Seite 40 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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Herausgegeben vom VNW Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Betriebskosten
aktuell
Ausgabe 3 · September 2012
Unter der Lupe
Fernwärmepreise
Das Thüringer Wirtschaftsministerium hat die Fernwärmepreise im
Freistaat unter die Lupe genommen. Eine in den zurückliegenden
Monaten durchgeführte Abfrage unter 43 Thüringer Fernwärme-
versorgern hat Preisunterschiede von bis zu 50% zwischen dem teu-
ersten und dem günstigsten Anbieter ergeben. Neun Unternehmen
liegen mindestens um 10% über dem Durchschnitt aller Versorgungs-
unternehmen. Diese neun Unternehmen will Wirtschaftsminister
Matthias Machnig zu Gesprächen einladen. Er kündigte eine vertiefte
kartellrechtliche Prüfung der Fernwärmepreise in Thüringen an. Ge-
rade die Energiewende müsse faire und wettbewerbsfähige Energie-
preise sichern, um Akzeptanz zu finden. „Dafür ist Preistransparenz
entscheidend“, so Machnig. „Dafür wollen wir sorgen.“
Insgesamt hatte das Wirtschaftsministerium vier typische Abnahmefälle
untersucht: zwei im Bereich größerer Industrieunternehmen sowie jeweils
einen in mehrgeschossigen Plattenbauten und Einfamilienhäusern. Die
konkrete Überprüfung soll sich jetzt auf den für die Praxis relevantesten
Abnahmefall des Plattenbaus konzentrieren (160 kW Leistung, 288 MWh,
Quelle: E.ON Hanse Wärme GmbH
1.800 h/Jahr). Der Durchschnittsnettopreis beträgt hier 85,53 € je Mega-
wattstunde – der günstigste Thüringer Anbieter berechnet allerdings nur
55,46 €, während der teuerste 99,98 € verlangt. Im Fokus stehen deshalb
diejenigen neun Versorgungsunternehmen, deren Preis über einer Grenze
von 94,08 € liegt.
Im Markt für Fernwärme gebe es nach wie vor keinen funktionierenden
Wettbewerb, begründete Minister Machnig das Vorgehen: „Ein Wechsel
des Versorgers ist hier nicht möglich, sodass von einer Monopolstellung
dieser Unternehmen auszugehen ist.“ Es bestehe grundsätzlich der
Verdacht, dass sich diese Monopolstellung auf die Preisbildung auswirke.
Machnig: „Wir wollen deshalb wissen, wie die höheren Preise begründet
werden und wie der enorme Abstand zu den preisgünstigsten Anbietern
zustande kommt.“
Nicht für den betrachteten Abnahmefall „Plattenbau“, aber zumindest
für den Unternehmensbereich liegen
bundesweite Vergleichswerte
des Bundesverbands der Energieabnehmer (VEA) vor. Dabei zeigt sich:
Mit einem durchschnittlichen Fernwärmepreis von 84,50 € liegt Thü-
ringen hier leicht unter dem Vergleichswert der neuen (85,38 €), aber
deutlich über dem Niveau der alten Bundesländer (70,39 €). „Das relativ
große Energiepreisgefälle zwischen alten und neuen Ländern lässt sich
also auch im Fernwärmesektor beobachten“, sagte Wirtschaftsminister
Machnig. Bei der Umsetzung der Energiewende werde deshalb darauf
zu achten sein, die anfallenden Kosten für den notwendigen Ausbau
von Kraftwerken und Netzen gerechter als bisher auf alle Schultern zu
verteilen.
Fernwärmepreise im Fokus
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ENERGIE UND TECHNIK