Seite 50 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_11_2011

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Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. (VNW)
Wohnzukunft: Positionen, Visionen, Optionen
Mit welchen Entwicklungen müssen sich Wohnungsunternehmen befassen? Diese Frage stand über den Plenar- und Arbeits-
gruppen der VNW-Arbeitstagung. Rund 900 Teilnehmer diskutierten vom 19. bis 21. September 2011 in Lübeck über Entwick-
lungen der norddeutschen Wohnungsmärkte, klima-, stadtentwicklungs- und finanzpolitische Rahmenbedingungen, technische
Innovationen, Neuerungen aus Rechtsprechung, Bilanz- und Rechnungswesen, Fragen der Personalentwicklung, des Marketings
und der Öffentlichkeitsarbeit, über die Bedeutung der Quartiersentwicklung und die Ergebnisse der VNW-Agenda 2025.
Der Ärger der Wohnungswirtschaft über
die Kürzungen der Wohnungs- und Städte-
bauförderung bestimmte den Auftakt der
Arbeitstagung: „Die Bundesregierung spart
am falschen Ende“, sagte Verbandsdirektor
Dr. Joachim Wege mit Blick auf die volks-
wirtschaftliche Multiplikatorwirkung der För-
derung und die sozialen Herausforderungen
des demografischen Wandels. Ob beim
Programm „Soziale Stadt“, „Altersgerecht
umbauen“ oder den KfW-Mitteln für ener-
getische Sanierung – das bundespolitische
Handeln stehe im Widerspruch zu den pos-
tulierten Zielen und Notwendigkeiten. Axel
Gedaschko, Präsident des GdW Bundesver-
band deutscher Wohnungs- und Immobilien-
unternehmen e. V., erinnerte daran, dass die
Anpassung der Wohnungsbestände an den
demografischen Wandel ein zentraler Punkt
des Koalitionsvertrages sei.
Folgen der Förderpolitik
Die von der Bundesregierung beschlossenen
Regelungen zur energetischen Sanierung
griffen zu kurz, betonte er: Da der Staat
seine Aufgabe nicht erfülle, habe der GdW
den „Pakt für Klimaschutz“ mit ins Leben
gerufen, dem sich mittlerweile fast 80
Verbände angeschlossen hätten. Auch die
vom GdW beauftragte Studie „Die soziale
Dimension des Klimaschutzes und der
Energieeffizienz im Kontext von Bau- und
Wohnungswirtschaft“ mache den politi-
schen Handlungsbedarf deutlich (siehe DW
10/2011, S. 22/23).
„Wir drohen vom Volk der Dichter und
Denker, zu einem Volk der Dichter und
Dämmer zu werden“, merkte Dr. Wege an.
Was ironisch klingt, hat einen ernsten Hin-
tergrund. Am stark durch Backsteinbauten
geprägten Hamburger Stadtbild wird deut-
lich, welche Folgen eine einseitig auf Fassa-
dendämmung gerichtete Förderpolitik und
energetische Sanierungspraxis haben kann:
den Verlust eines stadtbildprägenden Bau-
stoffs beziehungsweise der Fassaden hinter
dicken Wärmedämmverbundsystemen und
immitierenden „Tapeten“. Das zwischen
VNW, Immobilienverbänden und Ham-
burger Senat geschlossene „Bündnis für das
Wohnen“ (siehe Kasten) zeigt jedoch eine
Lösung auf.
Brot-und-Butter-Themen
Im Mittelpunkt der Arbeitstagung standen
in zahlreiche Arbeitsgruppen die „Brot-und-
Butter-Themen“, wie Holger Kowalski, Vor-
sitzender des VNW-Verbandsausschusses, es
formulierte. So ging es beispielsweise um die
Zukunftressource Personal und um die Frage,
wie altersgemischte Teams funktionieren,
welche Rolle das Employer Branding und die
realen Arbeitsbedingungen für die Fachkräf-
terekrutierung haben. Welche Herausforde-
rungen auf die Branche noch zukommenen
und welche Fehler dabei gemacht werden
können, erklärte Prof Dr. Volker Eichner,
Rektor der EBZ Business School.
Carl-Mario Spitzmüller, ehemaliger Presse-
sprecher von SAGA GWG knüpfte an Prof.
Eichners Aussage an, die Kommuikation
des Unternehmens nach innen und außen
müsse transparent und ehrlich sein. Das A
und O guter Presse- und Öffentlichkeitsar-
beit sei eine strategische Planung der Kom-
munikation, eine klare Ansprache, sofortiges
Reagieren, proaktive Kommunikation und ein
gutes internes Fehlermanagement. Richard
Gaul, Vorsitzerder des Deutschen Rats für
Pubklic Relations, betonte die Bedeutung
von Bildern: sie würden immer zuerst wahr-
genommen. Die Aufgabe von PR sei, das
Unternehmen zu erklären. Dies gelinge
nur, stimmten innere und äußere Tonalität
überein, so der Kommunikationsberater. Auf-
grund ihrer Bedeutung sollte die PR ein inte-
grativer Teil der Unternehmensührung sein.
Die Welt retten…
Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher machte
die Verknüpftheit von Klima- und Armutspro-
blemen deutlich. Ihre Bekämpfung sei eine
Notwendigkeit und Energie dabei ein Schlüs-
selfaktor. Er plädierte für eine öko-soziale
Marktwirtschaft, eine Finanzmarkttransakti-
onssteuer zur Finanzmarktregulierung, und
zur Rettung des Klima für eine Doppelsstra-
tegie aus Weltaufforstungsprogramm und
gezielten technischen Innovationen. Dr. h. c.
Joachim Gauck, ehemaliger Leiter der Stasi-
Unterlagen-Behörde, setzte sich in einem
lehr- und bildreichen Vortrag zum Thema
„Wächst zusammen, was zusammengehört?“
mit den Befindlichkeiten zwischen West und
Ost seit der Wende auseinander.
Olaf Berger
Bündnis für das
Wohnen in Hamburg
Das am 20. September unterzeich-
nete Bündnis schreibt unter anderem
das gemeinsame Ziel von Senat,
Bezirken und Wohnungswirtschaft
fest, in den nächsten Jahren 6.000
Wohnungen jährlich neu zu bauen.
Auf kooperativem Wege soll attrak-
tives und bezahlbares Wohnen für alle
Hamburger Haushalte entstehen. Dazu
soll der soziale Wohnungsbau wieder
angeschoben werden. Der Senat sagt
zu, Fördermittel für 2.000 Mietwoh-
nungen mit Mietpreis- und Belegungs-
bindungen bereitzustellen und das
städtische Flächen- und Portfolioma-
nagement für die Bereitstellung bezahl-
barer Flächen für den Wohnungsbau.
Der Senat gewährleistet eine zuver-
lässige kontinuierliche Förderung
von energetischen und umfassenden
Modernisierungen von Bestandswoh-
nungen auf hohem Niveau. Der Erhalt
der charakteristischen Backsteinfas-
saden Hamburgs wird als gemeinsames
Ziel festgeschrieben. Zuschüsse für Voll-
klinker und gebrannte Klinkerriemchen
bei energetischer Modernisierung auf
hohem Niveau werden zugesagt.
Die Wohnungswirtschaft
11/2011
Unternehmen
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Arbeitstagung 2011