vereins auszuweiten. Im Jahr 2006 wurde daher
der Große Kooperationsvertrag abgeschlossen.
Die zugrunde liegende Idee der Kooperations-
verträge ist einfach: Das Wohnungsunternehmen
erhält öffentliche Fördermittel für Neubau- oder
Modernisierungsmaßnahmen. Damit unterläge
das Unternehmen der Belegungs- und Mietpreis-
bindung. Genau diese wird jetzt aber mindestens
zum Teil in anderen, bisher nicht der Bindung
unterliegenden Bestandswohnungen des Unter-
nehmens nachgewiesen. Hieraus ergibt sich in der
Regel einMietpreisvorteil für das Wohnungsunter-
nehmen. Mit den gewonnenen finanziellenMitteln
werden Quartiers- und Nachbarschaftsmaßnah-
men finanziert.
Neue Chancen nutzen
Der Bauverein erhielt damit ganz neue Chancen
für die Quartiersentwicklung. Gleichzeitigwurden
starre Belegungsstrukturen aufgelöst, finanzielle
Mittel für die Nachbarschaftsarbeit generiert und
die Neubaufinanzierungen erleichtert. Die soziale
Durchmischung der Nachbarschaften war nicht
mehr länger Wunschvorstellung der Akteure, son-
dern tatsächlich umgesetzte Praxis.
Durch die Mischung von frei finanzierten und öf-
fentlich geförderten Belegungsstrukturen wirkt
die Genossenschaft einer einseitigen sozialen
Ausrichtung der Nachbarschaften entgegen. Im
Einzelnen bedeutet das, dass Menschenmit Wohn-
berechtigungsschein Tür an Tür mit Bewohnern
höherer Einkommensgruppen in unseren Quar-
tieren wohnen.
Der Lübecker Bauverein hat sich in dem Koope-
rationsvertrag verpflichtet, finanzielle Vorteile
aus dem Tausch von Belegungsbindungen in die
Verbesserung der Quartiere, z. B. durch soziale
Einrichtungen wie Nachbarschaftstreffs, zu in-
vestieren. Für alle Beteiligten ergeben sich hieraus
deutliche Vorteile: Die Hansestadt Lübeck erhält
verbesserte Sozialstrukturen in den Stadtteilen,
die Investitionsbank und das Land Schleswig-
Holstein können ihre öffentlichen Fördermittel
deutlich effektiver zum Einsatz bringen und der
Bauverein ist freier in der Entscheidung der Woh-
nungsbelegungen und schafft gleichzeitig leben-
dige und attraktive Nachbarschaften.
Zur Nachahmung empfohlen!
So können wir resümieren, aber müssen auch
fairerweise auf einige den Erfolg begründende
Aspekte hinweisen: Fast der gesamte Wohnungs-
bestand des Bauvereins liegt innerhalb der Stadt-
grenzen Lübecks. Für Unternehmen mit Streu-
besitz ist dieser ganzheitliche Ansatz deutlich
schwieriger zu realisieren. Ein weiterer Schlüssel
zum Erfolg ist die gute und
vertrauensvolle Zusammen-
arbeit aller Beteiligten. Nur
so kann der Vertrag mit Le-
ben erfüllt werden. Wer zu
sehr auf Formalien besteht, unflexibel imUmgang
mit demVertragswerk verfährt und sich unkoope-
rativ verhält, gefährdet den Erfolg des gesamten
Modells. Bei wechselnden Verantwortlichkeiten
in den Häusern der Vertragspartner bleibt dieser
Aspekt daher auch eine ständige Herausforderung.
Außerdem ist ein möglichst ausgewogenes Ver-
hältnis zwischen geförderten und frei finanzierten
Wohnungen im Bestandsportfolio unerlässlich.
Anderenfalls wird das Generieren von passenden
Tausch- und Ersatzwohnungen sehr schwierig.
Mit dem Abschluss des Großen Kooperations-
vertrages zwischen der Hansestadt Lübeck, der
Investitionsbank Schleswig-Holstein (und damit
mittelbar dem Land Schleswig-Holstein) sowie
demLübecker Bauvereinwurde der entscheidende
Schritt für die öffentliche Wohnraumförderung
der Zukunft in Schleswig-Holstein gegangen.
Was der Lübecker Bauverein in punkto Ersatzneuabau
plant, haben wir Ihnen in der DW 5/2013 ab Seite 30
bereits vorgestellt. Hier das Modell der Ratzeburger
Allee
Fassadenansichten in der Friedrichstraße
(linke Seite und oben)
ImWohnraumfördergesetz, das zum 1. Juli 2009
in Kraft trat, wurden viele Erfahrungen aus den
Kooperationsverträgen in das Regelwerk übernommen.
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6|2013