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personalmagazin 08 / 10
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
GESUNDHEITSMANAGEMENT
stungskarriere (Fokus Zukunft) fester
Bestandteil künftiger Pilotbereiche der
ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung
im Unternehmen. So liefert das erwei-
terte Instrument detaillierte Aussagen
zum Umgang mit älteren Mitarbeitern,
der Eignung des derzeitigen Arbeits-
platzes für Ältere, den persönlichen
Entwicklungschancen sowie der inter-
generationellen Zusammenarbeit.
Alternsgerechte Schichtarbeit
Die Ausgangsfrage der Aktivitäten im
Themenfeld Alternsgerechte Schichtar-
beit lautet: Was müssen wir heute bei der
Schichtarbeit beachten, um langfristige
Beschäftigungsfähigkeit zu gewährlei-
sten? Ziel dieses Themenfelds ist es, die
Möglichkeiten der „Humanisierung“ der
Schichtarbeit für Ältere herauszuarbeiten
und ein gesundheitsgerechtes Schichtar-
beitsmodell für alle Altersgruppen zu ent-
wickeln. Dabei ist die Ermöglichung des
Ausstiegs eine Facette, im Mittelpunkt
jedoch steht die Diskussion der „Lebens-
phasenorientierung“. Ein zukünftiges
Modell zur Schichtarbeit soll darüber
hinaus der Erhaltung der Arbeits- und
Beschäftigungsfähigkeit dienen und eine
bessere Planbarkeit für die Mitarbeiter
zum Beispiel im Fall einer Notwendigkeit
der Pflege von Angehörigen (Work-Life-
Balance) ermöglichen. Schließlich soll es
auch den zunehmenden Erfordernissen
der Flexibilisierung und damit dem Erhalt
der Wirtschaftlichkeit Rechnung tragen.
Neben einer Bestandsaufnahme existie-
render Schichtsysteme im Unternehmen
wie auch andernorts praktizierter inno-
vativer Modelle wird deutlich, dass der
Schlüssel bei der Entwicklung eines neu-
en Schichtmodells in der Lebensphasen-
orientierung liegt. Als weiterer zentraler
Punkt zeigt sich der Konflikt zwischenMa-
schinenlaufzeiten und monetären Anrei-
zen der Nachtschicht und der Gesundheit
der Mitarbeiter. Viele Mitarbeiter rechnen
die Nachtschichtzuschläge in ihre Lebens-
planung mit ein. Bestandsaufnahme und
Gruppeninterviews mit allen Schichtbe-
reichen haben schließlich zumModell der
„freiwilligen und begrenzten Dauernacht-
schicht“ geführt. Auf den ersten Blick mag
es paradox anmuten, dieses Modell an der
einen oder anderen Stelle entgegen ar-
beitwissenschaftlicher Erkenntnisse wie
beispielsweise die von Beermann (2005)
als Ergebnis gesundheitsverträglicher
Schichtsysteme zu nennen. Bei näherer
Betrachtung werden jedoch die Vorteile
deutlich: Müssen sich nach dem „alten“
Modell viele Mitarbeiter immer wieder auf
eine Phase der Nachtarbeit einstellen und
den biologisch, sozial und psychisch kom-
pliziertenWechsel imDrei-Schicht-Betrieb
über die gesamte Berufsbiografie hinweg
bewältigen, so können sich mit dem neu-
en Modell einzelne Mitarbeiter für eine
festgelegte Zeitperiode zur Nachtschicht
entscheiden.
Vor allem für ältere Mitarbeiter, die die
Nachtschicht als Belastung empfinden,
ist dieses Modell vorteilhaft. Darüber
hinaus können Mitarbeiter die Nacht-
schichtzuschläge nur noch für begrenzte
Zeit in ihre Planung integrieren, eine Ab-
kehr vom gefährlichen Grundsatz „Geld
gegen Gesundheit“. Zudem ist das neue
Modell an einen Baustein zur Sensibili-
sierung der eigenen Gesundheit gekop-
pelt. Ein interaktiver Baustein zu Risiken
und Gefahren der Nachtarbeit und Prä-
ventionsmöglichkeiten ergänzt die klas-
sischen Vorsorgeuntersuchungen.
Ergebnisse aus Legesa als Zwischenfazit
Die bisherigen Erfolge aus demProjekt Le-
gesa sind je nach Themenfeld unterschied-
lich: Beim Themenfeld Fachlaufbahn, das
ursprünglich im Bereich „Forschung und
Entwicklung“ angesiedelt war, wurde das
schon lange gehegte Vorhaben nun von
ganz unterschiedlichen Bereichen in die
Tat umgesetzt. Die ganzheitliche Gefähr-
dungsbeurteilung als Werkzeug wird
künftig um den demografischen Blickwin-
kel erweitert. Beim Themenfeld altern(s)-
gerechte Schichtarbeit wurden völlig neue
Wege gegangen durch eine sehr eng an
den Bedürfnissen der Mitarbeiter orien-
tierte Lösung. Die Untersuchungen im
Themenfeld Chancen und Risiken der Al-
tersdiversität zeigen, dass die Altersmi-
schung im Unternehmen geschätzt wird,
die Chancen durch das Kreieren von gün-
stigen Voraussetzungen aber noch opti-
miert werden können.
Insgesamt fördert Legesa Umdenkpro-
zesse und schafft Bewusstsein für He-
rausforderungen wie einer veränderten
Rolle des klassischen Arbeits- und Ge-
sundheitsschutzes (Reindl, 2009b). Es
geht nicht um Prävention für die Mitar-
beiter, sondern um Prävention mit den
Mitarbeitern: Im Mittelpunkt steht die
Ressourcenstärkung. Mit diesem salu-
togenen Ansatz soll einem veränderten
Belastungsspektrum moderner Arbeits-
welt Rechnung getragen werden. Inno-
vative Präventionsansätze brauchen
demzufolge ein erweitertes Setting an
Akteuren als Ergänzung für den traditi-
onellen Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Schließlich ist der Titel des Projekts „Le-
benslang gesund Arbeiten“ gleichsam als
Ziel zu verstehen, welches in Form einer
interdisziplinären Aufgabe als Organisa-
tionsentwicklungsprozess zu begreifen
ist. Um das Ziel von Legesa nachhaltig zu
verfolgen, muss sich Gesundheitspolitik
in der täglichen Arbeits- und Personalpo-
litik wiederfinden.
Die im Text angegebene Literatur
finden Sie in unseren aktuellen
Downloads unter
Online
ist Referentin für betriebliches Gesund-
heitsmanagement bei der Sick AG.
Heike Faller
ist Leiter Personal- und Sozialwesen bei
der Sick AG in Waldkirch.
Rudolf Kast
ORGANISATION