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MOBILE ARBEITSWELT
Grenzenlos mobil, grenzenlos tätig
EINLEITUNG. Dank Technik fallen die Grenzen im Arbeitsleben – örtlich wie
zeitlich. Das ist Fluch und Segen zugleich. Und muss gemanagt werden.
D
er Drang des Menschen nach
mehr Selbstbestimmung, ob im
privaten oder im beruflichen
Bereich, hat durch die zuneh-
mende Technisierung seines Umfelds
ein neues Ventil gefunden. Den Unter-
nehmen ist es recht. Sie geben ihren Mit-
arbeitern, wo möglich, mehr Freiheiten
bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes und
nur noch einen Zeitrahmen vor, inner-
halb dessen die gewünschte Arbeitsleis-
tung erbracht werden soll.
Mehr Produktivität, mehr Isolation
Das steigert die Produktivität der Mitar-
beiter – und auch ihre Motivation. Zumin-
dest bestätigen das einschlägige Studien
der letzten zwei Jahrzehnte, die sich mit
der Flexibilisierung der Arbeit beschäfti-
gen. Zugleich trägt es zu einer besseren
Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei
– es fördert die viel zitierte „Work Life
Balance“. Und es führt zu enormen Zeiter-
sparnissen für die Unternehmen. Einfach
weil die Bindung an starre Arbeitszeiten
wegfällt und Aufgaben zügiger erledigt
werden können. Telearbeit nannte man
diese Arbeitsform damals, als IBM 1991
das erste Unternehmen in Deutschland
war, das eine Betriebsvereinbarung zur
Einführung und Umsetzung der Möglich-
keit, auch von zu Hause aus zu arbeiten,
abschloss.
VieleUnternehmen folgtendiesemBei-
spiel, machten sich die Technik zunutze
und boten ihren Mitarbeitern flexiblere
Arbeitsbedingungen. Das aber hat Kon-
sequenzen. Es führt unter anderemdazu,
dass zwei von drei Arbeitnehmern heute
auch noch nach den üblichen Bürozeiten
erreichbar sind (Careerbuilder 2010).
Solch flexibles Arbeiten hat heute eine
neue Qualität. Bis etwa 2005/2006 fand
flexibles Arbeiten – außer für Außen-
dienstler und Servicekräfte, die sowieso
ständig unterwegs sind – noch vorwie-
gend von zu Hause aus statt: per ISDN,
mit genau definierten Regeln für den Zu-
tritt des Arbeitgebers zu den Wohnräu-
men und klaren Vorgaben, wann man zu
Hause arbeiten durfte und wie viele Tage
man im Büro anwesend sein musste. Um
nicht zu vereinsamen.
Wer seine tägliche Arbeitsleistung
häufig außerhalb der Unternehmens-
grenzen erbringt und nur selten im
Büro auftaucht, für den besteht darüber
hinaus die reale Gefahr, sich vom Unter-
nehmen zunehmend abzukoppeln. Des-
halb stellt die wachsende Mobilität der
Arbeitnehmer andere und erheblich hö-
here Anforderungen an den Umgang und
das Miteinander von Führungskräften
und auch Personalern mit den Mitarbei-
tern. Denn die Mitarbeiter müssen nach
Zielvereinbarungen geführt und deren
Leistung nach dem Ergebnis der Zieler-
reichung bewertet werden. (Anmerkung
der Redaktion: Lesen Sie dazu auch das
Inerview mit Professor Jutta Rump auf
den nachfolgenden Seiten.)
Aus Telearbeit wird „Mobile Working“
Die Einführung der Telearbeit war der
Startschuss für eine Veränderung der
Arbeitswelt, die in der Moderne ihres-
gleichen sucht. Das bisherige Ergebnis:
Laut einer groß angelegten Studie des
Bürodienstleisters Regus bieten heute
weltweit 81 Prozent aller Firmen ihren
Mitarbeitern flexibilisierte Arbeitsbe-
dingungen hinsichtlich Wahl des Orts
und der Zeit an, zu der sie arbeiten wol-
len. In Deutschland sind es laut aktueller
Mercer-Studie über die Zufriedenheit
mit der Arbeit immerhin knapp 60 Pro-
zent der Arbeitgeber.
Die zunehmende Verbreitung von
E-Mails und Internet ab etwa Ende
der 90er-Jahre, die Verfügbarkeit von
schnellen Datenleitungen, leistungsfä-
higen Laptops und Notebooks, von im-
mer mehr Software-Lösungen, mit denen
das gemeinsame Arbeiten, losgelöst von
räumlichen Grenzen, möglich ist, wirk-
ten wie ein Brandbeschleuniger. Und seit
Kurzem beschert die wirbelsturmartige
Verbreitung von Smartphones und nun
auch Tablet-PC wirklich grenzenloses Ar-
beiten. Rund um die Uhr und an jedem
online-fähigen Ort.
Grenzen verschwinden
Überall, ob im Zug, in den Lounges der
Fluggesellschaften, in Hotels, an öffent-
lichen Plätzen, teilweise sogar während
Wartezeiten in Autowerkstätten, steht
Infrastruktur zur Erledigung der Arbeit
zur Verfügung. Aus der Telearbeit wurde
„Flexible Work“ und aus dieser das mo-
bile Arbeiten. Mit einer Fülle von Kon-
sequenzen auch für die Unternehmen,
die, wie beispielsweise IBM, sogar ihre
komplette Büroinfrastruktur den neu-
en Arbeitsbedingungen anpassten: Wer
etwas im Büro zu erledigen hat, meldet
sich am Eingang an, sucht sich einen
Arbeitsplatz, loggt sich ein und arbeitet.
Von
Ulli Pesch