Seite 46 - Immobilienwirtschaft_2012_01

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46 Finanzen, Markt + Management
12-01 | 2012
litik die Zeichen der Zeit erkannt zu
haben. Der Baumotor soll angekurbelt
werden, geplant sind bis zu 250.000 neue
Wohnungen bis 2030. Im Speckgürtel
sollen Siedlungen besser durch Busse
und U-Bahn-Linien untereinander ver-
bunden werden – um Ghettobildungen
und Stigmatisierungen zu vermeiden.
Die Wirtschaft lobt dieses neu erwachte
Engagement. Wallenstam etwa sieht sich
ermutigt, in Absprache mit der Kommu-
ne mehrere Hundert Mietwohnungen
jährlich zu bauen. 400 seien derzeit im
Bau, erklärt die Sprecherin. „Wir suchen
ständig neues Bauland und hoffen, dass
die Politik bei den Planungsprozessen
aufs Tempo drückt.“
Deutsche Firmen investieren
Auch deutsche Investoren hätten die
Aufbruchsignale in Stockholm erkannt,
bestätigt die deutsch-schwedische Han-
delskammer. „Die Baubranche zählt zu
unseren Schwerpunkten, wir haben sehr
viele Anfragen deutscher Firmen und
helfen, so gut wir können“, sagt Spreche-
rin Malin Johansson. Sie sieht die Vor-
machtstellung weniger Großkonzerne in
Schweden allerdings als Hindernis – oft
würden Firmen mit Sitz in Deutschland
nur als Sublieferanten angefragt. Leichter
sei es, wenn Firmen Niederlassungen im
Land eröffnen, so Johansson.
Dringend gefragt sei deutsche Kom-
petenz indes bei einer weiteren Mam-
und sozial geht schwer zusammen. „Er-
schwingliche Mietwohnungen können
höchstens im älteren Bestand angeboten
werden, aber auch da liegen die Warte-
zeiten bei bis zu 20 Jahren“, erklärt die
Svenska-Bostäder-Sprecherin.
Umzüglern bleiben folglich nur Ge-
duld, Risikobereitschaft und Wagemut.
Im Durchschnitt dauert es 307 Wochen,
bis man eine 40 Quadratmeter Wohnung
im Zentrum ergattert, haben Makler aus-
gerechnet. In Berlin, aber auch in Kopen-
hagen und Oslo, könne man sofort um-
ziehen. Riskieren müssen die Menschen,
Betrügern auf den Leim zu gehen: Wenn
man sich eine Wohnung sofort bei der
einer Immobilienblase: Die staatliche
Behörde für Kreditbürgschaften schätzt,
dass die Preise für Wohnungen um 40
Prozent überteuert sind. Ein Abflauen ist
nicht in Sicht. „Viele Leute haben schon
früher geglaubt, dass die Preise stagnie-
ren“, sagt Stadtplaner Niklas Svensson.
„Aber letztlich ist es immer weiter nach
oben gegangen.“ Noch wiegeln die meis-
ten Analysten ab. „Eine Immobilienblase
entsteht, wenn man spekuliert“, sagt etwa
Wörmann. In Schweden werde aber ge-
kauft, um darin zu wohnen. Andreas
Jonsson, Analyst bei Nordea, weist darauf
hin, dass die Zinsen für Kredite bereits
deutlich gestiegen seien. „Wir glauben,
dass der Markt damit gedrosselt ist, da
kommt keine böse Überraschung mehr“,
sagt Jonsson.
Gleichzeitig sind die schwedischen
Haushalte insgesamt mit 280 Milliarden
Euro privat verschuldet. Das kann gut
gehen – solange die Konjunktur läuft
und die Menschen Arbeit haben. Aber
wenn der Prozess ins Stocken gerät? Die
Swedbank-Chefökonomin Cecilia Her-
mansson warnt davor, dass sich die
Preise bei einem konjunkturellen Ab-
schwung als höher erweisen würden als
die Haushalte verkraften könnten. Das
staatliche Konjunkturinstitut hat inzwi-
schen gewarnt, dass das Wachstum nach
dem diesjährigen Höhenflug im nächsten
Jahr auf 1,9 Prozent abstürzen kann.
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Camping als Alternative. Für etliche Studierende in Stockholm ist das Alltag.
Foto: Dietmar Meinert/pixelio.de
Umzüglern bleibt nur Geduld, Risikobereitschaft und Wagemut.
Im Durchschnitt dauert es 307 Wochen, bis man eine Wohnung
im Zentrum von Stockholm ergattert. Und die Gefahr ist groß,
Betrügern auf den Leim zu gehen.
mutaufgabe: Der Sanierung der in die
Jahre gekommenen Wohnblocks und
Hochhäuser um die Innenstadt herum,
die im Zuge des „Millionenprogramms“
in den 1960er-Jahren gebaut wurden.
Damals ließ die Kommune in kurzer Zeit
Siedlungen mit insgesamt 180.000 Woh-
nungen errichten. „Deutsche Technik
ist begehrt“, sagt Johansson. Dabei steht
Schweden vor der gleichen Herausfor-
derung wie Unternehmen und Politiker
in Deutschland: Ökologisch, zentral
Besichtigung sichern kann, blättert man
schon einmal ein paar Tausend Kronen
in bar hin. Mit Mut zur Kreditaufnahme
schließlich sind die meisten Schweden
aufgewachsen. Bis vor Kurzem war die
gängige Praxis, ausschließlich auf Pump
zu kaufen. Seit Kurzem verlangen Ban-
ken ein Eigenkapital von mindestens
15 Prozent der Kreditsumme. Gerade
für junge Menschen ist dies ein Pro-
blem – sie haben das Geld nicht. Hinter
der neuen Regelung steht die Sorge vor