Seite 54 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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In den großen Städten und deren Umland steigen Mieten neu vermie-
teter Wohnungen und Preise von Eigentumswohnungen um bis zu 15%
in einem einzigen Jahr (F+B Wohnindex QII 2012). Im Durchschnitt der
Metropolen und größeren Städte sind es 5%. Bei einer kaum ansteigen-
den Preisentwicklung lässt das aufmerken. Die öffentliche Debatte wird
irritiert dabei durch Daten der Bundesbank. Sie stützt ihre Analysen
aber nur auf Daten der 300 größten Städte – ohne das deutlich zu sagen.
Die Bewertung der Trends der Immobilienmarktentwicklung erfolgt mit
einer der Kinderwelt entlehnten Bildersprache: Haben wir es, so wird
gefragt, mit einer Blasenbildung zu tun? Dabei stellt man sich einen mit
einer flüchtigen Substanz prall gefüllten Ballon vor. Irgendwann platzt
das Ding und die Luft ist raus. Soll heißen, die Preise sinken wieder. Be-
obachten konnte man das seit Mitte der 1990er Jahre z. B. in Spanien,
wo sich – begleitet von einem spekulationsgetriebenen Bauboom mit
hohen Leerständen – die Hauspreise zwischen 2000 und 2007 mehr als
verdoppelt hatten, seither aber um 20 % gesunken sind. Ein Ende der
negativen Preisrallye ist noch nicht abzusehen.
Aber ist die Situation dort mit der Entwicklung in Deutschland ver-
gleichbar? Die Diskussion über eine Blasenbildung auf Deutschlands Im-
mobilienmärkten ist kaum verständlich. Im Durchschnitt der Städte und
Gemeinden haben sich die Preise in den letzten 8 Jahren selbst nominal
kaum deutlich nach oben entwickelt. Die Preise von Eigenheimen waren
qualitätsbereinigt nominal sogar rückläufig.
Halten wir fest: Für Deutschland insgesamt lässt sich kaum eine reale
Preissteigerung oder gar eine Preisrallye beobachten. Das Bild eines
möglicherweis platzenden Ballons ist deshalb kaum schlüssig. Auch die
Preisentwicklung in innenstadtnahen Gebieten Berlins, Hamburgs und
Münchens, den Universitätsstädten und in vielen anderen Großstädten
lässt sich kaum als Blasenbildung interpretieren. Denn Preisanhebungen
sind auf drei stabile Trends der Wohnungsmarktentwicklung zurückzu-
führen:
Für die zumeist überdurchschnittlich großen gründerzeitlichen Woh-
nungen in den größeren Städten, um die es vor allem geht, besteht
eine hohe Nachfrage. Nachfrager sind einerseits doppelt verdienende
Paare bzw. Familiengründer in der Expansionsphase, aber auch ältere
Rückwanderer aus dem Umland.
Infolge steigender Energiepreise verändert sich die Standortstruktur.
PKW-Nutzung wird immer teurer, die Wohnkostennvorteile innenstadt-
nahen Wohnens werden deutlich.
Angesichts der Unsicherheiten der Vermögensanlage an den Börsen ge-
winnen Wohnimmobilien als Sachwerte und als vermeintlich langfristi-
ger Inflationsschutz an Bedeutung. Die Anlagekriterien vieler Immobi-
lienunternehmen oder institutioneller Kapitalanleger richten sich auf
größere Städte mit gemischter Wirtschaftsstruktur. Hier boomen die
Immobilienmärkte.
Also keine Blasenbildung auf den großstädtischen Immobilienmärkten –
jedenfalls nicht bis jetzt.
Haben wir es mit einer Blase zu tun?
KOLUMNE WOHNUNGSMARKT
Dr. Bernd Leutner
F+B Forschung und Beratung für
Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH
Hamburg
Weitere Informationen:
Jubiläum
90 Jahre SAGA GWG
Anfang Juni 2012 feierte Deutschlands größtes kommunales Wohnungs-
unternehmen, SAGA GWG, in Hamburg sein 90. Jubiläum. Begonnen
hat die Geschichte der beiden heutigen Gesellschaften SAGA Siedlungs-
Aktiengesellschaft Hamburg und GWG Gesellschaft für Wohnen und
Bauen GmbH in den 1920er Jahren. Die SAGA entstand 1922 aus einem
politischen Impuls heraus im damals noch von Hamburg unabhängi-
gen Altona, während die Vorgängergesellschaft der GWG 1926 als eine
Initiative der Gewerkschaften in Hamburg ins Leben gerufen und als Neue
Heimat Hamburg bekannt wurde. Während der Jahre der Inflation und der
Weltwirtschaftskrise erlebte der soziale Wohnungsbau in Hamburg einen
großen Aufschwung. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs sind jedoch 1.115
von insgesamt 6.670 SAGA-Wohnungen vollständig zerstört und weitere
259 derart beschädigt, dass sie nicht mehr genutzt werden können. Der
Wiederaufbau beginnt unter anderem mit dem Baubeginn der Hamburger
Grindelhochhäuser, im Auftrag der britischen Militärregierung.
Seit dem Jahr 1999 sind SAGA und GWG unter einem Konzerndach ver-
eint. 2007 wurde auch die kapitalseitige Integration vollzogen. Heute ist
die SAGA GWG mit über 130.000 Wohnungen und 1.500 Gewerbeobjekte
in beinahe allen Hamburger Stadtteilen vertreten.
Um der Wohnungsknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg entgegen zu wirken,
begann die SAGA GWG in Hamburg mit dem Bau der Grindelhochhäuser.
Quelle: SAGA GWG
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9|2012
MARKT UND MANAGEMENT