WEG §§ 27; 43 Nr. 4; 46
WEG-Verwalter hat kein altruis-
tisches Beschlussanfechtungsrecht
Dem Wohnungseigentumsverwalter steht kein allgemeines Recht zu,
jegliche Art von Beschluss auf seine Ordnungsgemäßheit zu über-
prüfen. Die Aufgabe des Verwalters ist vielmehr darauf beschränkt,
die Willensbildung der Gemeinschaft umzusetzen und sie dement-
sprechend zu verwalten (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG); dazu gehört auch
die Umsetzung von fehlerhaften Beschlüssen. Ein unbeschränktes
Anfechtungsrecht würde dieser Rolle widersprechen (im Anschluss
an LG Nürnberg-Fürth, ZMR 2009, 483).
LG Itzehoe, Urteil vom 12. April 2012, 11 S 50/10
Bedeutung für die Praxis
Der WEG-Verwalter ist nicht Kontrolleur der Eigentümer, sondern eher
deren „Vollzugsorgan”. Er muss auch ihm bedenklich erscheinende – sogar
bereits angefochtene – Beschlüsse umsetzen. Die o. g. Rechtsprechung
befreit den Verwalter von der jobgefährdenden Anfechtung gegen den
Mehrheitswillen. Das Beschlussanfechtungsrecht bei ordnungswidrigen
Beschlüssen muss hier ein Wohnungseigentümer ausüben. Wenn sich
keiner zur gerichtlichen Anfechtung binnen eines Monats bereitfindet, er-
wächst der Beschluss in Bestandskraft. Anfechten darf der WEG-Verwalter
weiterhin alle Beschlüsse, die ihn in seinen eigenen Rechten betreffen,
insbesondere seine Abwahl.
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt und Management
Stadtbau und Stadtentwicklung
DW Grün
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 4; EStG §§ 5, 6
Beteiligung eines Wohnungs
eigentümers an Instandhaltungs-
rückstellung
Ein bilanzierender Gewerbetreibender, dem eine Eigentumswohnung
gehört und der Zahlungen in eine von der Wohnungseigentümer-
gemeinschaft gebildete Instandhaltungsrückstellung geleistet hat,
muss seine Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung mit dem
Betrag der geleisteten und noch nicht verbrauchten Einzahlungen
aktivieren.
BFH, Urteil vom 5. Oktober 2011, I R 94/10
Bedeutung für die Praxis
Nach der BFH-Rechtsprechung sind Beiträge zur Instandhaltungsrücklage
mit ihrer Zahlung aufgrund der Bindung im Verwaltungsvermögen zwar
aus dem frei verfügbaren Vermögen des einzelnen Wohnungseigentümers
abgeflossen. Dennoch gilt: Die vom Sondereigentümer in eine Instand-
haltungsrückstellung eingezahlten Beträge sind erst mit deren Verbrauch
durch die Eigentümergemeinschaft als Werbungskosten abziehbar (BFH-
Beschluss vom 21. Oktober 2005, IX B 144/05; BFH ZMR 2009, 380).
Diese Überlegungen gelten genauso für den bilanzierenden Gewerbetrei-
benden , der ein Wirtschaftsgut „Wohnungs-oder Teileigentum” hält.
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WEG §§ 20, 21 Abs. 4, Abs. 8; BGB §§ 195, 199
Anspruch auf Bestellung
eines WEG-Verwalters
Der Anspruch auf Bestellung eines WEG-Verwalters unterliegt nicht
der regelmäßigen Verjährung nach Maßgabe der §§ 195, 199 BGB.
Da die Bestellung einer Verwaltung nicht ausgeschlossen werden
kann (§ 20 Abs. 2 WEG) scheidet eine Verwirkung des Bestellungs-
anspruchs aus. Jeder Eigentümer kann für den Fall, dass in einer
Wohnungseigentümergemeinschaft ein Verwalter nicht bestellt
ist, ohne weitere Darlegung von Tatsachen nach § 43 Nr. 1 WEG die
gerichtliche Bestellung eines Verwalters verlangen.
LG Hamburg, Urteil vom 23. Mai 2012, 318 S 198/11
(Revision zugelassen)
Bedeutung für die Praxis
Wenn auch nur ein Wohnungseigentümer die Bestellung eines WEG-
Verwalters beansprucht und die Eigentümerversammlung insoweit nicht
positiv beschließt, kommt immer noch eine Verwalterbestellung über § 21
Abs. 8 WEG durch das Gericht in Betracht. Selbst wenn die Mehrhausan-
lage über Jahrzehnte ohne Verwalter ausgekommen ist, tritt in der Regel
weder Verwirkung noch Verjährung ein. Da trotzdem die Befugnis der Ei-
gentümer besteht, diesen gerichtlich oktroyierten WEG-Verwalter wieder
abzuberufen und eine neue Verwaltung zu bestellen, sollte im Urteil zur
Vermeidung eines erneuten verwalterlosen Zustands eine Verknüpfung
von Ab- und Neuwahl erfolgen.
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WEG §§ 23 Abs. 4, 24 Abs. 6, 25
erforderliche Unterschriften unter
Versammlungsprotokoll
1. Ein Wohnungserbbauberechtigter (Wohnungseigentümer) kann
sich bei der Ausübung seines Stimmrechts auch durch mehrere Be-
vollmächtigte vertreten lassen. Diese können nur einheitlich abstim-
men, wenn sie gleichzeitig in der Versammlung anwesend sind.
2. Macht die Teilungserklärung die Gültigkeit der Beschlüsse der
Gemeinschaft von der Protokollierung und der Unterzeichnung des
Protokolls von zwei Wohnungserbbauberechtigten (Wohnungsei-
gentümern) abhängig, muss das Protokoll von zwei verschiedenen
natürlichen Personen unterzeichnet werden, die entweder selbst
Wohnungserbbauberechtigte (Wohnungseigentümer) sind oder für
sich oder andere Wohnungserbbauberechtigte (Wohnungseigentü-
mer) handeln.
BGH, Urteil vom 30. März 2012, V ZR 178/11
Bedeutung für die Praxis
Wer nicht den sichersten Weg (sollte nicht nur für Anwälte das oberste
Handlungsprinzip sein) wählt und bei dem in der Gemeinschaftsordnung
festgeschriebenen „Vier-Augen-Prinzip” die notwendigen 2 Unterschrif-
ten unter das Versammlungsprotokoll setzen lässt – was sogar nachholbar
ist! –, sondern sich darauf beruft, dass ein Eigentümer für zwei Personen
aufgrund erteilter Vollmacht unterschreiben durfte, hat die Rechnung
ohne den BGH gemacht.
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8|2012