DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT 06/2016 - page 72

70
6|2016
RECHT
BGB § 556 Abs. 1 S. 2, BetrKV § 2 Nr. 10
Umlagefähigkeit der Pflegekosten für
öffentlich zugängliche Flächen sowie für
Müllbeseitigung in Außenanlagen
1. Garten- oder Parkflächen, die durch bauplanerische Bestim-
mungen oder durch den Vermieter selbst für die Nutzung der
Öffentlichkeit gewidmet sind, fehlt der erforderliche Bezug zur
Mietsache, der über das in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene
Merkmal des bestimmungsgemäßen Gebrauchs für die Um-
legung von Betriebskosten vorausgesetzt ist.
2. Die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks setzt
eine regelmäßige Pflege der Außenanlagen voraus und umfasst
deshalb auch die Beseitigung von Verunreinigungen, die durch
Mieter oder Dritte verursacht worden sind.
BGH, Urteil vom 10.2.2016, VIII ZR 33/15
Bedeutung für die Praxis
Liegt eine Widmung zugunsten der Öffentlichkeit vor, sodass jedermann
die Nutzung gestattet ist – unabhängig davon, ob er eine Wohnung in der
Wohnanlage der Beklagten angemietet hat –, können Pflegekosten dieser
Flächen nicht mehr als Nebenkosten den Mietern angelastet werden.
Allein der Umstand, dass eine Gartenanlage nicht eingezäunt ist, macht
sie nicht zu einem öffentlichen Park. Es kommt vielmehr darauf an, ob
die Anlage entweder schon nach den bauplanerischen Bestimmungen
der Öffentlichkeit gewidmet ist oder die Eigentümerin sie nach dem
Gesamteindruck, der aus der Sicht eines verständigen Dritten besteht,
einer öffentlichen Nutzung zugänglich gemacht hat. Nach der Rechtspre-
chung gehören die Kosten der Beseitigung des durch Mieter oder Dritte
auf Gemeinschaftsflächen abgestellten Sperrmülls auch insoweit zu den
umlagefähigen Betriebskosten, als sie auf die Beseitigung unberechtigt
abgestellten Mülls entfallen. Für die Beseitigung einer Verunreinigung
von Garten- oder Rasenflächen gilt nichts anderes. Der anfallende Auf-
wand gehört zu den Kosten der Gartenpflege. Der Umstand, dass derarti-
ge Verunreinigungen nur gelegentlich oder in unregelmäßigen Abständen
anfallen, nimmt den - laufend anfallenden - Kosten der Gartenpflege und
Müllentsorgung nicht den Charakter wiederkehrender Kosten.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 535, 536
Veränderungen des Raumklimas durch
neue Isolierglasfenster; Schimmel
Der Einbau von Fenstern mit Isolierverglasung in ein Haus und die
damit verbundene Veränderung des Raumklimas rechtfertigen nur
dann die Annahme eines vom Vermieter zu vertretenden Mangels des
Gebäudes, wenn den Veränderungen des Raumklimas vom Mieter
nicht durch eine entsprechende, ihm zumutbare Veränderung seines
Heiz- und Lüftungsverhaltens wirksam begegnet werden kann.
LG Detmold, Urteil vom 7.10.2015, 10 S 42/15
Bedeutung für die Praxis
Nach den Feststellungen der Sachverständigen liegen keine Mängel in der
Bausubstanz vor, die zum Schimmelpilzbefall geführt haben könnten. Zwar
liegt auf der Hand, dass der Einbau der Fenster mit Isolierverglasung zu
einer Veränderung des Raumklimas geführt hat, weil sich der Taupunkt
von der Einfachverglasung auf die Wand verlagert hat. Aufgrund der
von der Klägerin selbst festgestellten Feuchtigkeit auf dem Schlafzim-
merfenster hätte sich der Klägerin nahezu aufdrängen müssen, dass die
Luftfeuchtigkeit im Schlafzimmer bei weitem zu hoch war und sie daher
durch intensives Lüften, insbesondere aber auch durch entsprechendes
Beheizen die Luftfeuchtigkeit hätte absenken müssen. Ob die Klägerin den
entsprechenden Anforderungen gerecht geworden ist, lässt sich mangels
konkreter Darlegung ihres Heiz- und Lüftungsverhaltens nicht feststellen.
Der Beklagte ist auch nicht deshalb für den Schimmelpilz verantwortlich,
weil er die Klägerin wegen des Einbaus neuer Fenster nicht ausreichend
über die notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung von Schimmelbil-
dung aufgeklärt hat. Zwar gehört obliegt es grundsätzlich dem Vermieter,
den Mieter über erforderliche Vorkehrungen aufzuklären, wenn durch das
Auswechseln alter Fenster der Taupunkt vom Fenster auf den Außenwand-
bereich verlegt wird. Dies trifft sicherlich zu, wenn während des laufenden
Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden, die er zur Prüfung einer vom
Vermieter nach § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt.
Im Falle der Beifügung eines Sachverständigengutachtens ist der Begrün-
dungspflicht grundsätzlich Genüge getan, wenn das Gutachten Angaben
über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung herge-
leitet wird, und zwar in einem Umfang, der es dem Mieter gestattet, der
Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest
ansatzweise selbst zu prüfen. Der Sachverständige muss somit eine Aus-
sage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die zu
beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen. Ein Gutach-
ten, das zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens beigefügt wird,
muss keine Darstellung über die Entwicklung der Mieten in den letzten vier
Jahren enthalten.
Die Begründung des Mieterhöhungsverlangens dient nicht dazu, bereits
den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen oder dem Mieter
ein etwaiges Prozessrisiko abzunehmen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
Mietverhältnisses derartige Veränderungen stattfinden. Vorliegend ist
aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin 20 Jahre nach Einbau der neuen
Fenster die Wohnung in dem vorhandenen Zustand übernommen hat und
offensichtlich mit den vorgefundenen Verhältnissen auch gut zurechtge-
kommen ist, wie der Umstand zeigt, dass der Schimmelbefall erst vier Jah-
re nach ihrem Einzug und nur in ihrem Schlafzimmer aufgetreten ist. Im
Hinblick auf die von ihr selbst festgestellte Feuchtigkeit am Fenster hätte
die Klägerin erkennen müssen, dass ihr - möglicherweise verändertes -
Heiz- und Lüftungsverhalten nicht ausreichte, um derartigen Niederschlag
von Feuchtigkeit zu vermeiden.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
1...,62,63,64,65,66,67,68,69,70,71 73,74,75,76
Powered by FlippingBook