Seite 44 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_04

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Strom gegen Wärme?
Strom und Wärme rücken näher zusammen – das wird seit der Energiewende
öfter gesagt. Damit wird üblicherweise verbunden, dass Strom auch wieder
für Wärmeanwendungen verwendet werden wird, wenn er aus erneuerbaren
Quellen stammt und aktuell im Stromnetz nicht benötigt wird. Dieser Satz hat
aber auch eine ganz andere Aktualität erhalten.
Wird der Anteil der Stromnutzung und der Wärmenutzung in Haushalten
statistisch verglichen, lautet das Ergebnis: 85% der im Haushalt verbrauchten
Energie geht in die Wärme, nur 15% ist Strom. In dem Zusammenhang wird
gern beklagt, dass die meisten Menschen mehr daran denken, Strom zu sparen
als Wärme.
Im Geschosswohnungsbau sieht die Lage etwas anders aus. Die Wohnungen
sind kleiner, die Gebäude kompakter und der Modernisierungsstand höher als
im deutschen Durchschnitt – und insbesondere höher als im Einfamilienhaus.
Ein typischer Stromverbrauch liegt bei 2.500 kWh, ein typischer Wärmever-
brauch (Heizung und Warmwasser) bei 7.800 kWh [60 m
2
mal 130 kWh/(m
2
a)].
Das Verhältnis beträgt dann fast 25% für Strom zu ca. 75% für Wärme. Und nun
kommts: Berücksichtigen wir die Kosten des Energieträgers, sind diese ganz
nah beisammen:
• 28 ct pro kWh Strom führen zu 700 € Stromkosten pro Jahr und
• 9 ct pro kWh Wärme führen zu 702 € Wärmekosten.
Es soll hier nicht auf die genaue Rechnung ankommen, sondern auf die
Feststellung: Im vermieteten Geschosswohnungsbau, zumal in energetisch mo-
dernisierten Gebäuden (ca. 62% des Bestandes der GdW-Unternehmen), haben
die Stromkosten die Wärmekosten erreicht, wenn nicht sogar überschritten.
Tendenz: weiter steigend.
Wenn Wohnungsunternehmen Energieberatungen für Mieter anbieten, sollte
deshalb neben dem angepassten Nutzerverhalten (nicht zu viel, aber auch nicht
zu wenig!) auch der Stromverbrauch mit analysiert und Einsparmöglichkeiten
gesucht werden. Gerade weil die Kostenpositionen zusammengerückt sind.
KOLUMNE TECHNIK
Ingrid Vogler
Referentin Energie, Technik, Normung
GdW, Berlin
DENA-STUDIE
Deutschland muss Energiesparen intensivieren und weiterentwickeln
Die EU empfiehlt zur Erreichung der europäischen Energieeinsparziele die
Einführung nationaler Energieeffizienz-Verpflichtungssysteme. Eine neue
Studie der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) in Zusammenarbeit
mit demWirtschaftsberatungsunternehmen frontier economics zeigt, dass
der bisherige marktorientierte Ansatz für Deutschland effizienter ist als ein
neues Verpflichtungssystem. Größere Anstrengungen müssten allerdings
unternommen werden, wenn Deutschland seinen Endenergieverbrauch pro
Jahr um 1,5% bis 2020 senken will, wie es die neue EU-Energieeffizienz-
richtlinie vorgibt. Dafür sollten insbesondere bestehende Informations-,
Motivations- und Beratungsprogramme gebündelt, vereinfacht, verstetigt
und aufgestockt werden, Markthemmnisse im Bereich Energiedienstleis-
tungen beseitigt werden, wie zum Beispiel mangelndes Marktvertrauen und
mietrechtliche Hemmnisse, Förderprogramme und Steuererleichterungen
verstetigt und finanziell aufgestockt werden. Die Studie kommt zu dem
Schluss, dass noch erhebliche wirtschaftliche Energieeffizienzpotenziale in
Deutschland vorhanden sind. Bis 2020 könnten gegenüber 2008 15% End-
energie eingespart werden. Das größte Sparpotenzial existiert im Bereich
Wärme und Brennstoffe, gefolgt vom Bereich Kraftstoffe sowie Strom.
Weitere Informationen:
Wohnensemble „Weitblick“
Neubau mit Windkraftanlage
und Car-Sharing-Konzept
Auf einem ehemaligen Flugfeld in Böblingen, in der Nähe
von Stuttgart, soll bis Sommer 2014 ein siebengeschossiges
Mehrfamilienhaus mit 45 Wohnungen auf einer Wohnfläche von
ca. 4.400 m
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entstehen. Bestandteil des Neubauprojekts ist ein
innovatives Energiekonzept: So investiert der Bauträger Nord-
Süd Hausbau GmbH in eine Windkraftanlage, die Energie für die
Stromversorgung der Wohnanlage produziert. Die Anlage soll in
der Nähe der Wohnanlage errichtet werden, wofür noch nach ei-
nem geeigneten Standort gesucht wird. Zudem sollen Bewohner
nach dem Car-Sharing-Prinzip kostenlos E-Smarts und E-Bikes
nutzen können, die ebenfalls über Strom aus der Windkraftanla-
ge betrieben werden. Im Rahmen des Projekts sollen insgesamt
123 Wohneinheiten auf ca. 14.000 m
2
entstehen. Ca. 40 Mio. €
werden investiert. Das Erdgeschoss wird als Hochparterre aus-
gebildet, in den oberen Geschossen sind Penthouse-Wohnungen
mit Dachterasse vorgesehen.
Das Energiekonzept des Neubauprojekts beinhaltet eine Windkraftanla-
ge. Ebenso ist ein Car-Sharing-Modell geplant
Quelle: Nord-Süd Hausbau
Weitere Informationen:
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4|2013
ENERGIE UND TECHNIK