Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 81

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Die Idee, ein spezielles Netzwerk zur Förderung von Frauen in der Immobilienver-
waltung zu gründen, existiert schon länger. Denn Frauen sind in unserer Branche
– speziell in der WEG-Verwaltung – schlicht und einfach unterrepräsentiert. Sie sind
als Sachbearbeiterinnen oder Buchhalterinnen tätig, aber auf dem Chefsessel nehmen
sie so gut wie (fast) nie Platz. Dabei ist qualifiziertes Personal für die umfänglichen
Aufgaben der Immobilienverwaltung ohnehin Mangelware. Laut 4. DDIV-Branchen-
barometer rechnen rund 80 Prozent der befragten Immobilienverwaltungen in den
kommenden Jahren mit einem Fachkräftemangel. In der WEG-Verwaltung scheinen
die Aussichten noch düsterer zu sein. Die WEG-Verwaltung ist anspruchsvoll, denn
neben kaufmännischen und technischen Kenntnissen ist zunehmend auch rechtliches
Wissen gefragt. Doch allein daran liegt es nicht, dass wir Frauen so selten in Füh-
rungspositionen einer Immobilienverwaltung ankommen.
Die unternehmerische und berufliche Tätigkeit von Frauen ist nun einmal von Fami-
lienzeiten unterbrochen. Kinder und Familie sind für viele berufstätige Frauen (und
auch Männer) Teil der Lebensplanung. Die Interessen und Bedürfnisse von Woh-
nungseigentümergemeinschaften (WEG) sind damit aber nicht immer in Einklang zu
bringen. Eigentümerversammlungen finden zum Beispiel häufig in den Abendstun-
den statt. Altbekannte Strukturen, zum Beispiel die Gestaltung von Arbeitszeiten, ge-
hören daher zunehmend auf den Prüfstand. Wer sagt, dass man die Arbeit nicht auch
vom Home-Office aus erledigen kann? Erreichbar ist man mit dem Mobiltelefon und
Tablet-PC oder mit dem Laptop ohnehin (fast) überall. Flexible Modelle entlasten
dabei nicht nur berufstätige Frauen, sondern brechen auch „verkrustete“ Strukturen
in einem Unternehmen auf. Davon profitiert der ganze Betrieb.
Frauen haben ganz eigene Stärken – sie müssen nur erkannt und strategisch einge-
setzt werden! Nehmen wir beispielsweise die Kommunikation. Zuhören, zwischen
Mietern und Eigentümern vermitteln und Lösungen kommunizieren: Diese „Soft
Skills“ machen, neben den fachlichen Kenntnissen, einen bedeutenden Teil der
Verwaltungsarbeit aus. Sie sehen also: Der Bedarf ist da. Das DDIV-Frauennetzwerk
soll ein Ort des Austauschs und der Förderung sein. Ich appelliere an meine Kolle-
ginnen: Seien Sie selbstbewusst, setzen Sie auf Ihre Stärken und bleiben Sie einfach
mal demonstrativ sitzen, wenn es in einer Runde oder Besprechung mit (vorwiegend
männlichen) Kollegen wieder einmal heißt: „Holt einer Kaffee für alle?“
Neues Netzwerk für Frauen
Astrid Schultheis, Geschäftsführerin
Focus Immobilienverwaltung GmbH
und Vorstandsmitglied im Verband
der nordrhein-westfälischen Immo-
bilienverwalter e. V.
Altbekannte Strukturen,
zum Beispiel feste Ar-
beitszeiten, gehören auf
den Prüfstand. Flexible
Modelle entlasten nicht
nur berufstätige Frauen.
Davon profitiert das
gesamte Unternehmen.
Ich weiß, was Sie denken: Noch ein
Netzwerk zur Förderung berufstätiger Frauen!
Braucht es das wirklich? Ich meine: Ja!
Kommentar
Astrid Schultheis
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