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Editorial
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„Kann ein Krüppel Kanzler werden?“ wurde Wolfgang Schäuble vor
Jahren gefragt. Ob die Deutschen damit klar gekommen wären, wis-
sen wir nicht. Was wir aber wissen: Seit drei Jahren reüssiert er als
Finanzminister, angesehen in ganz Europa, und bewältigt einen der
stressigsten Jobs der Republik. An der Person Schäuble und an Malu
Dreyer, jüngst zur neuen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz
ausgerufen, zeigt sich: Die In-
klusion, wie das Zusammen-
leben von Menschen mit und
ohne Handicap genannt wird,
wird selbstverständlicher. Da-
zu leisten viele Firmen einen
zentralen Beitrag. Wir haben
eindrucksvolle Beispiele auf-
gezählt, wie Unternehmen
Menschen mit Behinderung
so integrieren, dass beide
Seiten davon profitieren (ab
Seite 22). „Die Kolleginnen er-
ledigen nicht nur ihre Arbeit
hervorragend, sondern sind eine Bereicherung für das Team“, stellt
etwa Uta Geppert, Personalmanagerin bei Kaufhof fest.
Doch warum zahlen Betriebe nach wie vor lieber Abgaben, statt in
Zeiten des Fachkräftemangels Menschen mit Behinderung einzustel-
len? Es sind meist nicht formale Hindernisse wie der erhöhte Kün-
digungsschutz – das wird eher vorgeschoben. Ausschlaggebend ist
häufig die fehlende Erfahrung oder Phantasie, wie Menschen mit Be-
hinderung erfolgreich eingesetzt werden können. Die Inklusionsfra-
ge ist: Wie werden spezifische Fähigkeiten produktiv genutzt? Eine
Antwort gibt die IT-Firma Auticon, die Asperger-Autisten zum Testen
von Software einsetzt. Das Beharren auf Routinen und unverrück-
baren Strukturen ist hier kein Stör-, sondern ein Produktivfaktor.
Ihr
„Bei Men-
schen mit
Behinde-
rung geht
es nicht
um Sozial­romantik,
sondern um einen Pro-
duktivfaktor.“
Reiner Straub, Herausgeber
Liebe Leserinnen und Leser,