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spezial
_Rechtsberatung
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
profil mit zentralen Stärken und Schwä­
chen heraus. In dieser Phase war von
zentraler Bedeutung, dass der externe
Berater den Prozess intensiv moderierte
und die inhaltliche Positionierung dem
Projektteam von Luther überließ. Die Po­
sitionierung sollte aus der Organisation
heraus abgeleitet werden. In der Rolle
des externen Beobachters stellte der Be­
rater, quasi als „advocatus diaboli“, die
Positionierung immer wieder infrage.
So entstand die „Employer Value Propo­
sition“ (EVP). Diese umschreibt die vor­
handenen, für die Zielgruppe relevanten
und im Wettbewerb differenzierenden
Eigenschaften von Luther.
Die Erkenntnis: In vielen Bereichen
ist Luther genauso attraktiv wie viele
Wettbewerber, ohne sich signifikant ab­
zusetzen – weder positiv noch negativ.
Bei den für die Zielgruppe relevanten
Punkten „anspruchsvolle Arbeitsaufga­
ben“, „Internationalität“ und „Entwick­
lungsperspektiven“ war dies besonders
wichtig. Es wurde deutlich, dass das Un­
ternehmen mit den besten Wettbewer­
bern mithalten kann. Gleichzeitig wurde
deutlich, dass diese Fakten in der Kom­
munikation künftig wesentlich stärker
hervorgehoben werden müssen.
Um sich vom Wettbewerb abzuheben,
mussten weitere qualitative Kriterien in
den Vordergrund gerückt werden. Ge­
rade die Unternehmenskultur zeichnet
sich organisatorisch und auch in der täg­
lichen Zusammenarbeit zwischen jün­
geren und erfahrenen Anwälten durch
eine echte Partnerschaft aus. Das Ar­
beitsklima wurde von den Mitarbeitern
als „frei von Allüren und Statusdenken“
charakterisiert. Für Wirtschaftskanz­
leien ist das nicht selbstverständlich.
Außerdem wurde das Konzept der Lu­
ther Academy, welches die Angebote für
die fachliche und persönliche Weiterent­
wicklung bündelt, von den Mitarbeitern
als herausragend bezeichnet.
Realistisch betrachteten die Mitar­
beiter die für eine Wirtschaftskanzlei
typisch hohen Leistungserwartungen.
Differenzierend hervorgehoben wurde
insoweit jedoch, dass den Mitarbeitern
im Umgang mit dieser Belastung Frei­
räume und Rahmenbedingungen ge­
währt werden, die ein angemessenes
Verhältnis von Karriere und Privatleben
ermöglichen. Angesichts der auf den Ar­
beitsmarkt drängenden Generation Y
ist das eine wichtige Erkenntnis für die
Arbeitgeberpositionierung. Gleichwohl
dürften junge Menschen, die sich für ei­
ne Karriere in einer Wirtschaftskanzlei
entscheiden, „Work-Life-Balance“ sicher­
lich anders definieren, als diejenigen,
die ein Umfeld mit einem klar geregelten
Arbeitsalltag bevorzugen.
Die Beispiele zeigen eindeutige Eigen­
schaften, die Luther positiv von Wettbe­
werbern differenzieren. Gerade in einem
Wettbewerbsumfeld, wo in Sachen Kar­
riereentwicklung einige Arbeitgeber
schonungslos nach dem Prinzip „Up or
Out“ (entweder man erreicht das nächste
­Karrierelevel oder man muss die Kanzlei
verlassen) verfahren, bot sich hier die
Chance zu einer klaren Positionierung.
Phase 4: Umsetzung
In enger Abstimmung mit den Mana­
ging-Partnern entstand anschließend
auf dieser Grundlage ein Maßnahmen­
plan. Die identifizierten Elemente wer­
den in ein Konzept zur Kommunikation
der Arbeitgeberstärken überführt. So
wurden etwa Aspekte, wie „anspruchs­
volle Mandate“, „Integration von Be­
ruf und Privatleben“ und „passgenaue
Angebote für die fachliche und persön­
liche Weiterentwicklung“, die bei aller
Leistungsbereitschaft die Kombination
aus eigenen Interessen und den berech­
tigten Interessen von Arbeitgebern und
Mandanten ermöglichen, als wichtige
Merkmale der Arbeitgebermarke mit der
Klammer „Luther und Ich – kein entwe­
der oder“ verbunden.
Der Maßnahmenplan geht weit über
das Kommunikationskonzept hinaus.
Er folgt dem strategischen Ziel, Emplo­
yer Branding nicht als einmaliges Pro­
jekt, sondern als laufenden Prozess zu
begreifen. Dieser soll vorhandene Po­
tenziale weiter stärken und zusätzliche
Differenzierungsmerkmale entwickeln.
Konsequenterweise wurden daher auch
Entwicklungsfelder definiert. Hierzu ge­
hören zum Beispiel die Weiterentwick­
lung von Instrumenten und Prozessen
für ein strukturierteres Talentmanage­
ment. Die Wirkung richtet sich damit
konsequent nicht nur an potenzielle
Mitarbeiter und Bewerber, sondern – im
Sinne eines Entwicklungs- und Retenti­
onkonzepts – auch an die bereits im Un­
ternehmen aktiven Leistungsträger.
Die Ergebnisse und Erkenntnisse des
Employer-Branding-Projekts bei Luther
bestätigten den Ansatz, die Identifikati­
on der Arbeitgebermarke als Auftakt für
ein strategisches Talentmanagement zu
nutzen. So könnenWirtschaftskanzleien
die passenden Mitarbeiter gewinnen,
entwickeln und an das Unternehmen
binden.
Torsten Schneider
ist Director Human Resources
bei der Luther Rechtsanwalts­
gesellschaft mbH in Köln.
Michael Eger
ist Manager bei der Promerit
Management Consulting AG
in Frankfurt am Main.
Junge Menschen, die eine Karriere in Wirtschafts­
kanzleien anstreben, definieren „Work-Life-Balance“
anders als diejenigen mit geregeltem Arbeitsalltag.