Seite 10 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_06

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Zum Jahresbeginn 2011 setzte der nordrhein-
westfälische Landtag die Enquete-Kommission
„Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Fi-
nanzinvestoren auf denWohnungsmärkten inNRW“
ein, die – unterbrochen durch die Neuwahlen im
Frühjahr 2012 – auf Antrag der Fraktionen von SPD,
Grünen und Piraten erneut eingesetzt wurde und
ihre Arbeit Ende Februar 2013mit einemumfang-
reichen Abschlussbericht beendete.
Seit Ende der 1990er Jahre kam es insbesondere
zu Verkäufen großer Wohnportfolios, die zu ver-
änderten Anbieterstrukturen und vielerorts auch
zu wesentlich geänderten Rahmenbedingungen
für die kommunaleWohnungs- und Stadtentwick-
lungspolitik wie auch für Mieter und Vermieter
in davon getroffenen Quartieren beigetragen
haben. Diese Entwicklung traf besonders Städte
in Nordrhein-Westfalen. Hier vollzog sich die Ver-
äußerung großer Werkswohnungsbestände, der
Verkauf der Bundeseisenbahnerwohnungen, der
Wohnungsbestände der Bundesversicherungsan-
stalt für Angestellte und schließlich der landessei-
tige Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft
Nordrhein-Westfalen an sogenannte neue Finan-
zinvestoren. Die Entwicklung scheint sich auch
perspektivisch fortzusetzen, wie einer Meldung im
April dieses Jahres schließen lässt: Das Geschäft
mit deutschenWohnportfolios boome, hieß es. Der
Handel mit Wohnportfolios könne in diesem Jahr
eine neue Höchstmarke erreichen. Verantwortlich
seien vollzogene und geplante Börsengänge sowie
die anhaltend hohe Investorennachfrage, wobei
ausländische Investoren wachsende Bedeutung
erlangen würden. Auf der Verkäuferseite suchten
allerdings mehr und mehr Private-Equity-Fonds
den lukrativen Exit.
Ergebnisse und Empfehlungen
der Enquete-Kommission
Die Enquete-Kommission setzte sich mit den
Konsequenzen der neuen Anbieterstrukturen auf
den nordrhein-westfälischen Wohnungsmärk-
ten wie aber auch mit den Folgen nachlassender
Wohnungsmarktnachfrage aufgrund des demo-
grafischen Wandels auseinander. Ziel ihrer Arbeit
war eine umfassende Bestandsaufnahme von
„Problemimmobilien“ in Nordrhein-Westfalen,
die Analyse bestehender Anwendungsprobleme
beim Einsatz von Rechtsinstrumenten sowie die
Erarbeitung von Lösungsansätzen und Handlungs-
empfehlungen.
Ein wesentliches Ergebnis der Kommission war
es, dass kein Patentrezept für den Umgang mit
vernachlässigten und verwahrlostenWohnimmo-
bilien gefunden werden kann. Zu unterschiedlich
sind die Ausgangslagen, Strukturen und Problem-
stellungen auf den örtlichen Wohnungsmärkten
wie auch die Struktur und das Handeln der so ge-
nannten neuen Finanzinvestoren. In ihrem knapp
400-seitigen Abschlussbericht listet die Enquete-
Kommission eine Reihe von Handlungsempfehlun-
gen auf, die an die Handlungsebenen Bund, Land
und Kommunen gerichtet werden.
Fachlich sortieren sich die Handlungsempfehlun-
gen nach den jeweiligen Rechtsinstrumenten
• BauGB: u. a. Änderungen des allgemeinen und
besonderen Vorkaufsrechts, Einführung eines
Genehmigungsvorbehaltes für die Umwandlung
von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen
in Erhaltungssatzungsgebieten, Ausweitung
des Rückbau- und Entsieglungsgebots gem.
§ 179 BauGB
• BauO NRW: U. a. Erweiterung des § 61 BauO
NRW nach dem Vorbild der Bremer Landesau-
ordnung zur Beseitigung von imVerfall begrif-
fener Anlagen
• Änderungen im wohnungsaufsichtlichen In-
strumentarium des Gesetzes zur Förderung
und Nutzung von Wohnraum in NRW (WFNG
NRW). u. a. Änderungen zur Beweislast bei In-
standhaltungsmissständen, Entkopplung von
Anordnungserlass undwirtschaftlicher Zumut-
barkeit für den Eigentümer beim Erlass einer
Instandsetzungsanordnung, Vereinfachung des
Verfahrens für Unbewohnbarkeitserklärungen,
Ergänzung der Mindeststandards für Wohn-
raum, Einrichtung einer Schlichtungsstelle für
über Einzelfälle hinausgehende Streitfragen
zwischen Bewohnern, Kommunen und Immo-
bilienwirtschaft/Eigentümern.
Eine Reihe weiterer Empfehlungen und/oder
Prüfaufträge umfassen u. a. Vorschläge zu den
Kosten der Unterkunft im Sinne von Abschlägen
wegen qualitativer Mängel der Wohnungen, Auf-
bau eines Monitoringsystems für Problemimmo-
bilien, Einführung eines Lizensierungssystems
für Vermieter im Rahmen der Gewerbeordnung
bzw. der Grundbuchordnung, Einführung eines
Enquete-Kommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel
und neue Finanzinvestoren“
Politik im Kampf gegen verwahrloste Immobilien
Ende der 1990er Jahre nahm die Entwicklung Fahrt auf: Größere Wohnportfolios wechselten den
Besitzer. Käufer waren so genannte „neue Finanzinvestoren“, z. B. Private-Equity-Fonds mit Firmensitz
in Steueroasen, denen vorgeworfen wurde, die gekauften Bestände verfallen zu lassen. Ein Schwerpunkt
dieser Verkäufe lag in NRW, weshalb sich in den vergangenen Jahren eine Enquete-Kommission
„Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten NRW“ mit dem
Thema beschäftigt hat. Der knapp 400-seitige Abschlussbericht liegt nun vor.
Roswitha Sinz
Referentin für Wohnungspolitik
und Stadtentwicklung
VdW Rheinland Westfahlen
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
8
6|2013