Seite 80 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_06

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Erbbaurecht und Wohnungswirtschaft
Die drei Seiten einer Medaille
Das fast 100 Jahre alte Rechtsinstitut des Erbbaurechtes ist in der Wohnungswirtschaft wohl bekannt.
Es ist eine sichere Assetklasse, die darüber hinaus als Instrument der Boden – und Sozialpolitik ausgestaltet
werden kann. In der aktuellen Diskussion um die Schaffung von Wohnraum wird der kapitalschonende
und gemeinwohlfördernde Aspekt des Erbbaurechtes immer wieder hervorgehoben. Ein Praxisbeispiel aus
Berlin verdeutlicht, wie Wohnungsunternehmen mit Erbbaurechten umgehen und sie als Geschäftsgegen-
stand (wieder)entdecken.
Das Erbbaurecht ist ein dingliches Recht. Bereits
im römischen Recht finden sich Vorläufer der mit-
telalterlichen „städtischen Bodenleihe“. Dieses,
seinerzeit auch Bauleihe, genannte Recht hat die
Entwicklung deutscher Städte und das Gemein-
wohl maßgeblich gefördert. Adlige und kirchli-
che Grundstückseigentümer waren nicht bereit,
ihr Eigentum zu veräußern und damit dauerhaft
abzugeben. Durch die Möglichkeit mittels Erb-
baurechten (zeitweise) zusätzliches Bauland zu
schaffen, ist dieses Instrument für die öffentliche
Hand als Korrektiv gegen Bodenspekulationen und
zur Bodenpolitik geeignet.
InDeutschlandwurde imJahr 1919dieVerordnung
über das Erbbaurecht in Kraft gesetzt (seit 2007
Erbbaurechtsgesetz). Ein Erbbaurecht kann dem-
nach als grundstücksgleiches Recht beschrieben
werden. Es kannwie Eigentumbelastet, veräußert
und vererbtwerden. Es ist für Eigentümer undBau-
herren aufgrund der gleichbleibenden und kalku-
lierbaren Erbbauzinsen eine sichere Möglichkeit,
die „Ausschläge“ amImmobilienmarkt abzufedern
und eine langfristige Planungssicherheit zu haben.
Jörn von der Lieth
Geschäftsführer
Hilfswerk-Siedlung GmbH
Evangelisches Wohnungsunter-
nehmen (HWS), Berlin
Auf einem Erbbaurechtsgrundstück der Kirche im Berliner Ramsteinweg errichtet die HWS 15 barrierearme Wohnungen
Quelle: 3DBO Grafik + Visualisierung
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