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PORTRÄT
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an daniela. furkel@personalmagazin.de
personalmagazin 10 / 11
STUDIE
Seit 2007 veröffentlicht die Boston
Consulting Group (BCG) jährlich
zusammen mit den internationalen
Organisationen vor Ort (EAPM,
WFPMA) die Studienreihe „Creating
People Advantage“ zu den Trends
im Personalmanagement. Darin
wird auch danach gefragt, welches
Unternehmen als Vorbild beim
Personalmanagement gilt. „Google
wurde mit großem Abstand am
häufigsten genannt“, so Studien-
initiator und BCG-Senior-Partner
Rainer Strack. Die komplette Studie
ist auf www.bcg.com verfügbar.
BCG-Studie fragt nach Vor-
bildern im HR-Management
wirklich ist, und Treue aufbauen kann.
Dies haben wir bewusst getan. Viele
Unternehmen haben zum Beispiel
Löhne und Gehälter eingefroren. Wir
nicht. Viele Unternehmen haben einen
Beförderungsstopp verhängt. Wir nicht.
All diese Dinge, die man irgendwie
erwartet, haben wir nicht getan. Und
wir haben besonders darauf geachtet,
ausscheidende Mitarbeiter angemes-
sen und großzügig zu behandeln. So
haben wir unsere Abfindungen zum
Beispiel erhöht und wenn sich später
herausgestellt hat, dass Mitarbeiter,
die gegangen waren, schlechter gestellt
waren, als Mitarbeiter, die erst später
gegangen sind, haben wir diese im
Nachhinein entschädigt.
personalmagazin:
Welche Instrumente
setzen Sie ein, um die Stimmung unter
Ihren Mitarbeitern zu beobachten?
Bock:
Wir beobachten die Personalbin-
dung und die Fluktuation und versu-
chen, Muster zu erkennen. Wir führen
eine jährliche Mitarbeiterbefragung,
den sogenannten „Googlegeist“ durch,
und wir bekommen sehr viel qualita-
tives Feedback. Es gibt eine Vielzahl
von Fokusgruppen während des ganzen
Jahres, und wir hören sehr genau hin,
was im Unternehmen vor sich geht. Wir
schauen uns auch an, was Mitarbeiter
intern und extern schreiben.
Hervorzuheben ist, dass wir bei
strukturellen Dingen, wie der Mitar-
beiterbefragung, auch ein Aufwärts-
Feedback haben. All diese Tools haben
wir zunächst pilotiert und getestet und
dabei enorm viel Input von den Google-
Mitarbeitern erhalten. Die Beteiligung
bei unserer jährlichen Mitarbeiterbefra-
gung lag im letzten Jahr bei 86 Prozent,
was enorm ist. Dies liegt daran, dass
die Mitarbeiter mitgeholfen haben, den
Fragebogen zu gestalten und aufzubau-
en, und eng einbezogen wurden. Und
die Ergebnisse der Befragung werden
auch wirklich genutzt. Jedes Vorstands-
mitglied hat Ziele für das Jahr. Keine
schwammigen Ziele wie „das Engage-
ment erhöhen“, sondern ganz konkrete
Vorgaben wie „wir werden in diesem
Jahr an drei Problemen im Vertrieb an-
setzen“. Ganz real und ganz konkret. So
können wir nicht nur sehen, was pas-
siert, sondern auch wirklich etwas tun.
Und die Mitarbeiter werden motiviert,
ihre Meinung zu äußern, weil diese
zählt. So ergeben sich positive virtuelle
Kreisläufe, was sehr schön ist.
personalmagazin:
Ein derart demokra-
tisches Umfeld erfordert bestimmte Fä-
higkeiten der Führungskräfte. Welche
wollen Sie besonders fördern?
Bock:
Wir stellen immer wieder fest,
dass wenn neue Mitarbeiter zu Google
kommen viele – besonders auf höheren
Ebenen – bestimmte Verhaltensweisen
erst „entlernen“ müssen. Zum Beispiel,
dass Glaubwürdigkeit und Einfluss
bei Google nicht eine Frage des Titels
und der Kompetenzen sind. Worauf
es ankommt, ist die Fähigkeit, einen
Standpunkt zu formulieren und dann
erfolgreich zu argumentieren. Politik
hat im Unternehmen keinen Platz.
Das Schlimmste, was man tun kann,
ist, sich selbst in den Vordergrund zu
stellen und politisch zu taktieren. In
vielen Organisationen kann man sagen:
„Ich mache eine Notiz dazu für den CEO
oder für meinen Vorgesetzten.“ Bei uns
zeigt dies nur, dass man nicht verstan-
den hat, wie das Unternehmen tickt.
personalmagazin:
Einer der Gründer von
Google war ein Einwanderer und Sie
selbst sind Ausländer. Wie wichtig ist
die Mobilität der Talente für den Erfolg?
Bock:
Qualifizierte Arbeitnehmer haben
heutzutage mehr Möglichkeiten als je
zuvor. Und es ist sehr viel einfacher,
die Stelle zu wechseln, als früher. Für
ein Unternehmen wie Google ist es
besonders wichtig, dieses Potenzial zu
nutzen. Und das heißt nicht nur, überall
in der Welt neue Büros zu eröffnen.
Es gibt viele Menschen, die gerne in
Indien bleiben würden, andere würden
gerne in die USA oder nach Europa
gehen oder etwas von der Welt sehen.
Deshalb ist es wichtig, Mobilität anzu-
bieten. Für uns ist es wichtig, weltweit
mit Büros vertreten zu sein. Und wir
müssen ein Umfeld schaffen, in dem
sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Denn
sonst werden sie irgendwo anders hin-
gehen, wo sie sich selbst verwirklichen
können und frei sind.
„Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragungen werden
auch wirklich genutzt. Jedes Vorstandsmitglied hat
Ziele für das Jahr mit ganz konkreten Vorgaben.“
Das Interview führte
Dominic Field
, Partner bei
der Boston Consulting Group (BCG) in den USA.
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