Seite 21 - Immobilienwirtschaft_2015_02

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2.2015
Foto: DV
Neuer Schwung
für den Klimaschutz?
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as Bundeskabinett hat am 3. Dezember 2014 sein Klimapaket beschlossen. Das
„Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ und der „Nationale Aktionsplan Ener-
gieeffizienz“ umfassen ein umfangreiches Bündel an Sofortmaßnahmen und län-
gerfristigen Initiativen. Herzstück ist die Steigerung der Energieeffizienz vor allem im
Gebäudebereich. Der Gebäudebestand soll bis 2050 nahezu klimaneutral werden.
Die Sanierungsrate soll auf zwei Prozent erhöht werden. Dafür wird die KfW-För-
derung um 200 Millionen Euro aufgestockt. Und auch die steuerliche Absetzbarkeit der
energetischen Gebäudemodernisierung will die Bundesregierung endlich auf den Weg
bringen. Schließlich soll die Beratung weiter ausgebaut werden. Um Eigentümern für
aufeinander aufbauende schrittweise Einzelmaßnahmen eine langfristige verlässliche
Orientierung zu bieten, sind gebäudeindividuelle Sanierungsfahrpläne angekündigt.
Alles zielt vor allem auf die Privateigentümer, die etwa 80 Prozent der deutschen
Wohnungen halten. Doch wird dies ausreichen? Und ist die bisher praktizierte starke
Fokussierung auf die energetische Modernisierung der Gebäudehülle überhaupt der
richtige Weg? Bei den Gebäudeeigentümern wachsen die Vorbehalte gegen eine über-
triebene Dämmung. Zudem reichen in vielen Fällen die eingesparten Energiekosten
nicht aus, um die hohen Investitionen für hocheffiziente Gebäude zu refinanzieren.
Technologieoffene Diskussion gefordert
Wir brauchen deshalb dringend eine ergeb-
nis- und technologieoffene Diskussion darüber, mit welchen Maßnahmen der Gebäu-
debereich am effizientesten einen Beitrag zu den Klimaschutzzielen leisten kann. Dabei
gilt es, auf bezahlbaren Wohnraum ebenso zu achten wie auf den baukulturellen Wert
unserer Gebäude. Sind die Standards der energetischen Gebäudesanierung mittlerweile
zu ambitioniert? Inwieweit können dezentrale Energieversorgungslösungen im Quar-
tiersverbund die Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien intelligent kombi-
nieren, CO
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auf kosteneffizientere Weise einsparen? Um diese Fragen zu beantworten
benötigen wir örtlich angepasste, integrierte, interdisziplinäre Lösungsansätze. Hierfür
leistet das KfW-Programm„Energetische Stadtsanierung“ einenwichtigen Beitrag. Des-
sen angekündigte Verstetigung undAufstockung ist das richtige Signal zur richtigen Zeit.
Umden förder- und ordnungspolitischen Rahmen in geeigneterWeise weiterzuent-
wickeln, brauchen wir aber auch auf übergeordneter Ebene integrierte Strategien. Bis
Ende 2015 sollen laut Energiepaket das Bundeswirtschaftsministerium eine „Energieef-
fizienz-Strategie Gebäude“ und das Bundesumwelt- und -bauministerium eine Strategie
„Klimafreundliches Bauen undWohnen“ erarbeiten. Dort kommt es darauf an, dass diese
die verschiedenen Instrumente zur Steigerung der Energieeffizienz und der CO
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-armen
Energieversorgung richtig miteinander vernetzen und dabei gesellschaftliche Belange,
Fragen von Wirtschaftlichkeit und Baukultur wirklich vorbehaltlos einbeziehen.
Der Deutsche Verband wird in seiner neuen Arbeitsgruppe „Energie, Immobilien
und Stadtentwicklung“ gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Töpfer und seinem „Institute for
Advanced Sustainability Studies“ (IASS) nun vertieft an integrierten Energieeffizienzlö-
sungen arbeiten. Darin erörtern hochrangige Vertreter von Bund, Ländern undKommu-
nen, Immobilienwirtschaft, Energieversorgern, Finanzinstituten sowie aus Stadtplanung,
Bauen und Architektur, welchen realistischen Beitrag die Immobilienwirtschaft und die
Stadtentwicklung zu den Energie- und Klimaschutzzielen leisten können und wie sich
diese effizienter, wirtschaftlicher und sozialverträglicher erreichen lassen.
Wie erreichen wir die Klimaschutzziele im
Gebäudebereich? Sind die bisher prakti-
zierten Maßnahmen die richtigen? fragt Dr.
Josef Meyer.
Das Klimapaket der Bundes-
regierung ist auf die Ener-
gieeffizienz von Gebäuden
fokussiert. Doch nur die Ge-
bäudesanierung wird nicht
reichen. Wir brauchen inte-
grierte energetische Verbund-
lösungen aus Energieein-
sparung und intelligenter,
grüner Energieversorgung,
meint der Deutsche Verband
und hat dazu eine neue
Arbeitsgruppe gegründet.
«
Dr. Josef Meyer, Vizepräsident Deutscher Verband