Seite 60 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_11

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che Haushalte beraten lassen, sondern auch alle
anderen Gesobau-Mieter im modernisierten
Bestand im Märkischen Viertel. Geplant ist, bis
Ende nächsten Jahres 1.700 Haushalten – das
entspricht 13% aller Mieter imMärkischen Vier-
tel – mit Energiespartipps zu helfen.
Bremen: Resonanz geringer als erhofft
Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Bei einem vergleich-
baren Projekt, demvon der Gewoba in Bremen seit
Ende 2010 angebotenen Energiespar-Check, war
die Resonanz jedenfalls deutlich verhaltener als
erhofft: Während ursprünglich 600 Beratungen
pro Jahr angestrebt waren, fanden bisher in knapp
zwei Jahren insgesamt lediglich 500 Beratungen
statt. Alles in allemwurden bisher 15.000 Mieter
angeschrieben, von denen 600 zumindest darauf
reagierten. „Das ist sehr wenig“, räumt Peter
Stubbe, Vorstandsvorsitzender der kommunalen
Gewoba, ein. „Den richtigen Weg, die Mieter zu
begeistern, habenwir noch nicht gefunden“, sagt
auch Stefan Fölsch, Leiter Technisches Bestands-
management bei der Gewoba.
Trotzdem lassen sich die Erfolge nach Überzeu-
gung Stubbes sehen: Jeder beratene Haushalt
sparte pro Jahr rechnerisch 197 kWh Strom,
9,1 m
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Wasser und 318 kWh Wärme zur Warm-
wasserbereitung ein. Dies entspricht einer jährli-
chen Kostenreduktion von 110,- € pro Haushalt.
Dazu bei trug der Einbau von durchschnittlich
neun umsonst zur Verfügung gestellten Energie-
sparhilfen (Energiesparlampen, Steckerleisten,
Wasserstrahlregler) pro Wohnung.
Das Bremer Projekt – es läuft inKooperationmit der
Klimaschutzagentur Energiekonsens und der BEKS
Energieeffizienz GmbH– ist bis 2014 angelegt. Das
Verfahren ist dabei ähnlich wie in Berlin: Jeweils
zwei Berater besuchen den Mieter und erfassen
die dort vorhandenen Geräte und den Energie-
verbrauch. Dann werten sie die Daten aus, um bei
einemzweitenBesuch konkrete Tipps zu geben, wie
der Mieter weniger Strom, Wasser und Heizwärme
verbrauchen kann. Ob diese Tipps umgesetzt wer-
den, überprüfen sie nicht. Allerdings wird laut Pe-
ter Stubbe von2013 an ein externes Unternehmen
über Telefoninterviews eine Evaluation vornehmen.
Bei den Beratern handelt es sich sowohl in Bremen
als auch in Berlin umehemalige Langzeitarbeitslo-
se. „Durch den Energiespar-Check haben sie eine
sinnvolle Qualifizierung und Beschäftigungsper-
spektive erhalten“, sagt Rolf Göpel, Regionallei-
ter Berlin des Caritasverbands. Der Hintergrund
der Energiespar-Scouts ermögliche zudem eine
„Energiesparberatung auf Augenhöhe mit dem
Mieter“ – eine wichtige Voraussetzung, um die
Zielgruppen zu erreichen.
RWE: Projekt läuft aus
Ein weiteres Energieberatungsprojekt wurde
vom Energiekonzern RWE initiiert, der zu diesem
Zweck den Verein Cleverer Kiez e. V. gründete.
Dieser startete 2010 seine Energieberatung in
Berlin-Marzahn, hat das Angebot mittlerweile
aber auf die ganze Stadt ausgeweitet. Dabei ko-
operiert der Verein mit mehreren Wohnungsbau-
genossenschaften; in Anspruch nehmen kann die
Beratung aber jeder Berliner Haushalt.
In der bisher gut zweieinhalbjährigen Laufzeit
des Projekts führten die acht Berater laut Mario
Leikop, Pressesprecher der RWE Vertrieb AG,
rund tausend Beratungen durch, wodurch etwa
55.000 € und 90 t CO
2
eingespart wurden. Auch
hier kann von einem Run keine Rede sein: Setzt
man die tausend Beratungen zu den gut 500 Ar-
beitstagen seit Projektbeginn in Beziehung, so
zeigt es sich, dass die Zweier-Beraterteams nur
etwa jeden zweiten Tag eine Erstberatung durch-
führten. Trotzdem: „Das Projekt ist erfolgreich,
und die Resonanz ist durchweg positiv“, versichert
Leikop. Dass das Projekt Ende dieses Jahres aus-
laufe, sei von Anfang an geplant gewesen.
Stromverträge dürfen die Berater übrigens nicht
abschließen. Warum also engagiert sich RWE als
Energielieferant für das Energiesparen? „Wir sind
nicht für Sozialtarife“, antwortet Pressesprecher
Leikop. „Es ist nachhaltiger, die Menschen zu be-
raten und ihnen zu helfen, die Kosten selber zu
senken. Etwas zu schenken, ist kein Anreiz zum
Energiesparen.“
Bei den Wohnungsunternehmen stehen andere
Motive im Vordergrund: „Der Energiespar-Check
bringt uns zufriedeneMieter“, sagt Gewoba-Chef
Peter Stubbe. Zudemwirke sich ein hoher Energie-
verbrauch der Mieter negativ auf den verbrauchs-
basierten Energieausweis aus. Für seinen Kollegen
Jörg Franzen von der Gesobau profitieren vom
Energiespar-Check alle Beteiligten: die Mieter,
„weil sie Geld sparen und etwas für den Umwelt-
schutz tun“, die Berater, weil sie eine berufliche
Perspektive erhalten, und das Wohnungsunter-
nehmen, „weil wir zufriedene Kunden haben und
eine nachhaltige Unternehmensstrategie umset-
zen“.
Energieberatung
im Märkischen
Viertel in Berlin
(v. l.): Energie-
spar-Scout Stefan
Becker; Michael
Geißler, Geschäfts-
führer Berliner
Energieagentur;
Gesobau-Vorstand
Jörg Franzen;
Stadtentwick-
lungssenator
Michael Müller;
Gesobau-Mieterin
Evelyn Schechner.
Energiesparhelfer Christoph Siemers erklärt Dr. Reinhard Loske (zum Zeitpunkt der Aufnahme Bremer Umwelt-
senator) und Gewoba-Mieterin Gisela Blasius den Einsatz von wassersparenden Duschköpfen.
Quelle: Gewoba
Quelle: Gesobau
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11|2012
ENERGIE UND TECHNIK