Seite 18 - personalmagazin_2009_01

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DEMOGRAFIE
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personalmagazin 01 / 09
„DieWeichen stellenwir jetzt“
INTERVIEW. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz will Beschäftigung sichern und
„gute Arbeit“ fördern. Denn die Krise geht vorbei, der demografische Wandel nicht.
personalmagazin:
Gestern noch Hoch-
stimmung, heute Krisenstimmung. Hat
auch Sie der abrupte Absturz unserer
Wirtschaftslage überrascht?
Olaf Scholz:
Alle haben ein mulmiges
Gefühl. Ich auch. Gleichzeitig weiß ich
aber, dass wir besser vorbereitet in
diese Krise gehen, als noch vor wenigen
Jahren. Durch die Reformen der letzten
Jahre haben wir den Arbeitsmarkt wet-
terfester gemacht. Die Arbeitslosigkeit
ist in den vergangenen Jahren erheblich
zurückgegangen. Wir haben im Oktober
sogar die symbolisch wichtige Marke
von drei Millionen unterschritten. Das
ist ein großer Erfolg sozialdemokra-
tischer Arbeitsmarktpolitik. Mein Rat
an alle: Lasst uns das weitermachen!
personalmagazin:
Auf welche Maßnahmen
führen Sie das zurück?
Scholz:
Wir haben in der Bundesregie-
rung Maßnahmen beschlossen, um die
Beschäftigung zu sichern. Dazu gehört
der Ausbau des Sonderprogramms
für ältere und geringqualifizierte
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
(WeGebAU), um durch berufsbeglei-
tende Weiterbildung Entlassungen zu
verhindern, sowie die Verlängerung der
Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von
ursprünglich sechs Monaten auf 18 Mo-
nate. Wichtig ist, dass wir dies sowohl
dem Mittelstand als auch den Großun-
ternehmen gleichermaßen anbieten.
personalmagazin:
Und sonst?
Scholz:
Außerdem wird die Vermitt-
lung von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern verbessert, die sich in
der Kündigungsphase befinden – die
sogenannte Job-to-Job-Vermittlung: Hier
wird es tausend zusätzliche Vermitt-
lerstellen in den Agenturen für Arbeit
geben. Mein ganzer Ehrgeiz gilt dem
Versuch, Beschäftigung zu sichern.
Mein Appell in die Unternehmen lautet:
Haltet an euren Beschäftigten fest, ihr
braucht sie nach der Krise. Wir helfen
dabei mit den genannten Maßnahmen.
personalmagazin:
Noch im Sommer haben
Sie die Hoffnung auf Vollbeschäftigung
genährt. Gilt das noch?
Scholz:
Vollbeschäftigung für die Mitte
des nächsten Jahrzehnts halte ich wei-
terhin für möglich. Daran ändert auch
die aktuelle Krise nichts. Es gibt zwei
Szenarien: Entweder, wir haben viele
gut ausgebildete Fachkräfte und eine
niedrige Arbeitslosigkeit, oder wir ha-
ben einen Mangel an Fachkräften und
eine hohe Arbeitslosigkeit. Die Weichen
stellen wir jetzt.
personalmagazin:
Ihr Ministerium wirbt
über die „Initiative Neue Qualität der
Arbeit“ (INQA) für die Schaffung „guter
Arbeitsbedingungen“. Der Slogan
„Wertschöpfung durch Wertschätzung“
klingt aber angesichts von Sparpro-
grammen und Entlassungen ein biss-
chen schal. Kann er etwas bewirken?
Scholz:
Davon bin ich überzeugt. Die Ar-
beitsbedingungen müssen so gestaltet
werden, dass sie den Anforderungen
der Beschäftigten an gute Arbeit ebenso
genügen wie den Anforderungen der
Arbeitgeber an Wettbewerbs- und In-
novationsfähigkeit. Darum geht es uns
bei INQA. Eine Menge Unternehmen in
Deutschland zeigen bereits, dass dies
kein Gegensatz ist. Viele davon stellen
sich beispielsweise dem Wettbewerb
„Deutschlands Beste Arbeitgeber“. Eine
gute mitarbeiterorientierte Unterneh-
menskultur trägt zum Finanzerfolg
von Unternehmen bei. Der Ausdruck
„Wertschöpfung durch Wertschätzung“
bringt diesen Zusammenhang gut auf
den Punkt.
personalmagazin:
Sie wollen „gute Arbeit“
durch konkrete Programme fördern.
Eines davon läuft unter einem Schlag-
wort, das wir aus den 70er-Jahren ken-
nen: „Humanisierung der Arbeit.“ Was
verbirgt sich hinter dieser Initiative?
ist Bundesminister für Arbeit und
Soziales, Fachanwalt für Arbeitsrecht
sowie Förderer der „Initiative Neue
Qualität der Arbeit“ INQA.
Olaf Scholz