Seite 39 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_04

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Neue Wege der Immobilienwirtschaft
Wohnen in ehemaligen Nichtwohngebäuden
Angesichts der zunehmend steigenden Wohnungsnachfrage in regionalen Wachstumsregionen bildet
sich ein neuer Trend in der Immobilienwirtschaft ab: Immer häufiger werden Nichtwohngebäude
zu Wohnraum umgewandelt. Um diese Entwicklung systematisch zu analysieren, hat der Bund
das Forschungsinstitut Empirica mit dem im Januar 2013 angelaufenen Forschungsvorhaben
„Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnimmobilien“ beauftragt.
Auftraggeber des Forschungsvorhabens zum
Wohnen in Nichtwohngebäuden sind das Bun-
desministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung (BMVBS) und das Bundesinstitut für
Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Ziel ist,
Umwandlungsprojekte von Nichtwohngebäuden
in Wohnimmobilien bundesweit zu erfassen. Vor
demHintergrund zunehmend angespannter Woh-
nungsmärkte der Wachstumsregionen und einem
bei verschiedenen Nichtwohnimmobilien gleich-
zeitig erkennbaren struktureller Leerstand soll un-
tersucht werden, welche Faktoren Umwandlungen
begünstigen bzw. erschweren. Dazu werden im
ExWoSt-Vorhaben geplante, realisierte und nicht
realisierte Umwandlungsprojekte seit 2006 er-
fasst. Ziel ist es zudem, den Erfahrungsaustausch
zum Themenfeld zu fördern.
Umwandlungen werden rentabel
Entwicklungen der letzten Jahre begünstigen die
Rentabilität von Umwandlungen ehemals gewerb-
lich genutzter Gebäude: Aufgrund der wachsenden
Wohnungsknappheit in einzelnen Regionen bei
gleichzeitig steigenden Büroleerständen haben
sich die Preisunterschiede zwischen Büro- und
Wohnungsmieten in den letzten Jahren deutlich
reduziert bzw. umgekehrt. Bei Angebotsmieten
im Neubau von weit über 10 €/m
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in Städten wie
Stuttgart, Hamburg, München oder Düsseldorf
liegen die Wohnungspreise bereits höher als die
Mieten für Büroflächen jenseits der 1A-Bürolagen.
Laut einer Bestandsaufnahme von Savills Research
sind z. B. in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main,
Hamburg undMünchen seit 2008 ca. 2.800Wohn-
einheiten allein durch Umwandlungen entstanden.
Vielschichtige Bandbreite
Vor allem Büroobjekte und Areale des produzie-
renden Gewerbes wurden in den vergangenen
Jahren zu Wohnungen umgebaut. So entstanden
beispielsweise in Frankfurt-Niederrad in einem
ehemaligen Bürohochhaus 98 Wohnungen als
sog. „Sky Appartements“. Aber auch alte Kliniken,
Kirchen, Gerichtsgebäude, Bunker, Feuerwachen
oder Schwimmbäder werden zu Wohnungen um-
genutzt.
Nicht nur die Bandbreite von Umwandlungspro-
jekten ist vielschichtig, sondern auch die Nut-
zungen, die in den Gebäuden entstehen. Neben
Wohnungen für die allgemeine Nachfrage werden
auch Sonderwohnformen wie Studentenwohn-
heime und vereinzelt auch Seniorenzentren und
Wohnprojekte für behinderteMenschen realisiert.
Chance zur Entlastung des Wohnungsmarkts
Mit dem neuen Trend geht aber nicht nur die Im-
mobilienwirtschaft neueWege. Auch einige Städte
haben erkannt, welche Chance die Umwandlung
von Bestandsgebäuden für die Entlastung des re-
gionalen Wohnungsmarkts bieten kann. Denn in
vielen Städten ist das Flächenrecycling von gro-
ßen Arealenwie Bahnbrachen fast abgeschlossen.
Für den Wohnungsbau können häufig nicht mehr
ausreichend Flächen aktiviert werden, um der
steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
Umwandlungs- und Revitalisierungsprojekte rü-
cken daher verstärkt in den Fokus – z. B. im für den
knappen Wohnungsmarkt bekannten München:
„Neben der klassischenWohnbautätigkeit in Neu-
bauquartieren muss sich deshalb der Fokus auf
die Weiterqualifizierung der Bestandsstrukturen
richten”, schlussfolgert Prof. Dr. Elisabeth Merk,
Stadtbaurätin der Stadt München.
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Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung
und Bauordnung (Hrsg.) „Neues Wohnen in der Stadt
– Innovativer Wohnungsbau in München“, München,
Januar 2012, S. 6.
Variante der Umnutzung: Studentenwohnen
im ehemaligen Bürogebäude in Frankfurt/Main
Im Rahmen des ExWoSt-Vorhabens soll ein
bundesweiter Überblick über Umwandlun-
gen sowie begünstigende und hemmende
Faktoren gewonnen werden. Dazu werden
Umwandlungsprojekte seit 2006 erfasst.
Empirica bittet Sie daher, Informationen zu
Ihnen bekannten Umwandlungsprojekten
bereitzustellen bzw. zu übermitteln.
Weitere Informationen:
INFORMATIONEN ZU UMWAND-
LUNGSPROJEKTEN GESUCHT
Johanna Neuhoff
Empirica AG
Berlin
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4|2013