Seite 38 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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Rebound – das Paradox
Energieeffizienz hat unerwünschte Folgen – und ein englisches Wort
dafür. Rebound heißt wörtlich übersetzt: der Rückschlag, die Rückfe-
derung, der Wiederaufschwung. Rebound-Effekt heißt das Phänomen,
dass steigende Effizienz offenbar den Verbrauch an Rohstoffen erhöht.
Eines der frühen Beispiele ist die Erfindung der Wolframfaden-Glühlam-
pen als Nachfolger der Kohlefaden-Glühlampen Anfang des 20. Jahr-
hunderts. Die Wolfram-Glühlampe ermöglichte durch die höhere
Temperatur eine höhere Lichtausbeute pro Watt, war also effizienter. In
der Folge stieg der Stromverbrauch wegen des massenhaften Einsatzes
der effizienteren Lampen an (nicht nur, aber auch deswegen). Neuere
Beispiele: Effizienzsteigerungen bei Motoren werden im Allgemeinen
nicht für verbrauchsärmere, sondern für leistungsstärkere, schnellere,
schwerere Autos verwendet. Und beim Wohnen wird der zurückgehen-
de spezifische Energieverbrauch durch eine Zunahme der Wohnfläche
relativiert.
Eine Studie des Wuppertal-Instituts vom März dieses Jahres benennt als
Ursache für Mehrverbrauch nach Effizienzsteigerungen auch mögliche
Zeiteinsparungen oder die Verbesserung der gesellschaftlichen Akzep-
tanz ökologisch relevanter Handlungen. Und sie schätzt, dass langfristig
und im Mittel mit Rebound-Effekten von 50% gerechnet werden darf.
Für die energetische Gebäudemodernisierung wird in einer Reihe von
Studien gezeigt, dass der Verbrauch vor der energiesparenden Maßnah-
me ca. 20% unter dem berechneten Bedarf liegt und danach ca. 30%
darüber. Die tatsächliche Energieeinsparung fällt also geringer aus als
erwartet. Nun sind die Probleme mit der Energiebedarfsberechnung
allgemein bekannt. Aber daneben schlägt nach der Modernisierung auch
der Rebound-Effekt zu. Und vorher? Eine Veröffentlichung der Universi-
tät Cambridge nennt einen Verbrauch, der geringer ist als erwartet, den
„Prebound-Effekt“ – eine Wortneuschöpfung, kennzeichnend für eine
Behaglichkeitseinschränkung in energetisch unmodernisierten Wohnge-
bäuden, man kann auch sagen: räumliche und zeitliche Teilbeheizung.
Für die Planung und Kommunikation energetischer Modernisierungen
bieten diese Erkenntnisse wichtige zu berücksichtigende Punkte, damit
keine enttäuschten Mieter zurückbleiben.
KOLUMNE TECHNIK
Ingrid Vogler
Referentin Energie, Technik, Normung
GdW, Berlin
Weitere Informationen:
Weitere Informationen:
Energetische Sanierung
Neuste Technik für
Mehrfamilienhaus
In Attendorn hat die Wohnungs-
genossenschaft im Kreis Olpe
Südsauerland eG ein zweige-
schossiges 12-Parteienhaus
energetisch saniert. Neben einem
Wärmedämmverbundsystem und
dem Einsatz von Photovoltaikan-
lagen wurde auch ein Mikro-
KWK-Gerät eingebaut, das das
Gebäude mit Strom und Wärme
versorgt. Vor der Sanierung war jede Wohnung mit einer Gastherme für
die Beheizung und Warmwasserbereitstellung in Bad oder Küche verse-
hen, mittlerweile wurden zentrale Heizungen und elektronische Durch-
lauferhitzer installiert. Durch kurze Wege in den Wohnungen und fehlende
Stagnationsbereiche entfallen Anforderungen bezüglich der Trinkwasser-
verordnung. Der Einsatz des Mikro-KWK-Geräts EcoGen WGS der Firma
Brötje stellte ein Pilotprojekt dar, da üblicherweise die Verwendung in
Ein- oder Zweifamilienhäusern angedacht ist. Die bisherigen Auswertun-
gen und Verbrauchswerte bestätigen den Erfolg des Modernisierungskon-
zepts. „Von September 2011 bis April 2012 wurden rund 2.900 m
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Gas
verbraucht“, erklärt Fachplaner Hubert Greiten. „Das ist ein Wert, der
einem Einfamilienhaus im Bestand entspricht.“
Quelle: Wohnungsgenossenschaft im Kreis Olpe Südsauerland eG
Das Gebäude nach der Sanierung.
Haustechnik
Wohnanlage mit
Wärmepumpenkonzept
Im Kölner Stadtteil Lindenthal ist die Wohnanlage „An der Lindenburg“
mit einem Wärmepumpenkonzept fertig gestellt worden. Das Wärme-
system besteht aus einer Grundwasser-Wärmepumpe, die von einer
thermischen Solaranlage auf dem Dach unterstützt wird. Hinzu kommen
Frischwasserstationen in den einzelnen Wohneinheiten, die das Trinkwas-
ser erwärmen. Elf Wohneinheiten werden so mit Wärme und Warmwasser
versorgt. Aufgrund der durchschnittlich niedrigen Systemtemperatur er-
gibt sich ein energetischer Vorteil. Die Solaranlage ergänzt die Trinkwas-
sererwärmung optimal und stellt eine Möglichkeit dar, die Anforderungen
für KfW-Förderprogramme zu erreichen.
Die Pufferspeicher werden von der Wärmepumpe und der Solaranlage beladen und
liefern die Energie zur Trinkwassererwärmung für die Wohnungsstationen.
Quelle: Junkers
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9|2012
ENERGIE UND TECHNIK