öffentlich-privaten Partnerschaft in investiven
und sozialen Quartiersmaßnahmen ausgehandelt
und abgeschlossen. Ursprünglich für den Fall eines
großen Stadtumbauprojektes entwickelt mit um-
fassender Bestandserneuerung, Sanierung, Abriss
und Neubau sowie einer überdurchschnittlichen
Förderquote. Zur Vermeidung oder Auflösung
hoher und teils stadtsoziologisch problemati-
scher Bindungskonzentrationen durch flexible
Übertragung der Bindungen auf ungeförderte,
angemessene Altbestände, zur Sicherung sozial
stabiler Quartiersentwicklung durch zusätzliche
Maßnahmen, hat sich der Kooperationsvertrag
mittlerweile zu einem effektiven Begleitinstru-
ment der sozialenWohnraumförderung und Stadt-
entwicklung herausgebildet. Eine Reihe weiterer
Kooperationsverträge wurde geschlossen, zuletzt
mit dem Selbsthilfebauverein in Flensburg.
Schleswig-Holstein hat im Jahr 2009 von der
Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht,
seit 1. Juli 2009 gilt das SHWoFG. Die Definition,
Ziele und Maßnahmen der sozialen Wohnraum-
förderung wurden erweitert. Die klassische auf
Zielgruppen bezogene Wohnraumförderung wird
ergänzt durch die Förderung sozial stabiler Wohn-
quartiere, damit gelingt auch eine formalrechtli-
che Verbindung der Wohnraumversorgungmit der
sozialen Stadtentwicklung.
Im SHWoFG sind Kooperationsverträge gesetz-
lich verankert: eigenverantwortliche unterneh-
merische Verteilung neuer und alter Bindungen
in einem sogenannten – zwischen Kommune
und Wohnungsunternehmen abgestimmten –
Wohnflächenpool grundsätzlich geeigneter und
über das Stadtgebiet verteilter Wohnungen, das
Äquivalenzprinzip zur monetären Bewertung,
Anrechnung und Bilanzierung von Mieterlösen,
Leistungen und Gegenleistungen, ein Katalog
abgestimmter Quartiersmaßnahmen, die Ver-
abredung gemeinsamer jährlicher Überprüfung
und Evaluierung. Kurz und beispielhaft: Geför-
derte Wohnungen können frei vermietet, dabei
höhere Mieterlöse erzielt werden. Bindungen
werden im Wohnflächenpool erfüllt. Das Modell
der mittelbaren Belegung wird konsequent dy-
namisiert. Bindungen werden nicht auf konkrete
Tauschwohnungen übertragen, sondern auf den
Pool. Das Wohnungsunternehmen kann in eigener
Entscheidung bei Mieterwechsel die Bindung neu
übertragen. Eine Einzelfallkontrolle erfolgt nicht,
die Bilanzierung einmal jährlich.
Auch kommunale Benennungsrechte werden in
dieser Form ausgeübt. Mehrerlöse aus Vermie-
tung, geringerer Fluktuation und Verwaltung
werden den Kosten für Quartiersmaßnahmen
gegengerechnet, die das Unternehmen umsetzt.
Dazu zählen z. B. Errichtung und Betrieb von
Quartiershäusern, aufwändiges Umzugs- und
Sozialmanagement, Integration schwervermit-
telbarer Mieterhaushalte – ausschlaggebend ist
die konkrete Situation. In der Abwägung woh-
nungswirtschaftlichen und öffentlichen Nutzens
der Maßnahme werden die Kosten zu 20-100%
angerechnet. So sind Kosten für ein sehr aufwändi-
ges Umzugsmanagement stark imEigeninteresse
des Unternehmens und werden lediglich zu 20%
auf Mietgewinne angerechnet, die Integration von
Mietern mit Betreuungsbedarf liegt vollständig
im kommunalen Interesse – die Kosten werden zu
100% angerechnet; Kosten von Quartiershäusern
in der Regel zu 50%.
Verhandlung und Abschluss der Kooperationsver-
träge sind ein zunächst aufwändiges Verfahren,
das sich in der Vertragslaufzeit erst richtig lohnt.
Deutlich wird, dass sich nicht erwartetes gegen-
seitiges Verständnis, Akzeptanz und Vertrauen im
Verhandlungsprozess entwickeln und festigen, als
stabile Basis für gemeinsame Aufgaben der Quar-
tiersentwicklung. Die Vorteile überwiegen in der
längeren Frist. So entsteht für das Land ein direkter
Fördermehrwert, mehr geförderte Wohnungen,
stabile Wohnquartiere entstehen oder werden
erhalten, Wohnraumförderung wird effektiver.
Wohnungsunternehmen steuern ihre Belegung
auch für die geförderten Wohnungen selbst. Sie
setzenmehr i. d. R. günstigere Fördermittel für die
Finanzierung von Bestandsentwicklung oder Neu-
bau ein, erneuern damit schneller und kostengüns-
tiger die Bestände und ihreMieterstruktur, passen
sichwandelndenMieter- oder Mitgliederbedarfen
schneller an. Wohnumfeld- und Quartiersmaßnah-
men für die eigenen Bestände werden als teilweise
öffentliche Aufgaben anerkannt. Für Kommunen
werden Maßnahmen des öffentlichen Interesses
durch private Partner umgesetzt, finanziert aus
demMehrwert der sozialenWohnraumförderung,
die angesichts der kommunalen Aufgabenfülle im
Katalog der Daseinsvorsorge nicht enthalten sein
können. Kooperationsverträge sind ein notwen-
diges Instrument zur Flankierung einer sozialen,
zielgerichteten Wohnraumförderung und dienen
dem privaten, wirtschaftlichen und öffentlichen
Interessenausgleich.
Bis 2011war Wohnraumförderung eine Erfolgsge-
schichte in Schleswig-Holstein, großeMarktantei-
le des Geschosswohnungsneubaus sind gefördert;
bei Bestandserneuerung stellte Förderung ange-
sichts niedriger und bestenfalls stagnierender Ver-
gleichsmieten als „Brücke zur Wirtschaftlichkeit“
häufig die einzig auskömmliche Finanzierung dar.
2012 brach die Wohnraumförderung bundesweit
ein. Hohe Steigerung der Bau- und Erstellungs-
kosten, historisch niedrige Zinsen, regional stark
steigendenMietenmachten sozialeWohnraumför-
derung unattraktiv und unwirtschaftlich.
Auf der Basis vertrauensvoller Zusammenarbeit
wurde die Wohnraumförderung in einem trans-
parenten Kooperationsprozess gemeinsam mit
der Wohnungswirtschaft von VNWSH, BFW
Nord, Haus&Grund sowie demMieterbund
und den kommunalen Landesverbänden
neu aufgestellt. Entwickelt wurden auf
der Basis dynamischer Investitions- und
Renditeberechnungen der IB.SH ein neues System
anerkannter Kosten, regional gestaffelter Mieto-
bergrenzen und Darlehenshöhen, neuer Zins- und
Tilgungskonditionen, das zu den herrschenden
Marktbedingungen eine echte wirtschaftliche
Alternative darstellt.
Die Kooperation setzt sich fort
Im Januar 2013 hat der Innenminister mit VNW,
VNWSH, BFWNord, Haus&Grund und demMieter-
bund die Rahmenvereinbarung „Offensive für be-
zahlbares Wohnen“, ein breites Bündnis für mehr
bezahlbaren Neubau, unterzeichnet. Sie ergänzt
den Klimapakt, der 2009 mit der Wohnungswirt-
schaft geschlossen wurde. Die Wohnraumförder-
programme der Landesregierung sind langfristig
durch das Zweckvermögen gesichert, die Kom-
pensationsmittel werden vollständig zur Förde-
rung eingesetzt. Kooperation und auskömmliche
Finanzierung sind so die Basis für erfolgreiche
Wohnraumförderpolitik in Schleswig-Holstein.
Quelle: SBV
In Kürze erscheint eine Arbeitshilfe zu
Kooperationsverträgen.
Weitere Informationen unter:
21
6|2013