Seite 33 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_11

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Das Wohngemeinschaftenhaus befindet sich in der
Leopoldstadt, nicht weit vomZentrumWiens ent-
fernt. Es bietet 42Wohnungen für Dreier-, Vierer,
Fünfer- und Sechser-WGs. Die Zimmer sind zehn
bis 15 m
2
groß und kosten zwischen 328,- und
380,- € Miete pro Monat inklusive Betriebskos-
ten. Alle Räume sind einzeln abschließbar und
verfügen über eine Terrasse, einen Balkon oder
eine Loggia. Für gemeinsame Aktivitäten gibt es
eine teilmöblierte Wohnküche. Große Wohnge-
meinschaften sind mit mehreren kleinen Bade-
zimmern undWCs ausgestattet. Zusätzlich sorgen
Gemeinschaftsräume wie Dachterrasse, Sauna,
Fahrradwerkstatt, Café oder Fitnessraum sowie
ein großer Gartenmit Kinderspielplatz und Liegen
für Freizeit- und Kommunikationsmöglichkeiten.
Hinzu kommen ein gemeinschaftlich nutzbarer
Waschsalon und ein Musikproberaum. Anders als
sonst üblich bekommt jeder WG-Bewohner einen
eigenen unbefristeten Mietvertrag. Zieht jemand
aus, hat die Wohngemeinschaft das Recht, einen
neuen Bewohner vorzuschlagen.
Kostengünstige Zimmer
für Junge und Junggebliebene
Mit Citycom2 will das Österreichische Siedlungs-
werk (ÖSW) eine neue Wohnform für junge und
junggebliebene Menschen fördern. „Eine Wohn-
form, die einerseits das Zusammenleben von
BewohnerInnen unterschiedlicher sozialer und
kultureller Herkunft begünstigt, andererseits eine
Zugangsmöglichkeit zum geförderten und letzt-
lich leistbaren Wohnen schafft“, so Michael Pech
vomVorstand der ÖSW. Citycom2 entstand inner-
halb des Stadtentwicklungsprojekts Nordbahnhof,
in dem ein 75 ha großes ehemaliges Bahnhofs-
gelände bis 2025 mit rund 10.000 Wohnungen
bebaut werden soll. Innerhalb dieses Vorhabens
ging Citycom2 als eines der Siegerprojekte aus
dem Bauträgerwettbewerb „Junges und kosten-
günstiges Wohnen“ hervor. Entworfen hat das
Projekt das Wiener Architekturbüro BEHF, wobei
zu Citycom2 nicht nur das Wohngemeinschaften-
haus, sondern auch zwei Apartmenthäuser mit 98
Wohnungen gehören. Die Stadt Wien förderte bei-
des mit insgesamt rund 7,4 Mio. €. Die Gesamt-
baukosten betrugen 21 Mio. €; davon entfielen
auf das Wohngemeinschaftenhaus 11 Mio. €. Das
Möbelhaus IKEA stattete – als Partner des Bauträ-
gers ÖSW – alle WG-Küchen aus. Nach anderthalb
Jahren Bauzeit zogen im Dezember 2011 die ers-
ten Mieter ein.
Und wie fanden Interessenten die für sie geeig-
nete Wohngemeinschaft? Sie besuchten Tref-
fen, so genannte Roomie Lounges, bei denen sie
Gleichgesinnte kennen lernen und sich zu einer
Wohngemeinschaft zusammenfinden konnten.
Diese Treffen fanden bereits während der Bauzeit
statt; bis Mitte 2012 gab es noch einenwöchentli-
chen Jour fixe. Moderiert wurden die Treffen von
Stadtsoziologen des Büros wohnbund:consult. Sie
sorgten auch dafür, dass sich dieWGs imAnschluss
daran selbst organisierten und ein Mieterbeirat
mit WG-Sprechern gebildet wurde.
Online kommunizieren und organisieren
Kommunikation spielt eine große Rolle imWohn-
projekt und sie orientiert sich an den Gepflogen-
heiten junger Menschen. Das ÖSW hat für City-
com2 nicht nur eine eigene Website geschaffen.
Damit sich die Bewohner der Apartments und der
Wohngemeinschaften austauschen können, ist
Citycom2 auch auf Facebook und Twitter vertre-
ten. Außerdem wurde auf der Citycom2-Website
ein Intranet eingerichtet, um Gemeinschaftsräu-
me reservieren und Aktivitäten planen zu können.
Das Intranet dient darüber hinaus zur Kommuni-
kation mit der Hausverwaltung, als Tauschbörse,
schwarzes Brett und als Möglichkeit, verschie-
denste Dienstleistungen anzubieten. Wer privat
nicht online ist, kann einen Intranet-Terminal im
Foyer nutzen.
Mittlerweile sind alle WG-Zimmer vermietet.
Rund die Hälfte der Wohnungen wurde an Inter-
essentengruppen vergeben, die sich schon vorher
kannten, der Rest an Einzelpersonen. Die jüngste
Bewohnerin ist 18 Jahre alt, der Älteste ist 47.
Die Bewohner sind Studenten, Auszubildende,
Angestellte und Selbstständige. Es überrascht
kaum, dass die Jungen unter ihnen die Mehrheit
bilden. Der Bauträger würde sich aber freuen,
wenn bald mehr „junge Ältere“ den Weg in das
Projekt finden.
Europa-Kolumne
Neue Wohnform für Junge und Junggebliebene in Wien
In der Nähe des Wiener Nordbahnhofs hat das Österreichische Siedlungswerk ein außergewöhnliches
Projekt aus der Taufe gehoben: Citycom2. Ein Wohngemeinschaftenhaus für alle – Künstler oder Sportler
genauso wie Rentner, Studenten oder Alleinerziehende.
Gabriele Kunz
freie Journalistin, Hamburg
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11|2012