durch die höhere Bezügedynamik
Dr. Ralf Laghzaoui
ist Partner bei
Mercer in Deutschland.
um fünf Prozent und durch den nied­
rigeren Rechnungszins um 19 Prozent.
Die Veränderung der Parameter ergibt
also auf den ersten Blick einen Anstieg
der Pensionsrückstellungen um 38 Pro­
zent. Da aber das gleichzeitige Einwir­
ken von höherem Zins und längerer
Lebenserwartung dynamisch auf das
Versorgungswerk einwirken, liegt die
Steigerung tatsächlich bei 45 Prozent.
Der Stresstest macht deutlich, dass
die hier betrachteten Versorgungswerke
des Unternehmens besonders sensi­
tiv auf eine Änderung des Rechnungs­
zinses reagieren. Grund ist, dass die
Versorgungsberechtigten relativ jung
sind, sodass sich ein veränderter Rech­
nungszins besonders lange auswirkt.
Um dieses Risiko zu vermeiden, könnte
bei Planneuordnungen die Höhe der
Leistungen aus dem Versorgungswerk
an die Entwicklung der Zinsen gekoppelt
werden. Bei Ausfinanzierung der Versor­
gungsverpflichtungen und Bindung der
Höhe der Versorgungsleistungen an die
Zinsentwicklung des Finanzierungsve­
hikels würden sich hingegen Aktiv- und
Passivseite der Bilanz weitestgehend
gleichförmig entwickeln.
Praxisbeispiel
Einflussfaktoren auf pensionspläne
Die Abbildung zeigt die wesentlichen Einflussfaktoren auf das Risikoprofil der betrieb-
lichen Pensionspläne. Positive wie negative Veränderungen beeinflussen entweder das
Versorgungsvermögen des Versorgungswerks oder den Verpflichtungsumfang.
Versorgungswerk
Langlebigkeit
Trend/ soziale
­Situation
Quelle: mercer
Inflation/Renten­
anpassung
Finanzierung
Zins
Rechnungszins /
Kapitalanlagenzins
Gehaltsdynamik
Recht
Arbeits-, Steuer-,
Bilanzrecht