Seite 71 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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1989 die Verfassungsbeschwerde
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. Die vermeint-
liche Lösung der wohnungspolitischen Probleme
Münchens blockierte damit bundesweit die Um-
wandlung von Altbauten. In der Folge machten
neue Gestaltungsvorschläge (Bruchteilseigen-
tumsmodelle) die Runde, die neben dem WEG
zu einem völlig neuartigen Verwaltungsregime
geführt hätten.
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Klärung durch Rechtsprechung
Die sich hieran anschließende Korrektur auf zi-
vilrechtlichem Weg schrieb Rechtsgeschichte.
Der im Verwaltungsrechtsweg unterlegene Un-
ternehmer wandte sich an einen in Wohnungsei-
gentumssachen erfahrenen Rechtsanwalt, der ihn
angesichts der Entscheidung des BVerfG mit dem
Skelett verglich, das der konsultierte Arzt mit der
Bemerkung „Sie kommen aber spät“ empfing. Mit
einer von der Lokalbaukommission München für
kraftlos erklärten Abgeschlossenheitserklärung
sollte die Causa zivilrechtlich aufgerollt werden.
Die Aussicht, dass sich Grundbuchamt, Amtsge-
richt und Landgericht wohl nicht in Widerspruch
zumBVerwG und BVerfG setzen würden, also erst
von demBayObLG – seinerzeit inWohnungseigen-
tumssachen das führende deutsche Gericht – eine
mutige Entscheidung erhofft werden konnte,
schreckte nicht ab.
Dann ging es Schlag auf Schlag. Am20. Juni 1990
entschied das BayObLG, dass es der Aufteilung
nicht entgegenstehe, wenn die Behörde eine Ab-
geschlossenheitsbescheinigung nachträglich für
„kraftlos” erklärt habe; bauordnungsrechtliche
Vorgaben seien nicht zu beachten.
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Von dieser
Ansicht wollte das OLG Stuttgart am 3. Septem-
ber 1990 wegen der Entscheidung des BVerwG
abweichen und legte die Frage zum BGH vor.
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Die 16. Fischener Fachgespräche vom 24.-26.
Oktober 1990 mit dem Thema „Die Schaffung
von Wohnungseigentum heute” fielen in die Zeit
der Vorbereitung der BGH-Entscheidung. Bei den
Teilnehmern und Referenten traf die neuere Ent-
wicklung durchweg auf Kritik.
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Das ESWiD richtete kurz danach eine Feier zu Ehren
der Nestoren desWEG-Rechts aus. Der seinerzeiti-
ge Präsident des BGHund vormalige Präsident des
BayObLG, Prof. Dr. Walter Odersky, überreichte
nach einer fulminanten Festrede den Jubilaren
die Festschrift. Dabei schwang einwenig die Hoff-
nung mit, dass der BGH bei seiner Entscheidung
die Auffassung des BayObLG teilte, was einer der
Festschriftbeiträge wissenschaftlich fundiert un-
terstützte. Der BGH trat schließlich am14. Februar
1991 der Ansicht des BVerwG entgegen und ver-
wies die Rechtsfrage weiter an den Gemeinsamen
Senat der OberstenGerichtshöfe des Bundes.
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Die-
ser entschied am30. Juni 1992 gegen das BVerwG
und nahm den noch heute geltenden Standpunkt
ein, dass bauordnungsrechtliche Vorgaben für die
Abgeschlossenheit unerheblich seien:
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Der Mieter-
schutz dürfe nicht pauschal auf dem Umweg über
das nach sachenrechtlichen Grundsätzen auszule-
gendeWEG verwirklicht werden, sondern nur über
speziellemietrechtliche und städtebauliche Instru-
mente (heute: § 577a BGB und § 172 BauGB).
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1
DER SPIEGEL, 31, 1982, S. 142 ff.
2
BayVGH, NJW-RR 1990, 27.
3
BVerwG, NJW 1990, 848; BVerfG, NJW 1990, 825.
4
Vgl. Reithmann, NJW 1992, 649 (650); Pause, NJW
1992, 671 f.; vgl. auch die Nachweise bei Bub, Fest-
schrift für Bärmann und Weitnauer, 1990, S. 69 (71).
5
BayObLG, NJW-RR 1990, 1356.
6
OLG Stuttgart, ZMR 1991, 30.
7
Wolfsteiner, PiG 34, 7 (13 ff.); Bub, PiG 34, 19 (41 ff.);
Blank, PiG 34, 111 (114 f.); vgl. außerdem Schmidt,
DNotZ 1990, 251; Deckert, ZfBR 1990, 109; ausführlich
Bub, in: Festschrift für Bärmann und Weitnauer, 1990,
S. 69 ff.
8
BGH, NJW 1991, 1611.
9
GmS-OGB, NJW 1992, 3290.
10
GmS-OGB, NJW 1992, 3290 (3292).
Die Väter des WEG v. l. Prof. Weitnauer und Prof. Bärmann bei den Fischener Fachgesprächen 1990
Diskussion im Plenum der WEG-Fachgespräche 1989
WEG-Fachgespräch in Fischen 1986, im Plenum, vorne v. l.:
Prof. Son aus Japan und Dr. Bassenge
RA Horst Müller und RA Prof. Wolf-Rüdiger Bub
am Referententisch der WEG-Fachgespräche 1986
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