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Management
_Trauerfall
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
gabe für die Personalabteilung. „In der
Praxis ist die Sprachlosigkeit in den Fir-
men aber erschütternd groß, und falsche
Reaktionen verschlimmern oft die Situa­
tion“, berichtet Ulrich Welzel. Dahinter
stecke Unsicherheit. Darum rät der Trau-
erexperte dringend, zumindest die Un-
ternehmensführung für die Thematik zu
sensibilisieren und zu schulen.
Antonia Anderland weist zudem auf
die im englischsprachigen Raum ver-
breiteten Trauerleitfäden hin, welche für
Unternehmen entwickelt werden. Darin
würde als Handreichung für Vorgesetz-
te und Kollegen schriftlich festgehalten,
was im Trauerfall zu beachten ist.
Dazu gehöre vor allem, das Gespräch
anzubieten und nicht in Schweigen zu
verfallen, sagt Welzel. Die Anteilnahme
müsse auch zum Ausdruck kommen –
und sei es nur mit den Worten „Ich weiß
nicht, was ich sagen soll!“ oder gar nur
mit einem stillen Händedruck. Das weit-
verbreitete „Wie geht es dir?“ indes sei
eine wenig hilfreiche Frage. Was soll der
Betroffene da schon sagen? Viel besser
sei die Frage„Wie geht es dir heute?” – die
eröffne nämlich Raum für echten ­Dialog.
„Wichtig ist zudem, Trauernden wirk-
lich ausreichend Zeit zu lassen, um
wieder zu sich zu finden“, rät Welzel.
Mit Sonderurlaub zum Trauern und
Abschiednehmen sollte großzügig um-
gegangen werden, ebenso mit vorüber-
gehenden Arbeitszeitreduktionen. Das
rechne sich sogar. „Mittel- bis langfristig
drohen ansonsten Krankheitsausfälle
oder am Ende auch die Kündigung“, sagt
Welzel. Empfehlenswert sei außerdem,
wenn die Personalabteilung hilfreiche
Adressen zur Bewältigung der Trauer
sammle und zusammenstelle, also etwa
Kontakte zu Seelsorgern, Beratungsstel-
len und Therapeuten.
Wenn ein Mitarbeiter verstirbt
Nochgrößer sinddieHerausforderungen,
wenn einMitarbeiter verstirbt. „Der Kon-
dolenzbesuch bei den Hinterbliebenen
ist Pflicht. Da ist die Führungsriege des
Unternehmens gefragt“, sagt Ulrich Wel-
zel. Auch das Kondolenzschreiben sollte
keinesfalls die Sekretärin oder gar der
Azubi verfassen. „Hier passieren viele,
teils haarsträubende Fehler“, so Welzel.
Keinesfalls etwa sollte ein normaler Ge-
schäftsbriefbogen genutzt werden. Das
Schreiben sollte vielmehr ein Vorstand
des Unternehmens mit Füller auf einem
neutralen Briefbogen in persönlichem
Ton verfassen. Zu vermeiden sei ferner,
den Brief durch die Frankiermaschine
laufen zu lassen. „Das alles mögen Klei-
nigkeiten sein, doch hier geht es letztlich
um Wertschätzung“, erklärt Welzel.
Zur Beerdigung sollten zumindest die
direkten Kollegen freigestellt, – aber
nicht zum Besuch verpflichtet werden.
Pflicht ist laut Welzel die Beerdigung al-
lerdings für mindestens einen Vertreter
der Unternehmensspitze. Eine persön-
liche Trauerrede ist ein optionaler zu-
sätzlicher Ausdruck des Respekts.
Auch die Imagewirkung bedenken
„Die eigene Belegschaft beobachtet
aufmerksam, wie ihr Arbeitgeber mit
Trauerfällen umgeht“, sagt Antonia An-
derland. Ein bedachtes, respektvolles
Vorgehen sei daher auch ein ungemein
wertvoller Beitrag zum Betriebsfrieden.
Die Außenwirkung sei ebenfalls kaum
zu überschätzen. Es spreche sich schnell
herum, wie Firmen in solchen Situatio­
nen handeln – was nicht zuletzt auch das
Employer Branding betrifft. Bei Beerdi-
gungen werde mit Argusaugen regis-
triert, wie viele und welche Vertreter ein
Unternehmen entsende. Ebenso wach-
samwürden öffentliche Stellungnahmen
– oder deren Ausbleiben – wahrgenom-
men. Anderland: „Das muss Personalern
bewusst sein. Da kann schnell viel zu-
nichte gemacht werden, was zuvor müh-
sam aufgebaut worden ist.“
HOLGER SCHINDLER
arbeitet als freier
Wirtschaftsjournalist in Freiburg.
Die folgenden Punkte sind Denkanstöße für Personaler, die sich und ihr Unternehmen
gezielt auf die Themen Tod und Trauer vorbereiten wollen.
Umgang mit Tod und Trauer im Betrieb
Praxisbeispiel
Checkliste
Im Vorfeld und grundsätzlich
Schulung der Unternehmensführung und der Personalverantwortlichen /
Erarbeitung eines schriftlichen Trauerleitfadens / Eventuell jährliche kleine
Gedenkfeier für verstorbene Kollegen.
Beim Trauerfall im nahen Umfeld eines Mitarbeiters
Persönliches Mitgefühl ausdrücken / Persönliche Kondolenzkarte / Freistel-
lung für akute Trauer und Beerdigung (eventuell verlängern) / Vorgesetzten
und direkte Kollegen auf die Rückkehr des trauernden Mitarbeiters vorbe-
reiten (Unsicherheit reduzieren) / Falls nötig, übergangsweise Arbeitszeit
reduzieren / Im Gespräch bleiben, Gesprächsangebote machen („Wie geht
es Ihnen heute?“) / Auf weitergehende Hilfen seitens Dritter hinweisen.
Beim Tod eines Mitarbeiters
Persönlicher Besuch bei den Hinterbliebenen (erster Besuch unmittelbar
nach dem Tod des Mitarbeiters zum Kondolieren, zweiter Besuch, falls
nötig, ein bis zwei Wochen später zur Besprechung der Formalitäten) /
Persönliches Kondolenzschreiben / Großzügige Regelung der noch offenen
Vergütungsansprüche / Traueranzeige in der Zeitung / Besuch der Beerdi-
gung oder Trauerfeier (Mitarbeiter dafür freistellen, an Kranz oder Blumen
denken) / In Absprache mit den Hinterbliebenen Trauerrede vorbereiten /
Langfristig mit den Hinterbliebenen Kontakt halten.
Quelle: UlRich Welzel