malpflege: „Die Formensprache greift teil-
weise auf das Biedermeier zurück.“
Architekt Riemann entwarf für die Genos-
senschaft verschiedene Wohnungstypen,
allen gemein war, dass sie über ein eigenes
Badezimmer und eine von der Küche aus
zugängliche Loggia verfügten, damit war
der Standard deutlich höher als in vielen
anderen vor dem Ersten Weltkrieg entstan-
denen Mietshäusern.
Denkmalgerechte Sanierung
Sehr gern in der Renkwitzstraße lebt Renate
Tischer mit ihrem Mann. Die 65-Jährige zog
gleich nach der Sanierung im Jahre 2003
ein: „Es ist ruhig gelegen, und ich finde den
Trockenplatz gleich hinterm Haus nützlich.“
Außerdem schätzt die langjährige VLW-Mie-
terin die Nähe zur Straßenbahnhaltestelle
und dass es Einkaufsmöglichkeiten um die
Ecke gibt.
Die Renkwitzstraße 2 verfügt gemeinsam
mit der Coppistraße 30 über insgesamt 18
Drei- und Vierraumwohnungen. Die VLW
hat ihren alten Stammsitz und das gesamte
Ensemble vor acht Jahren saniert, unter
Einhaltung der Auflagen vom städtischen
Denkmalschutz. Im Treppenhaus gibt es
Sprossenfenster, das Holz im Treppenhaus
ist aufgearbeitet, nur die eher gedeckten
Farben aus den Zwanzigerjahren hat man
nicht wieder verwendet. Verwalterin Eva-
Maria Bergmann: „Dieses Düstere ist heute
nicht mehr zeitgemäß.“ In der Coppistraße
30 gibt es eine kleine Fläche, in diesem Fall
unter Glas, die die frühere Treppenhausge-
staltung zeigt, quasi ein Fenster in die Ver-
gangenheit.
Aus Sicht der Abteilung Denkmalpflege
der Stadt Leipzig ist man zufrieden mit
der Sanierung. Dazu Stadtbezirkskonser-
vator Stefan W. Krieg: „Das Besondere an
den Gebäuden Coppistraße 30 und Renk-
witzstraße 2 ist, wie es dem Architekten
Riemann gelang, vom hohen Maßstab der
Coppistraße mit ihren fünf Geschossen auf
die geringere Geschosszahl der Renkwitz-
straße herunter zu vermitteln, was teilweise
am Haus Coppistraße 30 und teilweise am
Gebäude Renkwitzstraße 2 passiert.“
Wohnkomfort gestern und heute
Die Wohnungen hier im schönen Leipzig-
Gohlis vermieten sich gut, wie Verwalterin
Bergmann sagt. Bei über fünf Euro pro Qua-
dratmeter liegt die Kaltmiete. Standard in
den Wohnungen ist Laminat und Balkon,
die Bäder sind innenliegend ohne Fenster,
mit Wanne, Vorwand-WC und Handtuch-
Heizkörper. Mietinteressenten für diese
Wohnlage legen generell Wert auf ein
ausreichend großes Wohnzimmer und dass
jedes Kind sein eigenes, nicht zu kleines
Zimmer hat. Früher wohnten die Leute oft
30 Jahre und länger hier, nicht selten auch
ihr Leben lang. Das hat sich heute geändert.
Viele ziehen der Arbeit hinterher und weg
aus Leipzig, Scheidungen sind häufiger als
früher. So wechseln auch in der Renkwitz-
straße 2/Coppistraße 30 die Mieter öfter.
Eva-Maria Bergmann: „Bei Trennungen ver-
suchen wir natürlich, eine Wohnung inner-
halb der Genossenschaft anzubieten.“
Der eingangs erwähnte Mieter Hans-Peter
Hube aus der dritten Etage hat übrigens
ein Problem. Weil seine Frau, die unterwegs
ist, seinen Wohnungsschlüssel hat, wartet
er vor dem Haus auf die Nachbarin. Die
besitzt nämlich einen Ersatzschlüssel. Gute
Nachbarschaft ist auch in der Coppistraße
30 wichtig. Doch selbstverständlich ist sie
nicht mehr überall. „Generell gibt es heute
mehr Zwistigkeiten unter Nachbarn“, hat
Verwalterin Eva-Maria Bergmann festge-
stellt. Hat man früher Probleme persönlich
geklärt, wählen heute die Mieter eher den
Weg über die Genossenschaft.
Auch Hauswart Wilfried Jähn ist Ansprech-
partner für die Mieter. Wenn die Toilette
defekt ist oder das Treppenhaus schmutzig,
wenden sich viele direkt an ihn. Der
60-Jährige schickt dann jemanden vom
Reparaturtrupp. Kleinere Dinge erledigt der
gelernte Schweißer oft selbst. Seit fast zehn
Jahren macht er den Job, 24 Kollegen hat
er bei der VLW Gebäudeservice GmbH, einer
Tochterfirma der Genossenschaft. Jähn ist
für die Pflege der Grünanlagen zuständig,
stellt die Mülltonnen raus und reinigt den
Hof. Im letzten strengen Winter musste
er teilweise um vier Uhr Schnee schieben,
auch Weihnachten. Dabei hat nicht jeder
Mieter Verständnis, dass sein Haus nicht als
Erstes dran ist. Neumodische Probleme –
trotz Denkmalschutz.
Heidrun Böger, Leipzig
Die Renkwitzstraße 2/Coppistraße 30 in
Leipzig ist ein prachtvolles Eckgebäude
mit verglasten Loggien, das unter Denk
malsschutz steht. Die Vereinigte Leipziger
Wohnungsgenossenschaft, in deren Besitz
sich das Haus befindet, hatte bis zum Jahre
1940 hier ihren Sitz.
Foto: Heidrun Böger
Die Wohnungswirtschaft
11/2011
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