Seite 19 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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06 I 2013
Ingrid Matthäus-Maier, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wohnungswesen, Deutscher Verband, Berlin/Brüssel
Bislang ist keine Schieflage
zu erkennen
Blase oder stabiler Markt?
Trotz steigender Wohnimmobilienpreise
sieht der Deutsche Verband keine Gefahr für die Finanzmarktstabilität.
Eine zielgerichtete Politik hilft, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Ingrid Matthäus-Maier
Die steigenden Immobilienpreise bieten
Zündstoff für Medien, Politik und Fach­
welt. Die Preisdynamik gewinnt derzeit
an Breite und überträgt sich von Städten
ins Umland, vomNeubau auf Gebraucht­
immobilien, von Geschosswohnungen
auf Einfamilienhäuser. Drohen uns da­
mit nun Übertreibungen oder gar eine
Immobilienpreisblase?
Fakt ist: Trotz wachsender Neubau­
tätigkeit besteht vor allem in manchen
Großstadtregionen ein Nachfrageüber­
hang. Sondereffekte bestehen durch er­
höhte Studentenzahlen nach Abschaf­
fung der Wehrpflicht und Verkürzung
des Abiturs. In der Langzeitperspektive
stellen die Preisentwicklungen jedoch
eher einen Nachholeffekt dar, da die Im­
mobilienpreise zwischen 1990 und 2009
zurückgingen. Mit weiter zunehmendem
Wohnungsneubau ist von einer Preisbe­
ruhigung auszugehen.
Derzeit gibt es keine Anzeichen da­
für, dass die traditionell stabile deutsche
Immobilienfinanzierung in eine Schief­
lage gerät. Der Zuwachs an Wohnungs­
Einen weiteren Ansatz, mehr bezahl­
baren Wohnraum zu schaffen, bietet die
soziale Wohnraumförderung der Länder.
Diese gilt es jedoch intelligent einzuset­
zen. Gerade die klassische Förderung
neuer Sozialwohnungen benötigt bei den
hohen Baukosten hohe öffentliche Mit­
tel. Alternativ könnten Sozialwohnungen
mit geringerer Förderintensität in ge­
mischten Objekten finanziert werden
oder für geförderte Neubauwohnungen
werden Belegrechte in Bestandswoh­
nungen mit günstigen Mieten getauscht,
was die Förderung ebenfalls reduziert.
Alle in der Diskussion befindlichen
Maßnahmen müssen mit Bedacht und
zielgerichtet eingesetzt werden. Zeit­
lich befristete Probleme, wie die aktuell
hohen Studentenzahlen, bedürfen spe­
zifischer Maßnahmen. Ganz grundsätz­
lich sind die Kommunen gefordert, mit
Nachverdichtung und Baulandauswei­
sung ausreichend Flächenpotenzial für
eine Steigerung des Wohnungsangebots
bereitzustellen und preiswerten Neubau
nicht durch zu strikte Auflagen zu hem­
men. Genauso wichtig sind Initiativen
von Bund, Ländern und Kommunen zur
Aufwertung von Wohnquartieren.
Angesichts der regional differen­
zierten Bevölkerungsentwicklung gilt
es aber vor allem zu vermeiden, Woh­
nungen an künftigen Marktverhältnissen
vorbei zu bauen. Denn in zehn bis 20
Jahren wird in zahlreichen Regionen die
Wohnungsnachfrage deutlich geringer
sein.
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baukrediten ist moderat. Die Kreditver­
gabepraxis der Banken ist nicht riskanter
geworden. Eine Studie zur Eigenheimfi­
nanzierung deutscher Pfandbriefbanken
zeigt sogar, dass mehr Eigenkapital ein­
gesetzt wird, die Tilgungsraten höher lie­
gen, die Zinsfestschreibung langfristiger
und die Kreditbelastungsquote geringer
ist als noch vor drei Jahren.
Nicht aus dem Blick sollte man aller­
dings verlieren, dass die steigenden Prei­
se einkommensschwächeren Haushalten
in den Wachstumsregionen immer grö­
ßere Probleme bereiten.
Preiswerte Wohnungen fördern
Die diskutierte Erhöhung des Wohngelds
für Haushalte mit geringem Einkommen
über der Grundsicherung ist hierauf
eine allseits begrüßte Antwort. Dagegen
sehen Investoren und Wohnungsun­
ternehmen die Deckelung von Neuver­
tragsmieten als kontraproduktiv an, da
dies den Neubau bremst. Vielmehr sind
gezielte Anreize zur Belebung des zuletzt
geringen Mietwohnungsbaus nötig.
Eine zeitlich befristete degressive
AfA, die kürzeren Modernisierungszy­
klen und erhöhten energetischen Stan­
dards entspricht, wäre denkbar. Inwieweit
eine flächendeckende AfA bei regional
differenzierten Wohnungsmärk­ten tat­
sächlich räumlich zielgerichtet mehr
Neubau anstößt und keine Mitnahme­
effekte oder Fehlallokationen bewirkt,
wird jedoch noch kontrovers erörtert.