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personalmagazin 11 / 12
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titel
_Menschen mit Behinderung
Bereicherung für das Team
Praxis.
Viele Unternehmen scheuen den Aufwand, den die Beschäftigung von
Menschen mit Behinderung mit sich bringt. Vier Beispiele zeigen, wie alle gewinnen.
Start eine Zusammenarbeit auf Probe,
für die ein Rahmenvertrag mit der MIG
abgeschlossen wurde. Jetzt hat sich das
Modell bewährt. Die Menschen mit Han-
dicap, die Tische abräumen, wischen
und das Geschirr spülen, bringen ihre
eigenen Vorarbeiter mit. „Da ist also im-
mer einer, der beurteilen kann, ob die
körperliche und psychische Beanspru-
chung für die 25 Mitarbeiter in Ordnung,
zu gering oder zu hoch ist“, so Goslar.
„Das könnte ich nicht so kompetent.“ Das
Arbeitstempo oder die Zahl der Mitarbei-
ter, die für eine Aufgabe eingeteilt wer-
den, bestimmt der Vorarbeiter.
In den kleineren Bereichen Recycling
und Möbelaufbau mit je vier Menschen
mit Behinderung sind Ikea-Mitarbeiter
die Ansprechpartner. Goslar beobach-
tet: „Die Werkstättenbeschäftigten ar-
beiten mit hoher Konzentration, sehr
selbstständig und mit Ehrgeiz und Ver-
antwortung.“ Wichtig bleiben geregelte
Abläufe, eine klare Arbeitszeit und das
Verhindern von Chaos oder zu vielen
Aufträgen gleichzeitig. Die Grenze zwi-
schen Mitarbeitern und Externen ver-
schwimmt leicht – auch deshalb, weil
alle in einer Kantine essen und die Werk-
stättenmitarbeiter Ikea-Berufskleidung
wie alle Angestellten des Möbelhauses
tragen, damit sie „sich dazugehörig füh-
len können“, so Goslar.
Hotel Franz: Lust auf diese Arbeit
Zugehörigkeit ist für die Motivation ein
entscheidendes Stichwort. Auch imHotel
Franz in Essen, wo die Rezeption rund
um die Uhr besetzt ist. Fünf Mitarbei-
ter teilen sich die Schichten, oft helfen
Praktikanten. Alle sind in der Lage, Gäs­
te mit und ohne Behinderung gleicher-
maßen zuvorkommend zu bedienen und
zu beraten. Denn alle kennen die Arbeit
mit behinderten Menschen oder haben
selbst Handicaps – vom schweren Wir-
belsäulenschaden bis zur begrenzten
psychischen Belastbarkeit. Auch in der
Küche und in den Bewirtungsteams, im
Veranstaltungszentrum und imCatering
sowie unter denen, die die 48 Zimmer
des barrierefreien Hotels sauber halten,
arbeiten Menschen mit körperlichen
oder geistigen Beeinträchtigungen.
Seit der Eröffnung im Mai dieses Jah-
res findet das Haus Zuspruch – es wer-
den bald weitere zu den 40 Mitarbeitern
hinzukommen, von denen rund die Hälf-
te mit Behinderungen lebt. Das Hotel
Franz wird von der In-Service GmbH be-
trieben, einer Tochter der katholischen
Behinderteneinrichtung Franz Sales
Haus. Hoteldirektorin Karin Poppinga
setzt bei der Personalauswahl darauf,
Von
Ruth Lemmer
G
leich zwei Premieren gab
es 2009 in Würzburg: Ikea
eröffnete. Und die gemein-
nützige
Modellintegrati-
onsgesellschaft (MIG), die zu den
Mainfränkischen Werkstätten gehört
und für Menschen mit Behinderung
tariflich bezahlte Arbeitsplätze schafft,
entsandte über 30 Mitarbeiter in das Mö-
belhaus. Dort arbeiten die Menschen mit
körperlicher, geistiger oder mehrfacher
Behinderung im Gastraum und in der
Spülküche, an den Recycling-Anlagen
zur Mülltrennung, im Möbelzusammen-
bau für Umtauschware, die in der Fund-
grube als Einzelstücke verkauft werden,
sowie bei der Pflege der Grünanlagen.
Ikea: Geregelte Abläufe sind wichtig
Für Thorsten Goslar, Personalleiter der
Niederlassung Würzburg, war es zum
„Die Werkstätten­
beschäftigten
arbeiten mit hoher
­Konzentration,
sehr selbstständig,
mit Ehrgeiz sowie Verantwor-
tung.“
Thorsten Goslar ist Personalleiter bei der Ikea-Nie-
derlassung Würzburg.
„Menschen
ohne Be-
hinderung
brauchen
genauso viel
Betreuung wie jene mit
Behinderung.“
Karin Poppinga ist Direktorin im Hotel Franz
in Essen.