Seite 40 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_11

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Wie viel ist eigentlich
„wenig”?
„Niedrigstenergiegebäude” sollen die Wohngebäude ab 2021 sein, so
bestimmt es die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von
Gebäuden, im Original in Englisch: „nearly zero-energy buildings”.
Aber noch weiß niemand, wie diese Niedrigstenergiegebäude genau
definiert werden sollen, d. h. wie wenig sie eigentlich verbrauchen
dürfen. Was bauen Wohnungsunternehmen heute? Wohnungen im
Geschosswohnungsbau mit ca. 70 m
2
Wohnfläche und einem spezifi-
schen Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser von höchstens
100 kWh/(m
2
a), d. h. etwa 7.000 kWh pro Jahr. Dazu kommen etwa
3.000 kWh für Strom, das sind zusammen ca. 10.000 kWh pro Jahr
für einen Haushalt im Geschosswohnungsbau. Diesen Wert errei-
chen übrigens auch die energetisch modernisierten Wohnungen
der Wohnungsunternehmen. Warum habe ich den Haushaltsstrom
dazugerechnet, obwohl Vermieter darauf kaum Einfluss haben? Im
September fand in Madrid der „Solar Decathlon” statt. Ziel dieses
Wettbewerbs von Universitäten ist es, möglichst energieeffiziente
Häuser zu entwerfen, die solar versorgt werden und in der Summe
mehr Energie erzeugen, als sie für Heizung, ggf. Kühlung, Warmwas-
ser und Haushaltsstrom verbrauchen – Plusenergiehäuser also.
Die Häuser wurden für den Wettbewerb als Prototypen aufgebaut.
Außerdem wurden Kennwerte für den erwarteten Energieverbrauch
angegeben, und die Werte der 18 Projekte der teilnehmenden Univer-
sitätsteams sind spannend:
Das mittlere beheizte Volumen lag wie bei einer normalen Wohnung
bei 176 m
2
. Erwarteter mittlerer jährlicher Energieverbrauch für Hei-
zung, Warmwasser und Haushaltsstrom: knapp 6.000 kWh pro Jahr,
d. h. 40 % weniger, als eine heute übliche Wohnung im Geschosswoh-
nungsbau benötigt. Reine Baukosten der Piloten: rund 3,8 Mal so viel
wie für eine „normale” Wohnung. Optimistische Erwartung für die
Baukosten bei echter Massenfertigung: 1,6 Mal so viel.
Die Projekte des Solar Decathlon sind spannend und inspirierend, aber
„kosteneffiziente Einsparung von Energie” ist das noch nicht. Vor
allem aber zeigt es: Das technisch sinnvolle Minimum des Energie-
verbrauchs scheint bei etwa 6.000 kWh für Strom und Wärme eines
Haushalts zu liegen, das zukünftig wirtschaftlich Sinnvolle (für
Wärme und Haushaltsstrom) liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen
6.000 und 10.000 kWh/a.
Wäre es nicht interessant, für zukünftige Neubauten nach Verbrauch
pro Haushalt zu fragen statt nach Verbrauch pro Quadratmeter? Die
Ausrichtung auf den spezifischen Energieverbrauch begünstigt hö-
heren Wohnflächenverbrauch. Warum sollte der kompakte Geschoss-
wohnungsbau nicht seine energetischen Vorteile zeigen dürfen? Und
warum sollte in Zukunft das neu gebaute frei stehende Einfamili-
enhaus nicht deutlich mehr Anstrengungen zur Energieeinsparung
unternehmen müssen als ein Mehrfamilienhaus?
KOLUMNE TECHNIK
Ingrid Vogler
Referentin Energie, Technik, Normung
GdW, Berlin
Dämmstoff
Nach 12 Jahren noch sehr gut
Die Fassade des Drei-Liter-Hauses der Luwoge GmbH, das Wohnungs-
unternehmen der BASF, im Ludwigshafener Brunckviertel wurde vor
12 Jahren im Rahmen einer Sanierung mit einem Wärmedämmverbund-
system (WDVS) mit Neopor-Dämmplatten ausgestattet. Nun erklärte ein
Gutachter den Zustand der Dämmplatten für sehr gut. Sichtbares Altern
oder Algenbewuchs konnten an der Fassade des Mehrfamilienhauses
nicht festgestellt werden. Im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sind WDVS
generell mit einer Lebensdauer von rund 40 Jahren veranschlagt.
Weitere Informationen:
Hamburg
Fachmesse Elektro,
Sanitär, Heizung und Klima
Vom
22. bis 24. November 2012
findet in Hamburg die GET Nord, Fach-
messe Elektro, Sanitär, Heizung, Klima statt. Teil der Veranstaltung ist
das Internationale BDA Architekturforum. Unter dem Motto „Dense City –
Intense City – Architektur für eine neue urbane Lebensqualität“ berichten
während der drei Messetage prominente Referenten über die neuesten
Architekturtrends Europas und geben anhand ihrer aktuellen Projekte
Antworten und Anregungen auf die Zukunftsfragen der Stadt im Klima-
wandel. Außerdem sind eine Sonderschau zum Thema E-Mobilität sowie
ein Innovationsforum mit einer Vortragsreihe unter dem Motto „Energie
für die Zukunft“ geplant. Die Vorträge reichen von allgemeinen Themen
wie „Zukunftsmarkt Wärmepumpe – eine Markt- und Systembetrach-
tung“, „Solarthermie“ und „Photovoltaik“, bis zu konkreten Praxisbeispie-
len, wie „Beispiele realisierter Solarstromanlagen in Hamburg“ oder den
„Anforderungen an Systeme der Wohnraumlüftung nach DIN 1946T6“.
Ferner wird eine Sonderschau für den Bereich barrierefreies Bad und WC
angeboten.
Die Fassade des Bestandsobjekts im Brunckviertel im Ludwigshafener Stadtteil
Friesenheim wurde von einem Gutachter überprüft.
Quelle: BASF/Luwoge 2012
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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11|2012
ENERGIE UND TECHNIK