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PERSONALquarterly 01 / 15
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SCHWERPUNKT
_WORK-LIFE-BALANCE
erhöhten die Erklärung der Einflüsse auf den zeitbasierenden
(∆R²=0,01) und den stressbasierenden (∆R²=0,06) Konflikt
signifikant. Die situationsbedingten Faktoren Arbeitszeit und
Management-Support sowie die Big Five erklärten 19,9% des
zeitbedingten Konflikts. Dieses Modell war hoch signifikant
(F=8,58;
ρ
<0,001). Der stressbedingte Konflikt wurde zu 8,5%
von den situationsbedingten und personenbezogenen Variablen
erklärt. Auch dieses Modell war signifikant (F=3,82;
ρ
<0,001).
Diskussion
Die Analyse ergab einige signifikante Ergebnisse bezüglich
Faktoren, die auf den Work-Life-Konflikt von Unternehmensbe-
ratern einwirken. Durch die Regression wurde bestätigt, dass
die Arbeitszeit einen starken positiven Einfluss auf den zeitbe-
zogenen, nicht aber auf den stressbedingtenWork-Life-Konflikt
hervorruft. Die Arbeitszeit wirkt sich wie erwartet somit direkt
auf die erschöpfbare Ressource Zeit aus, welche für Aufgaben
im Beruf und im Privatleben zur Verfügung steht. Erst wenn es
durch diesen Zeitmangel zu Belastungen kommt, erhöht sich
der Stresskonflikt. Für Berater gehören extreme Arbeitszeiten
zu den essenziellen Bestandteilen ihres Berufsverständnisses.
Lange Arbeitstage stellen für sie deshalb keine außergewöhn-
liche Arbeitssituation dar und lösen bei ihnen infolgedessen
weniger Stresssituationen aus, sodass dieser Faktor den ent-
sprechenden Konflikt nicht signifikant beeinflusst.
ImBereich der Unternehmenskultur ergaben sich zwei grund-
legende Ergebnisse. Es zeigt sich, dass Supervisor- und Co-Wor-
ker-Support keinen signifikanten Einfluss auf die Reduzierung
von Spannungen zwischen der beruflichen und der privaten
Domäne für Berater haben. Dies überrascht, da es im deutlichen
Gegensatz zu Ergebnissen bisheriger Studien in anderen Bran-
chenkontexten und Arbeitsumfeldern steht. In der Praxis wird
der Projektleiter (Supervisor) – neben dem Kunden – häufig
als Grund für einen erhöhten Work-Life-Konflikt des Beraters
genannt. Möglich ist, dass der Supervisor nicht direkt über die
Unternehmenskultur auf den Work-Life-Konflikt des Beraters
einwirkt, sondern im Projektverlauf über das Arbeitspensum,
die Arbeitsplanung und die damit verbundene Arbeitszeit.
Überraschenderweise zeigte auch der Co-Worker-Support
keinen signifikanten Einfluss auf den Work-Life-Konflikt.
Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu anderen Studien (z.B.
Major et al. 2008). Der Ehrgeiz, die Zielstrebigkeit und der
soziale Vergleich der Berater untereinander führen zu einer
Beziehungsdynamik zwischen den Beratern, welche sich von
anderen Berufsgruppen unterscheidet. Wir vermuten, dass
das Fehlen von signifikanten Ergebnissen für einen Einfluss
des Co-Worker-Supports auf den Interrollenkonflikt eine Folge
dieser besonderen Beziehung ist. Das in vielen Beratungsor-
ganisationen geltende Up-or-out-Prinzip verschärft den Wett-
bewerb der Berater innerhalb eines Unternehmens. Es ist
denkbar, dass Unternehmensberater weniger offen mit ihren
Kollegen über Spannungen zwischen beruflichen und privaten
Anforderungen sprechen, da dies als Schwäche des Beraters im
Konkurrenzkampf ausgelegt werden könnte.
In allen durchgeführten Regressionsanalysen wurde bestä-
tigt, dass Management-Support einen negativen (also konflikt-
vermindernden) Einfluss auf den Konflikt zwischen Beruf und
Privatleben hat. Dies ist konsistent mit bisherigen Studien. Die
Unterstützung des Managements erwies sich in dieser Analyse
als wichtigster und stärkster Einflussfaktor auf den zeit- und
stressbedingten Rollenkonflikt in den Unternehmensbera-
tungen. In Beratungsorganisationen spielen die Einstellung
und die Sichtweisen des Managements eine besonders ent-
scheidende Rolle. Hier herrscht oftmals eine Kultur vor, die
lange Arbeitszeiten als Indikator für die Produktivität und Qua-
lität des Beraters bemisst. Diese Kultur wird maßgeblich von
den Einstellungen des Managements beeinflusst. Besonders
in Beratungsorganisationen bedarf es einer Kultur, in denen
über die Grenzen der eigenen Belastbarkeit gesprochen wer-
den kann, ohne dies als Zeichen von mangelndem Engagement,
Motivation oder gar als Schwäche auszulegen.
Die Erwartungen bezüglich des Einflusses der Persönlich-
keitsmerkmale konnten nur mäßig bekräftigt werden. Konsis­
tent mit anderen Studien, erwies sich die emotionale Stabilität
als einzig relevantes Persönlichkeitsmerkmal (Rantanen et al.
2005). Folglich hat dieses Merkmal, unabhängig von der Un-
tersuchungsgruppe, eine starke Wirkung auf die Reduzierung
von Konfliktpotenzialen. Alle anderen Merkmale der Big Five
zeigten analog zu vorherigen Studien auch hier keine signifi-
kanten Ergebnisse. Die einbezogenen Kontrollvariablen Alter,
Geschlecht und Anzahl der Kinder erwiesen sich (gegensätz-
lich zu anderen Studien) als nicht signifikant für die Ausprä-
gung des Work-Life-Konflikts.
Implikationen
Zusammenfassend bestätigt die in diesem Beitrag dargestellte
Analyse einige bereits aus anderen Berufsgruppen bekannte
Einflussfaktoren auf denWork-Life-Konflikt. Vor diesemHinter-
grund kann Personalmanagern oder Personalverantwortlichen
in Beratungsunternehmen empfohlen werden, insbesondere
das Management, d.h. die Partner, davon zu überzeugen, dass
die Vermeidung von Work-Life-Konflikten als Teil der Unter-
nehmenskultur und der Werthaltungen akzeptiert werden
sollte. Ferner erscheint es im Licht der vorliegenden Ergeb-
nisse günstig, in den Auswahlverfahren auf das Merkmal der
emotionalen Stabilität zu achten. Zielführend kann es darüber
hinaus sein, die mit hohen Arbeitszeiten verbundenen Kon-
flikte über das Angebot von zeitsparenden Serviceangeboten
für das Privatleben zu senken. Gleichzeitig suggerieren die Er-
gebnisse dieser Untersuchung, dass Beratungsorganisationen
nicht in allen Bereichen mit anderen Berufsgruppen vergleich-
bar sind und es eine gesonderte Betrachtung erfordert, um