Seite 32 - PM1112_Gesamtausgabe

Basic HTML-Version

personalmagazin 11 / 12
32
Management
_Potenzialanalyse
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
teilgenommen hat. Liegen noch Lücken
in einigen Schlüsselqualifikationen vor,
gibt das Test-FeedbackAnhaltspunkte für
alternative Überlegungen der Karriere­
planung. Bei einer solchen Regelung hat
der Mitarbeiter die volle Kontrolle über
die Bekanntgabe seiner Ergebnisse. Dies
verhindert den Gesichtsverlust der nicht
geeigneten Interessenten vor Kollegen
und Führungskräften.
Skalen individuell anpassen
Es wird nicht ein einzelner vorgegebener
Test für alle Fragestellungen verwen­
det. Sondern das Unternehmen kann
aus einer umfangreichen Liste psycho­
logischer Skalen gezielt nur diejenigen
auswählen, die den konkreten Anforde­
rungen der Stelle oder Personalentwick­
lungsmaßnahme entsprechen. Damit ist
auch die rechtliche Vorgabe erfüllt, dass
nur für die Aufgabenerfüllung relevante
Informationen von Mitarbeitern erfasst
werden dürfen. Solche Potenzialanaly­
sen für Weiterbildungen im gehobenen
Spezialistenbereich wie im Beispiel der
Deutschen Bank beinhalten oft Skalen
zum „Anspruchsniveau an sich selbst“,
zur „Einsatzbereitschaft“, „Reaktion
auf Belastung“, „Lernbereitschaft“ und
„Leis­tungsmotivation“, aber auch „Pro­
blemlösefähigkeit“, „Flexibilität im
Denken“ und „Kreativität unter vorge­
gebenen Rahmenbedingungen“.
Zudem muss festgelegt werden, wie
hoch die Werte eines Teilnehmers ausge­
prägt sein müssen, um den ­spezifischen
Anforderungen zu entsprechen. Bei­
spielsweise erfordern viele Positionen
eine gute verbale Denkfähigkeit. Diese
muss allerdings für die Teilnehmer an
einer Weiterbildung zu Rechtsfragen
beispielsweise noch viel stärker ausge­
prägt sein, als bei einer Schulung für
das Verständnis komplexer technischer
Prozesse. Für die Passung dazu wären
hohe Ausprägungen zum Beispiel auf
Skalen relevant, die das räumliche Vor­
stellungsvermögen messen, eine Fähig­
keit, die wiederum Juristen nur wenig
benötigen.
Objektive Entscheidungshilfen
Nach der Testdurchführung über das In­
ternet, je nach Vereinbarung amArbeits­
platz oder von einem privaten Rechner
aus, wird für jede Skala geprüft, ob die
Testwerte des Teilnehmers innerhalb
oder außerhalb des gewünschten Be­
reichs liegen. Dadurch kann die Passung
des Teilnehmers zu den Anforderungen
der Entwicklungsmaßnahme oder Stelle
festgestellt werden.
Im einfachsten Fall bildet man da­
nach eine Reihenfolge nach den
Abweichungen: Stehen etwa für die aus­
geschriebene Fortbildung zehn Plätze für
20 Bewerber zur Verfügung, können die
zehn Kandidaten mit der geringsten Zahl
an Abweichungen, also den wenigsten
Überschreitungen der gewünschten Be­
reiche, ausgewählt werden. Auf Wunsch
des Auftraggebers ist es aber auch mög­
lich, bestimmte Abweichungen stärker
zu gewichten oder das Ausmaß einzelner
Abweichungen auszuwerten. Auch Aus­
sagen ohne den unmittelbaren Vergleich
mit anderen Teilnehmern sind möglich,
etwa wenn bei der Anforderungsanaly­
se festgelegt wird, dass es offensichtlich
keinen Sinn hat, Interessenten mit mehr
als „X“ Abweichungen zur akzeptieren.
Wenn auf vergleichbare Fälle im sel­
ben Unternehmen zurückgegriffen
werden kann, kann man statt solcher
Setzungen von „X“ auch anhand der
späteren Erfolge der Mitarbeiter em­
pirisch bestimmen, wie hoch „X“ sinn­
vollerweise anzusetzen ist. Für solche
Validierungsstudien wurden von Eligo
spezielle IT-Programme entwickelt, die
aus solchen Daten automatisch die bes­
ten gewünschten Bereiche aus den aus­
gewählten Testskalen ermitteln.
In vielen Fällen – wie auch bei der
Auswahl für die Deutsche Bank – er­
folgt die Auswertung der Ergebnisse
einschließlich der Ermittlung der indi­
viduellen Passung vollautomatisch. Bei
vielen Teilnehmern ist dies auch die
günstigste Vorgehensweise. Bei kleine­
ren Fallzahlen kann man zusätzlich mit
den Interessenten persönlich sprechen,
um mögliche Ausgleiche von Defiziten
abzuklären oder Verständnis für das –
gegebenenfalls negative – Ergebnis zu
schaffen und individuell passendere Ent­
wicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Mitarbeiter schätzen das Verfahren
Schon das Angebot, sich mit seinen per­
sönlichen Stärken auseinanderzusetzen
und diese für die eigene Karriere zu nut­
zen – unterstützt vom Arbeitgeber –,
sorgt für eine hohe Motivation und stei­
gert die Bereitschaft zur Weiterbildung
auch im Kleinen. Die Testverfahren sto­
ßen bei den Teilnehmern auf hohe Ak­
zeptanz. Nach sechsjähriger Erfahrung
scheint auch die Aussagekraft sehr hoch
zu sein. Im Beispiel der Deutschen Bank
schlossen weniger als drei Prozent eines
Jahrgangs den Studiengang nicht erfolg­
reich ab – so zeigt sich die Treffsicher­
heit der Vorauswahl.
Christa Mette
ist Senior Consultant bei der
Eligo GmbH.
Prof. Dr. Heinrich Wot-
tawa
ist Lehrstuhlinhaber
an der Ruhr-Uni Bochum und
Geschäftsführer von Eligo.
Liegen noch Lücken in
einigen Schlüsselqualifi­
kationen vor, gibt das
Test-Feedback Anhalts­
punkte für alternative
Überlegungen in der eige­
nen Karriereplanung des
Mitarbeiters.