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Neue Forschung
_csr
encompasses the economic, legal, ethical, and discretionary ex-
pectations that society has of organizations at a given point in
time“ (Carroll, 1979, 500).
Stakeholder-Theorie - Interessen aller Beteiligten im Fokus
Da weitgefasste CSR-Ansätze, wie das Konzept von Carroll, keine
Anhaltspunkte liefern, welche Maßnahmen ein Unternehmen
bevorzugt durchführen sollte, empfehlen viele Forscher die Ein-
bettung des CSR-Gedankens in die Stakeholder-Theorie.
In Abgrenzung zur reinen Fokussierung der Interessen der
Anteilseigner (Shareholder-Ansatz) versucht der Stakeholder-An-
satz die Ansprüche und Interessen aller Individuen und Gruppen
im Umfeld oder innerhalb einer Organisation zu erfassen, die auf
die Erreichung der Organisationsziele Einfluss nehmen können
oder durch die Verfolgung der Organisationsziele betroffen sind.
Als alternative Bezeichnung wird der Begriff Anspruchsgrup-
penkonzept verwendet. Als relevante Anspruchsgruppen werden
z. B. neben den Eignern die Gesellschaft, Öffentlichkeit, Kunden,
Lieferanten und vor allem die Mitarbeiter angesehen (Freeman,
1984; Mitchell et al., 1997). Die Stakeholder-Theorie liefert zu-
dem Anhaltspunkte, welche CSR-Aktivitäten ein Unternehmen
durchführen bzw. welchen Ansprüchen und Erwartungen der
Gesellschaft es in besonderem Maße Rechnung tragen soll. CSR
wird daher im Folgenden imRahmen des Stakeholder-Dialogs an-
gesiedelt. Aus diesem Grund wird in Anlehnung an Carroll und
der Weiterentwicklung durch Maignan et al. unter CSR die öko-
nomische, legale, ethische und philanthropische Verantwortung
eines Unternehmens verstanden, die sich aus den Ansprüchen
der verschiedenen Stakeholder ableitet (Carroll, 1979; Maignan
et al., 1999). Die gewählte Definition erweist sich als vorteilhaft,
da sie die Mehrdimensionalität von CSR berücksichtigt und zu-
gleich eine Spezifikation der Anspruchsgruppen im Sinne der
Stakeholder-Theorie vornimmt.
Eine Durchsicht der CSR-Literatur zeigt weiterhin, dass im
Rahmen der Mehrdimensionalität von CSR insbesondere die
vier CSR-Dimensionen Umwelt-, Diversity-, Produkt- und Mit-
arbeiter-Orientierung in der Forschung eine herausragende
Stellung einnehmen (z. B. Turban/Greening, 1997; Greening/
Turban, 2000; Backhaus et al. 2002). Sie stehen daher im Fokus
des weiteren Beitrags.
Abstract
Forschungsfrage:
Welche Bedeutung hat Corporate Social Responsibility (CSR) im Rah-
men der Arbeitgeberwahl?
Methodik:
Policy Capturing, Fragebogen-Technik.
Praktische Implikationen:
Die Studie zeigt einen direkten positiven Einfluss der einzel-
nen CSR-Dimensionen auf die Organisationale Attraktivität. Die Variablen Diversity- und
Mitarbeiter-Orientierung stellen hierbei die einflussreichsten Variablen dar. Wenn Unterneh-
men die Organisationale Attraktivität potenzieller Arbeitnehmer stärken möchten, sollten
sie diese Faktoren herausstellen.
Im Hinblick auf eine theoretische Fundierung der Fragestel-
lung können die Theorie der sozialen Identität sowie die Signa-
ling-Theoriewertvolle Hinweise geben.
Theorie der sozialen Identität: Die Theorie der sozialen Identi-
tät (Social Identity Theory) liefert einen bedeutenden Ansatz zur
Explikation der Wirkung von CSR auf potenzielle Arbeitnehmer.
Individuelles Verhalten wird durch Depersonalisierung des In-
dividuums bzw. durch dessen Zugehörigkeit zu einer sozialen
Gruppe erklärt und liefert einen Beitrag zur Erklärung von Grup-
penprozessen (Tajfel/Turner, 1986).
Signaling-Theorie: Mit dem Begriff Signaling wird ein Instru-
ment zur Entschärfung asymmetrisch verteilter Informationen
bezeichnet, wodurch Informationsdefizite auf Seiten der Ver-
tragsparteien (hier Arbeitgeber und Arbeitnehmer) bzgl. der
Vertragsgestaltung und –erfüllung reduziert werden können
(Spence, 1973).
Während das ursprüngliche Modell von Spence (1973) Infor-
mationsasymmetrien auf Seiten des Arbeitgebers betrachtet, bil-
den in der vorliegenden Studie in Anlehnung an die Arbeiten von
Rynes (1991) und Schmidtke (2002) Informationsasymmetrien
auf Seiten des Arbeitnehmers den Ausgangspunkt. So besteht zu
Beginn des Bewerbungsprozesses bei den Bewerbern ein hohes
Informationsdefizit, weshalb sie gerade in dieser Phase dazu
neigen, sämtliche Information, die sie erhalten, als „Signal“ für
die Arbeitsbedingungen aufzufassen (Schmidtke, 2002).
CSR-Orientierung des Unternehmens wird wahrgenommen
Es kann vermutet werden, dass Bewerber neben Faktoren wie
Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen insbeson-
dere Informationen über die CSR-Orientierung des Unterneh-
mens bspw. in Form einer Bewertung der Diversity-, Produkt-,
Umwelt- oder Mitarbeiter-Orientierung als Indikatoren bei der
Beurteilung eines potenziellen Arbeitgebers verwenden. So in-
terpretieren potenzielle Arbeitnehmer die CSR-Dimensionen
vermutlich als „Signale“ für das organisationale Wertgefüge
(Greening/Turban, 2000). Im Rahmen der Theorie der sozialen
Identität wird angenommen, dass sich die soziale Identität als
Teil des Selbstkonzepts aus der Zugehörigkeit des Individuums
zu sozialen Gruppen und in diesem Sinne durch die Merkmale
der sozialen Kategorie definiert (Tajfel/Turner, 1986). Wird davon