Seite 38 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_08

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Fünfzehn Jahre ist es jetzt her, dass mit dem Verkauf von Deutschbau
und Eisenbahnerwohnungen eine neue Epoche der deutschen Woh-
nungswirtschaft begann. Damals setzte eine beispiellose Welle von
Transaktionen von Wohnungsverkäufen ein. Von den rund 10 Mio.
Wohnungen der unternehmerischen Wohnungswirtschaft wurden mehr
als 10% an neue Eigentümer veräußert, viele davon sogar mehrfach.
Industrieunternehmen, Bund und Länder trennten sich von großen
Teilen ihrer Wohnungen. Auch viele Kommunen entschieden sich zu
einem Verkauf. Käufer waren zumeist Finanzinvestoren, Leasinggesell-
schaften oder Banken. Insgesamt wurden seit 1997 mindestens 1,8 Mio.
Wohnungen verkauft, das Transaktionsvolumen summiert sich auf
mittlerweile über 100 Mrd. €.
Was waren die Gründe für diesen Transaktionsboom? In den meisten
Ländern waren die Immobilienpreise und Mieten mit zum Teil zweistelli-
gen Jahresraten angestiegen. In Deutschland sah man einen Nachholbe-
darf. Eine Rolle spielte auch, dass die Investoren und ihre Berater in den
Unternehmen ungenutzte Werttreiber vermuteten. Die Rede war von
einer nicht optimal „gemanagten“ Branche.
Die Geschäftsmodelle der Käufer der ersten Generation waren meist
kurz- und mittelfristig ausgerichtet. Die Ankäufe wurden mit hohen
Fremdkapitalanteilen und neuen Finanzierungsinstrumenten getätigt,
Erträge durch Einsparungen bei den laufenden Kosten, verringerte In-
vestitionen und forcierte Mieterprivatisierung ausgeweitet. In mittlerer
Sicht sollten hohe Wertsteigerungsgewinne erzielt werden.
Allerdings entsprach die Ertragsentwicklung nicht den Erwartungen.
Die hohen Einstandspreise führten zu massiven Kosteneinsparungen
bei den Unternehmen, zu Personalabbau und insbesondere zu massi-
ver Einschränkung bei der Instandhaltung. Die Investorenperspektive
rückte in den Mittelpunkt. Teile der Kaufpreise waren aus der Substanz
der Unternehmen zu finanzieren. Die Wertsteigerungserwartungen der
Investoren traten aber nicht ein. Bei den börsennotierten Unternehmen
ist die Marktkapitalisierung geringer als der Ertragswert der Wohnungs-
portfolios. Auch das Potenzial an Privatisierungen war deutlich geringer
als erwartet. Zudem gab es Proteste in der Öffentlichkeit und unter
den Mietern verbreitete sich Unmut wegen teilweise vernachlässigter
Häuser und reduziertem Service. Die Handlungsspielräume der neuen
Eigentümer sind eng begrenzt.
In der Folge veränderte sich der Markt. Finanzinvestoren mit kurzfris-
tigen opportunistischen Anlageperspektiven trennten sich von ihren
Beständen oder änderten ihre Geschäftsmodelle. „Optimierung statt
forciertem Wachstum” war jetzt angesagt. Die Renditeerwartungen
wurden reduziert, das Ziel einer mittel- und langfristig orientierten
Bestandsbewirtschaftung gewann an Bedeutung.
Die neue Wohnungswirtschaft hat auch die traditionelle direkt und
indirekt beeinflusst. Die Anteilseigner setzen höhere Ertragsziele. Im
Zentrum der Unternehmensentwicklung stehen deshalb auch dort
Prozessoptimierung und Kostensenkung. Wenn möglich, werden die
Erträge marktgerecht angepasst, die Portfolios in Bezug auf ihre
Entwicklungsaussichten überprüft und insbesondere bei Instandhaltung
und Modernisierung, aber auch bei der Finanzierungsstruktur Optimie-
rungen erreicht. Zusätzlicher Druck entsteht in vielen Städten durch
Beschränkungen bei der marktgerechten Mietenpolitik.
Mit dem Einsetzen der Finanzkrise und wegen veränderter Marktbe-
wertung hatten die Verkäufe bereits 2008 an Bedeutung verloren. In
der Folge trocknete der Markt für Transaktionen fast völlig aus. Erst in
den letzten Monaten ist mit den Verkäufen von Bund und Landesban-
ken und durch Portfolioumschichtungen der Investoren wieder eine
Marktbelebung zu beobachten. Dabei spielt auch das historisch niedrige
Zinsniveau eine Rolle. Neue Investoren sind nun vielfach Pensionsfonds
und Versicherungsgesellschaften. Ihre Preisgebote sind höher als die
Angebote aus der traditionellen Wohnungswirtschaft. Die Anlagepers-
pektive ist aber anders als in der Vergangenheit mittel- bis langfristig
ebenfalls auf eine Steigerung der Erträge ausgerichtet. Die Frage ist, ob
diese Ziele realisiert werden.
Mit einer weiteren Welle von Verkäufen ist nicht zu rechnen. Die über-
wiegende Zahl der Kommunen plant nach vorliegenden Untersuchun-
gen, dauerhaft an ihren Wohnungsbeständen festzuhalten. Manch einer
mag sich darüber freuen.
15 Jahre neue Wohnungswirtschaft – keiner feiert
Kolumne Wohnungsmarkt
Dr. Bernd Leutner
F+B Forschung und Beratung für
Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH,
Hamburg
heit des Konzepts ist, dass Dienstleitungen nicht pauschal gewählt, sondern
bedarfsgerecht für jeden Einzelnen organisiert und vergütet werden“, erklärt
Volkswohnungs-Geschäftsführer Reiner Kuklinski. 60 % der ca. 2.000 Be-
wohner des Rintheimer Feldes sind über 60 Jahre alt, in den nächsten 10 bis
15 Jahren werden weitere 20% diese Altersstufe erreichen. Selbstbestimmt
Wohnen im Alter und die Stärkung der Eigenverantwortung sei das Ziel.
„Gut versorgt daheim“
Wohn-Café in Karlsruhe gestartet
In Kooperation mit der AWO Karlsruhe startete die Volkswohnung GmbH
am 1. Juli 2012 das Projekt Gut versorgt daheim. Im Rahmen der Moderni-
sierung und des barrierefreien Umbaus von vier Wohnungen und einer Gäs-
tewohnung in einem Hochhaus der Volkswohnung wurden im Erdgeschoss
Räume für den ambulanten Dienst sowie das Wohn-Café geschaffen. So
kann die AWO im Quartier Rintheimer Feld Hilfe und Pflege rund um die Uhr
anbieten – zuhause oder in den umgebauten Wohnungen. In der ganztägig
geöffneten Einrichtung, gibt sie Tipps für die Alltagsorganisation, informiert
über Pflegedienstleistungen, berät Menschen mit Behinderungen, hilft beim
Umgang mit Behörden und fördert die Gemeinwesensarbeit. „Die Besonder-
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt und Management
Stadtbau und Stadtentwicklung
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Markt und Management